Vorletzter Spieltag

Bochumer Fan-Rekord: Was den VfL in Berlin erwartet

Den Freitagabend vor dem Heimspiel gegen Augsburg verbrachte Thomas Letsch im Kino. Weil er eine Woche zuvor den späten Sieg von Schalke in Mainz verfolgt hatte und anschließend schlecht schlafen konnte, verzichtete der Trainer des VfL Bochum nun darauf, das Spiel des Tabellennachbarn und nächsten Gegners live vor dem Fernseher zu verfolgen. Stattdessen sah sich Letsch den Film „Air Jordan – Der große Wurf“ an.

Klassenerhalt ist schon möglich

Die Kurve zum anstehenden Auswärtsspiel bei der Berliner Hertha zu bekommen, ist in diesem Fall nicht schwer. Denn der Filmtitel gibt die sportliche Marschroute vor: Der VfL hofft am Samstag auf den großen Wurf im Kampf gegen den Abstieg. Die Ausgangslage ist bekannt: Die Bochumer stehen auf Platz 15, haben einen Punkt Vorsprung auf Schalke und den Relegationsplatz sowie zwei Zähler Abstand auf Stuttgart und den ersten direkten Abstiegsplatz. Sechs Punkte sind es bis sogar zur Hertha auf Rang 18, was bedeutet, dass die Berliner gegen Bochum gewinnen müssen, um weiter eine Chance auf den Ligaverbleib zu haben. Im Falle eines Unentschiedens oder einer Niederlage würde der Hauptstadtklub am Samstag definitiv absteigen.

Während auf der einen Seite also Tränen fließen könnten, möchte der VfL im Olympiastadion feiern. Im Idealfall könnte am Samstag sogar schon die ganz große Party steigen. Dafür müssten die Bochumer allerdings gewinnen, Schalke parallel gegen Frankfurt verlieren und Hoffenheim gegen Union Berlin höchstens einen Punkt holen. Sollten die ersten beiden Wunschergebnisse eintreten, Hoffenheim aber drei Punkte einfahren, dann wäre an diesem vorletzten Spieltag auch ein Klassenerhalt auf der Couch möglich – wenn Stuttgart am Sonntag gegen Mainz maximal ein Unentschieden schafft. Beide Varianten würden die Fans und Verantwortlichen des VfL sofort unterschreiben, eine Party am Samstagabend aber logischerweise vorziehen.

10.000 VfL-Fans reise nach Berlin

Denn gemessen an der Zahl der Gästefans steht dem VfL Bochum wohl das größte Auswärtsspiel seiner 35-jährigen Bundesliga-Geschichte bevor. Wahrscheinlich reisen mehr als 10.000 Bochumer am Wochenende nach Berlin. Der VfL hat in Bochum alle 7.000 Tickets für den Gästeblock verkauft. Zahlreiche Anhänger haben sich außerdem direkt über den Online-Shop von Hertha BSC mit Karten eingedeckt – freie Plätze gibt es aber immer noch. Nur: Etliche Hotels in der Hauptstadt sind bereits ausgebucht, ebenso zahlreiche Züge auf der Strecke von Bochum nach Berlin. Doch viele Fans sind kreativ geworden, bilden Fahrgemeinschaften, steigen aufs Flugzeug oder den Bus um oder wollen die Nacht durchmachen – unabhängig vom Spielausgang.

Dass der VfL im schlimmsten Fall aber auch wieder auf einen Abstiegsplatz rutschen könnte, daran möchte niemand denken. Und selbst wenn: Teile der Party steigen ja schon vor dem Spiel. Zahlreiche Fanclubs nutzen das verlängerte Wochenende für ihre obligatorische Saisonabschlussfahrt. Mehrere hundert Anhänger reisen am Samstagmorgen mit einem Sonderzug nach Berlin, der sogenannten Sambabahn. Noch kreativer sind die Mitglieder der Bochumer Botschaft, dem VfL-Fanclub aus der Hauptstadt, die mit knapp 250 Fans auf dem Schiff nach Charlottenburg fahren. Alle anderen treffen sich ab 12 Uhr am Coubertinplatz direkt am Olympiastadion. Dort wird die aktive Fanszene auch Mottoschals nur für dieses Spiel verkaufen.

Letsch will Stimmung genießen

Dass die Mannschaft von alledem nur wenig mitbekommen wird, bevor sie das Stadion betritt, bedauert selbst ihr Trainer. Dennoch: „Das ist sensationell, und natürlich nehmen wir die Vorbereitungen unter der Woche wahr. Die Euphorie ist spürbar“, betont Letsch und sagt: „Jetzt wollen wir etwas zurückgeben und die Atmosphäre genießen.“ Die großartige Unterstützung seiner Anhänger dürfte ihn wenigstens gut schlafen lassen.


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(Foto: Fabian Budde)