Kapitän auf Rekordjagd

Legende Losilla? Auf den Spuren von Ata und Wosz

Thomas Reis muss seinen Kapitän auch im fortgeschritten Fußballeralter manchmal noch bremsen. Mit mehr als 35 Jahren ist Anthony Losilla nicht nur der älteste Bochumer, sondern auch der fleißigste. In der Laufstatistik landete er schon in der 2. Liga stets auf einem Spitzenplatz. Auch eine Klasse höher gehört der Franzose zu den umtriebigsten Akteuren auf dem Feld. Dafür hat Trainer Reis auch eine einfache Erklärung: „Ich kann mich an keine Trainingseinheit erinnern, in der er nicht ans Limit gegangen ist. Das macht sich natürlich bezahlt.“ Wobei der Fußballlehrer einschränkt: „Toto muss nicht immer überall sein.“ Manchmal sei es wichtiger, die Position zu halten.

Premierentor in Fürth

Im Fall von Losilla bedeutet das: Im defensiven Mittelfeld zu bleiben. Auf den Familienvater ist grundsätzlich aber Verlass. Seit seinem Wechsel von Dynamo Dresden im Jahr 2014 trägt er das Trikot des VfL Bochum, ist auf und neben dem Platz ein Vorbild, ganz besonders für jüngere Spieler. 246 Pflichtspiele hat er für den Ruhrgebietsklub bereits absolviert. Was auffällt: Unter sechs verschiedenen Trainern hat Losilla schon gearbeitet, doch niemand wollte freiwillig auf seine Dienste verzichten. Wenn der Publikumsliebling gefehlt hat, dann meist, weil er gesperrt war. Vom großen Verletzungspech ist Losilla zum Glück verschont geblieben.

Immer mehr arbeitet er jetzt auch an seinem Legendenstatus, denn am vergangenen Samstag hat Losilla sein erstes Bundesliga-Tor erzielt. Ausgerechnet beim so wichtigen 1:0-Auswärtssieg in Fürth, im Duell der beiden Aufsteiger, war der ‚Oldie‘ für den einzigen Treffer des Tages verantwortlich. Per Kopf war er in der Schlussphase nach einem Freistoß von Eduard Löwen zur Stelle, der Jubel war riesengroß. Bemerkenswert: Kein Bochumer war bei seinem Premierentor in Deutschlands Eliteklasse älter; in der gesamten Bundesliga waren es nur acht Spieler, unter anderem Hans Schäfer und Max Morlock, also zwei Weltmeister von 1954.

Vertrag läuft aus

Fast schon logisch, dass Dauerläufer Losilla, der im März des kommenden Jahres 36 wird, nun weitere Rekordmarken ins Visier nehmen kann. Klubikone Dariusz Wosz spielte noch mit 37 in der Bundesliga, Ata Lameck sogar mit 38. Den Rekord hält Wolfgang Kleff mit 39, doch der war Torhüter und kein Feldspieler. Damit Losilla auch in diesen illustren Kreis aufsteigt, müsste der VfL aber die Klasse halten und der Franzose ein neues Arbeitspapier unterschreiben. Eine Verlängerung des im Sommer auslaufenden Vertrags ist jedoch gar nicht so unwahrscheinlich. Losilla denkt jedenfalls noch nicht daran, die Fußballschuhe an den Nagel zu hängen.

Ein abruptes Karriereende ist auch kaum vorstellbar, sofern Losilla bis zum Saisonende fit und erste Wahl bleibt. Denn die Situation im defensiven Mittelfeld wird im kommenden Sommer, unabhängig vom sportlichen Ausgang der Saison, kompliziert bleiben. Auch Robert Tesche befindet sich im Herbst seiner Karriere und hat den Sprung in die Bundesliga nicht so gut gemeistert wie Losilla. Elvis Rexhbecaj und Eduard Löwen sind außerdem nur ausgeliehen, eine Kaufoption gibt es in beiden Fällen nicht. Losilla wäre also die einzige Konstante vor der Abwehr; vielleicht nicht mehr als unangefochtene Stammkraft, wohl aber als Vorbild fürs gesamte Team.

(Foto: Imago / Sven Simon)