Mitgliederversammlung

Letzte Wahlkampfmanöver: Team Villis wohl im Vorteil

Der Wirtschaftsrat des VfL Bochum tritt öffentlich im Grunde nie in Erscheinung. Das achtköpfige Gremium mit Persönlichkeiten aus der regionalen und überregionalen Unternehmerschaft hat sich einen Tag vor der Präsidiumswahl aber klar positioniert – sie unterstützen die Kandidatur von Amtsinhaber Hans-Peter Villis und dessen Mitstreitern. Angesichts des Zeitpunkts, der sonst üblichen Zurückhaltung des Gremiums und der Kommunikation über die Vereinsmedien handelt es sich um einen durchaus bemerkenswerten und vielleicht wahlentscheidenden Vorgang. Denn viele Mitglieder wissen nun: Sollten sie am späten Dienstagabend mehrheitlich das Team Bauer unterstützen, wäre der erste klubinterne Konflikt vorprogrammiert.

Wirtschaftsrat und Fanclubs pro Villis

Dass die Wahlalternative um den bisherigen Vereinsarzt aber als Sieger aus der Versammlung hervorgehen wird, ist wohl eher unwahrscheinlich. Die Entwicklungen der zurückliegenden Tage sprechen für das Team Villis. Neben der Positionierung des Wirtschaftsrats haben sich am Wochenende auch neun einflussreiche Fanclubs zum bisherigen Vorsitzenden bekannt. Aus diesem Lager kommt auch Martin Volpers, der Fanvertreter im Präsidium. Zusätzlich dürften die jüngsten sportlichen Erfolge eher Villis in die Karten gespielt haben. Eine Art Trendumkehr ist auch hier bei Tief im Westen – Das VfL-Magazin zu erkennen. In der dritten und abschließenden Umfrage unter den veröffentlichen Artikeln liegt der Amtsinhaber vorne. Zuvor hatte das Team Bauer die meisten Stimmen erhalten – wobei sicher auch Nicht-Mitglieder abgestimmt haben, was die Aussagekraft der Abstimmung einschränkt.

Zahlreiche Zuschriften und Kommentare in den sozialen Netzwerken stützen aber die These, dass das Team Bauer selbst die Villis-Gegner nur teilweise überzeugen konnte. VfL-Fans und Leser dieser Seite kritisieren am häufigsten, dass Bauer und seine Mitstreiter ihre Kandidatur erst Ende Oktober bekannt gemacht haben und anschließend nicht klar genug kommuniziert hätten, wie sich ihre Herangehensweise konkret vom jetzigen Präsidium unterscheidet. Es gab beispielsweise keine einzige Informationsveranstaltung, erst vor wenigen Tagen ging eine Website der Gruppe online. Die Möglichkeit, die Vereinsmedien für ein Anschreiben in eigener Sache zu nutzen, hat das Team erst am Morgen vor der Wahl genutzt. Auch fehlen prominente Unterstützer; selbst die Ultras, die eine Wahlalternative gefordert haben, sind skeptisch und sprechen keine Wahlempfehlung aus.

Insgesamt war es ein kurzer und weitgehend fairer Wahlkampf, wobei es hier und da Ausnahmen gab. Schon kurz nach Bekanntwerden der Wahlalternative wurde von einer Person, die Zugriff auf Mitgliedsdaten hat, die Information lanciert, dass sämtliche Mitstreiter von Bauer erst kurz vor der Wahl in den Verein eingetreten sind – ein nicht unerheblicher Kritikpunkt, der allerdings auch auf Teile des jetzigen Präsidiums zutrifft. Seit Sonntag kursiert in den sozialen Netzwerken außerdem ein Foto von Marc Schaaf aus dem Team Bauer mit einem BVB-Logo. Dabei handelt es sich aber um ein sieben Jahre altes Profilbild seiner Frau, die offensichtlich dem Nachbarverein die Treue hält. Außerdem fällt auf, dass ein Villis-Anhänger auf Facebook über ein offensichtliches Fakeprofil ohne Klarnamen und einem Stockfoto aus dem Internet sensible Interna im Sinne des Amtsinhabers verbreitet.

Wahl erst am Ende der Versammlung

Accounts, bei denen der Absender nicht ganz klar ist, lassen sich in umgekehrter Richtung aber ebenfalls finden. Speziell Villis hat in den zurückliegenden Wochen über Facebook, Twitter oder Instagram unzählige Male sehr persönliche und unsachliche Kritik einstecken müssen. Welchen Einfluss all das auf die Wahl haben wird, erfahren die Mitglieder und alle Interessierten wohl erst am späten Abend oder in der Nacht. Bis 1 Uhr könnte die Versammlung gehen. Die (wahrscheinlich geheime) Wahl des Präsidiums findet erst nach den Berichten der aktuellen Vereinsführung, der Aussprache und der Kandidatenvorstellung statt. Beide Teams können also noch ein letztes Mal für sich werben. Unentschlossene Mitglieder soll es schließlich auch noch geben.

Für bis zu 3.700 Personen ist im RuhrCongress Platz, mehr dürfen es nicht werden. Ansonsten müsste die Versammlung aus Sicherheitsgründen abgesagt werden. Der Vereinsverantwortlichen gehen aber nicht davon aus, dass es dazu kommt. Im RuhrCongress wurden alle Räumlichkeiten angemietet.

(Foto: Firo Sportphoto)