Beliebt wie nie

„Unsere Fans sind verrückt“: Bochum genießt die Bundesliga

Jeder, der vor knapp zehn Jahren an einem nasskalten Dienstagabend gegen den FSV Frankfurt zu den weniger als 10.000 Hartgesottenen im Bochumer Ruhrstadion gehörte und eine verdiente 1:3-Niederlage sah, musste sich bei dieser Auswärtsfahrt wohl selber kurz kneifen. Denn mindestens genauso viele VfL-Fans haben sich am Himmelsfahrts-Wochenende auf den Weg nach Berlin gemacht, um ihren Klub beim Kampf um den Klassenerhalt zu unterstützen. So viele Anhänger haben den VfL in 35 Bundesliga-Jahren noch nie zu einem Auswärtsspiel begleitet. Zahlreich und geschlossen stehen sie in hinter ihrem Verein, zelebrieren jede Partie. Fußball-Bochum genießt die Bundesliga.

Spieler sind beeindruckt

Das registrieren auch die Profis auf dem Rasen. „Unsere Fans sind verrückt geworden“, sagte Kapitän Anthony Losilla, als er aus der Kurve zurück in die Katakomben lief, und meinte das ausschließlich positiv. „Es ist nicht selbstverständlich, dass so viele Fans mit nach Berlin fahren“, bestätigte Last-Minute-Torschütze Keven Schlotterbeck. Auch wenn es nicht zum erhofften Sieg reichte: Gemeinsam mit den Teamkollegen feierte er den Moment und bedankte anschließend für die Unterstützung. Zahlreiche Fangruppen hatten keine Kosten und Mühen gescheut. Die Ultras organisierten Mottoschals, der ZuZ-Fanexpress einen Sonderzug, die Bochumer Botschaft eine Schifffahrt.

Fußmarsch am Samstag

Getrübt wurde die Partystimmung einzig von Problemen beim Einlass ins Olympiastadion. Zahlreiche Fans beklagten das Nadelöhr vor dem Gästeblock. Viele von ihnen mussten mehr als eine Stunde in der prallen Sonne auf den Zutritt zum Stadion warten; vereinzelt kollabierten sogar Menschen in der dicht gedrängten Menge. Doch spätestens im Stadion waren die Zustände davor (hoffentlich) wieder vergessen. Mannschaft und Spieler bejubelten gemeinsam den späten Ausgleichstreffer und stimmten sich auf das letzte Saisonspiel ein, das alles entscheidende Duell gegen Bayer Leverkusen. Auch darauf ist die Fanszene vorbereitet. Um 12 Uhr startet ein Fußmarsch vom Rathaus zum Stadion.

Tickets oft ausverkauft

Dass der Heimbereich längst ausverkauft ist, überrascht dabei kaum. Tickets fürs Ruhrstadion sind längst zur begehrten Ware geworden. Selbst im Winter und gegen vermeintlich unattraktive Gegner wie Hoffenheim blieb kein Platz im Heimbereich frei. Das war nicht immer so und ist ein guter Beleg für die erfreuliche Zuschauerentwicklung. Im Februar 2010, beim letzten Bundesliga-Sieg vor dem Abstieg, blieb gegen Hoffenheim mehr als ein Drittel des Stadions leer. Auswärts das gleiche Bild: Mehr als 3.500 Fans haben den VfL in dieser Saison durchschnittlich begleitet, immer wieder mussten reisefreudige Anhänger sogar daheim bleiben, weil es keine Karten mehr gab.

Sehnsucht der Bochumer

Elf Jahre in der zweiten Liga haben ihre Spuren hinterlassen, die Corona-Zeit mit leeren Stadien ebenso – die Sehnsucht nach großem Fußball und besonderen Momenten ist ungebrochen. Sollte der VfL erneut den Klassenerhalt schaffen, dann dürfte der Kampf um die Karten erst recht neue Dimensionen erreichen. Doch das Ruhrstadion hat seine Grenzen. Der Heimbereich umfasst etwas mehr als 23.000 Plätze, 18.000 davon sind an Dauerkarteninhaber vergeben. Weitere Saisontickets wird es dann sehr wahrscheinlich keine geben. Denn auch Mitglieder, Gelegenheitsbesucher und Neu-Bochumer sollen noch Chancen haben, in den Genuss von Bundesliga-Fußball zu kommen.


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(Foto: Fabian Budde)