Seit knapp zwei Wochen zeichnet sich ab, dass es in der Mitgliederversammlung des VfL Bochum am 15. November zu einer Kampfabstimmung bei der Wahl des neuen Präsidiums kommen wird. Nicht nur Amtsinhaber Hans-Peter Villis kandidiert erneut als Vorsitzender, auch Prof. Dr. Karl-Heinz Bauer. Tief im Westen – Das VfL-Magazin hat mit dem Ärztlichen Direktor des Klinikum Westfalens und Vereinsarzt des VfL Bochum über seine Ziele gesprochen.
Herr Bauer, dass beim VfL Bochum zwei Teams in eine Präsidiumswahl ziehen und gegeneinander antreten, hat es bislang noch nicht gegeben. Warum wollen Sie den Vorsitz übernehmen?
Ich habe in meinem Leben schon viele Entscheidungen getroffen, aber keine ist mir so schwergefallen wie diese. Ich kenne den Verein wie kaum ein anderer, vom Untergeschoss bis zur vierten Etage der Geschäftsstelle, und das seit 23 Jahren. Es gab Entwicklungen in den vergangenen Jahren, die zu dieser Kandidatur geführt haben.
Welche waren das?
Vorneweg: Ich möchte keine schmutzige Wäsche waschen, obwohl ich das könnte. Aber wir müssen etwas unternehmen und verändern. Es geht mir vor allem um zwei zentrale Punkte: Erstens um mehr Personalkonstanz als Folge einer wertschätzenden Führungskultur. Und zweitens um mehr Transparenz und Fannähe.
Über Wertschätzung wurde in diesem Jahr immer wieder gesprochen, etwa in Zusammenhang mit dem Abschied von Sebastian Schindzielorz. Was genau meinen Sie damit?
Das gilt nicht nur für einzelne Personen, die den VfL verlassen haben, sondern ganz generell. Es geht dabei auch nicht primär ums Geld, sondern um Zuständigkeiten, Prozesse und Strukturen. Die Aufgabe des Präsidiums ist es, bei dieser Entwicklung mitzuhelfen und Verlässlichkeit zu bieten. Das sind Grundlagen des Erfolgs. Wir wollen eine stabile, mit Herzblut geführte Vereinsspitze bilden – und da sein, wenn wir und unsere Netzwerke gebraucht werden.
Und das können Sie besser als das bisherige Gremium?
Ja, mit unserem gesamten Team. Wir sind breit aufgestellt, aus meiner Sicht breiter als das bisherige Präsidium. Jeder aus unserem Team hat seine Stärken, und die brauchen wir auch. Meine persönlichen Stärken sehe ich vor allem in der Personalführung und Weiterentwicklung.
Mit welchem inhaltlichen Konzept treten Sie denn an?
Kurzfristig geht es uns vor allem darum, alles dafür zu tun, dass wir in der Bundesliga bleiben. Mittelfristig müssen wir das Nachwuchsleistungszentrum und den Frauenfußball wieder stärken. Hier haben wir Entwicklungen verpasst. Auch die Wiedereinführung einer U23 muss diskutiert werden. Langfristig wollen wir auch die Stadioninfrastruktur verbessern. Darüber hinaus wollen wir die Fans wieder mehr miteinbeziehen und offen sein für ihre Ideen. Ich denke da zum Beispiel an die Mitgliederforen, die es vor knapp zehn Jahren gab.
Glauben Sie, das allein überzeugt die Mitglieder? Teile Ihres Teams sind bis jetzt ziemlich unbekannt, vor allem Marc Schaaf und Andreas Bobon.
Marc Schaaf ist Geschäftsführer der Arbeiterwohlfahrt und ist in der Lokalpolitik gut vernetzt. Gleiches gilt für seine Verbindungen in die Fangemeinde. Andreas Bobon kenne ich schon sehr lange, er ist ein sehr erfolgreicher Geschäftsmann und hat Erfahrungen unter anderem im Sportsponsoring. Es ist auch nicht ausgeschlossen, dass wir uns mit der Zeit noch verstärken, etwa im juristischen Bereich.
Generell bemängeln einige Mitglieder, dass sie nicht genau wissen, wofür Sie und Ihr Team überhaupt steht. Es gibt zum Beispiel keine Homepage, keine Informationsveranstaltung.
Wir versuchen alles, was möglich ist. Wir hatten gehofft, dass die Findungskommission ihre Entscheidung etwas früher bekanntgibt und auch der Verein verkündet, dass wir antreten. Darauf warten wir noch. Ansonsten beantworten wir alle Fragen, die gestellt werden, zum Beispiel in diesem Interview.
Warum sind vier von fünf Personen aus Ihrem Team erst kürzlich Vereinsmitglieder geworden? Nur Sie sind schon länger dabei.
Wir haben vor unserer Kandidatur die Voraussetzungen dafür geprüft, und wer noch nicht Vereinsmitglied war, ist dann Vereinsmitglied geworden. Das war beim jetzigen Vorsitzenden übrigens sehr ähnlich. Für uns gilt aber: Alle eint eine große Verbundenheit mit dem VfL, die man uns nicht absprechen kann. Marcel Maltritz und Ralf Zumdick haben jeweils mehrere hundert Pflichtspiele für den Verein absolviert.
Welche Rolle spielt Peter Neururer in Ihren Überlegungen?
Überhaupt keine. Er ist ein guter persönlicher Freund von mir, das ist bekannt. Aber es gibt nicht die Absicht, ihn beim VfL Bochum einzubinden. Ich wüsste auch nicht, was er machen sollte. Wir haben einen sehr guten Trainer, den wir voll und ganz unterstützen.
Gilt das auch für die Geschäftsführung?
Selbstverständlich. Wir werden mit Ilja Kaenzig und Patrick Fabian gleich gut zusammenarbeiten. Ich bin felsenfest davon überzeugt, dass Patrick Fabian der richtige Mann für den sportlichen Bereich ist. Ich kenne ihn schon sehr lange und er wird von uns jede Unterstützung bekommen, die er braucht. Das gilt für Ilja Kaenzig ganz genauso. Er führt den Verein hervorragend. Wir müssen aufpassen, ihn nicht zu verlieren und alles dafür tun, dass er noch länger bei uns bleibt.
Wie positionieren Sie sich eigentlich in der Investorenfrage?
Das ist eine hochsensible Angelegenheit, hier ist Vorsicht geboten. Auch wir wollen keinen Scheich, sondern nur jemanden, der zum VfL Bochum passt. Die Hürden sind hoch, es wird schwierig sein, jemanden zu finden. Unmöglich ist das aber nicht.
Die Mitgliedersammlung naht ja nun. Sollten sich die Mitglieder für eine Einzel- und gegen die Blockwahl entscheiden, wie verhalten Sie sich dann?
Wir treten nur als Team an – ansonsten gar nicht. Heißt also: Bei einer Einzelwahl ziehen wir uns zurück. Wir haben unser Team ja nicht ohne Grund so zusammengestellt.
Abschließend: Wie schätzen Sie Ihre Chancen ein, gewählt zu werden?
Uns ist bewusst, dass das ganze Thema aktuell für eine gewisse Unruhe sorgt. Aber langfristig wird es dem Verein helfen und es ist im Sinne der Sache, wenn die Mitglieder die Wahl haben. Ich bin zuversichtlich, dass es für mein Team und mich eine erfolgreiche Mitgliederversammlung wird. Wichtig ist mir, dass in Zukunft auch diejenigen, die mich nicht gewählt haben, sagen werden: Der macht das doch sehr vernünftig.
Tief im Westen – Das VfL-Magazin weist ausdrücklich darauf hin, dass es sich bei dieser Befragung nicht um eine repräsentative Umfrage handelt. Sie dient lediglich dazu, ein grobes Stimmungsbild zu erhalten. Das Ergebnis könnte dadurch verzerrt werden, dass auch Fans ohne Mitgliedschaft abstimmen – oder Mitglieder, die nicht an der Versammlung am 15. November teilnehmen. Es ist die zweite Befragung dieser Art.
(Foto: Firo Sportphoto)