Stadt und Verein

Ruhrstadion: Eine Option fällt weg – Entscheidung wird dauern

Etwas mehr als 50 Jahre ist es her, dass der VfL Bochum den ersten Anlauf unternahm, sich in der Fußball-Bundesliga zu etablieren. 1971 stieg der Revierklub auf, damals noch im alten Stadion an der Castroper Straße. Doch Präsident Ottokar Wüst erkannte, dass der Verein mit den Nachbarn Schritt halten muss, damit der VfL konkurrenzfähig bleibt. „Bauen Sie mir ein Stadion, und ich baue Ihnen eine Mannschaft“, hatte Wüst seinerzeit zu Oberbürgermeister Heinz Eikelbeck gesagt, begleitet von dem längst legendären Satz: „Der VfL Bochum kommt von der Castroper Straße, und hier soll er auch bleiben.“ Dieser Wunsch ging in Erfüllung. Die Kommune fand eine Lösung, in mehreren Bauphasen entstand Mitte und Ende der 1970er-Jahre das heutige Ruhrstadion.

Stadt ist bereit zu investieren

Doch der Zahn der Zeit nagt mittlerweile auch am Bochumer Schmuckkästchen. An mehreren Stellen herrscht Renovierungsbedarf. Zudem ist das Stadion zu klein, die Kartennachfrage übersteigt das Angebot bei weitem. Der Klub und die Stadt, der das Stadion seit jeher gehört, sind sich deshalb einig: Damit sich der VfL entwickeln kann und keinen Fan-Nachwuchs verliert, muss in Steine investiert werden, ähnlich wie damals. Offiziell äußern sich beide Seiten zwar noch nicht zu möglichen Baukonzepten, doch laut WAZ soll die Kommune bereit sein, bis zu 90 Millionen Euro zur Verfügung zu stellen – entweder für einen Umbau an der Castroper Straße oder für einen Neubau an anderer Stelle, der allerdings teurer werden würde und den der VfL mitfinanzieren müsste.

Doch da beginnen die Probleme: Ein Neubau auf der grünen Wiese wäre für den Klub nach heutigem Stand wirtschaftlich nicht zu stemmen und den Fans ohnehin kaum zu vermitteln. Das Ruhrstadion ist bei den Anhängern überaus beliebt, identitätsstiftend mit seiner Architektur und der einzigartigen Lage mitten in der Stadt. Eine austauschbare Arena am Stadtrand will so gut wie keiner. Zudem steht die laut WAZ angeblich ins Auge gefasste Fläche an der Grenze zu Witten gar nicht zur Verfügung. Auf dieser Fläche, die bislang nur vom Tierheim genutzt wird, ist grundsätzlich keine weitere Bebauung vorgesehen. „Insofern ist eine Diskussion über die Fläche als denkbare Baufläche für ein etwaiges Stadion obsolet“, teilte die Stadt am Dienstag mit.

Wenig Platz an Ort und Stelle

Ein Ausbau des Ruhrstadions wiederum wäre womöglich nicht ausreichend, denn die Möglichkeiten an Ort und Stelle sind stark begrenzt. Schlimmstenfalls kann nur die Osttribüne erweitert werden, was unwirtschaftlich sein könnte. Die Nachfrage für Stehplätze geht zurück, die meisten Zuschauer wünschen sich Sitzplätze und der Verein wirtschaftlich lukrative VIP-Logen. Zudem müsste geklärt werden, wo der VfL während der Umbauphase seine Heimspiele austrägt. Fest steht einzig: Beim Status Quo wird es nicht bleiben. Das möchte weder die Vereins- noch die Stadtspitze. Noch in diesem Monat wollen kommunale Vertreter dem Klub ihre Überlegungen genauer vorstellen, denn der Verein kennt die Pläne auch noch nicht im Detail. Eine schnelle Entscheidung ist deshalb nicht zu erwarten.

Die politischen Parteien bringen sich aber schon in Stellung und sind von einem Neubau an unbekannter Stelle nicht überzeugt. Für die SPD, die immerhin den Oberbürgermeister stellt und mit den Grünen eine Mehrheit im Rathaus bildet, hat sich der Fraktionsvorsitzende Burkhart Jentsch bereits eindeutig positioniert: „Das Herz des VfL schlägt an der Castroper Straße. Ein Neubau an anderer Stelle kommt für mich nicht in Frage“, schreibt er auf der Website der SPD. Die Grünen als Koalitionspartner denken ähnlich, die FDP äußert ebenfalls Skepsis. Die CDU würde sich insbesondere über eine neue Mehrzweckhalle auf dem Kirmesplatz freuen, die bei einem möglichen Abriss der Rundsporthalle entstehen könnte, um mehr Raum auf dem Stadiongelände zu schaffen.

Kein Schnellschuss geplant

Die Positionen der Parteien sind am Ende entscheidend. Denn das letzte Wort wird der Rat der Stadt haben. Der VfL wird aber seine Empfehlung abgeben dürfen, womöglich unter Einbeziehung der Mitgliederversammlung – allerdings nicht schon in zwei Wochen. Die WAZ hatte berichtet, dass sich der VfL bereits bis zum diesjährigen Termin am 28. November für eine der Optionen entscheiden soll. Das aber wird in keinem Fall so passieren, zumal bis dahin noch gar nicht alle Fakten auf dem Tisch liegen werden. Denkbar ist schließlich auch, dass von den skizzierten Varianten am Ende des Planungsprozesses gar nicht mehr alle übrigbleiben – weil es bauliche, finanzielle oder rechtliche Hürden gibt, die nicht zu überwinden sind. Oder weil für einen Neubau schlicht die passende Fläche fehlt.


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(Foto: Imago / Nordphoto)