Mitgliederversammlung

Interview: Villis über Vorwürfe, Verdienste und Versäumnisse

Seit zehn Jahren ist Hans-Peter Villis Vorsitzender des VfL Bochum. Bei der Präsidiumswahl am 15. November muss er jedoch um sein Amt kämpfen – es gibt eine Opposition. Tief im Westen – Das VfL-Magazin hat mit dem aktuellen Vereinsboss über die zurückliegenden und anstehenden Herausforderungen gesprochen.

Herr Villis, in diesem Jahr gibt es bei der Präsidiumswahl Konkurrenz für Sie. Inwieweit hat Sie die Kandidatur von Herrn Dr. Bauer und seinem Team überrascht?

Ich kenne und schätze ihn seit vielen Jahren. Ich hätte mir gewünscht, dass wir vor seiner Kandidatur einmal miteinander gesprochen hätten. Über seine Bewerbung bei der Findungskommission hat er mich dann im Nachgang persönlich informiert. Natürlich war ich überrascht.

Zunächst einmal handelt es sich um einen demokratischen Vorgang. Warum beschäftigt den VfL Bochum dieses Thema trotzdem so sehr?

Uns ist sehr daran gelegen, über Ruhe und Kontinuität zum Erfolg zu kommen. Wir wollen unsere Strategie weiterverfolgen, deshalb treten wir an und wollen wiedergewählt werden. Dieses Gegeneinander sorgt für eine gewisse Unruhe. Einige Sponsoren haben mich bereits gefragt, warum es denn plötzlich eine Opposition gibt. Die sind irritiert.

Was haben Sie geantwortet?

Zunächst einmal, dass der Verein im Vordergrund steht und nicht einzelne Personen, unabhängig vom Ausgang der Wahl. Ansonsten kenne ich die Beweggründe der Gruppe ja nur aus der Presse. Substanziell sehe ich jedoch wenig Neues. In den Top 25 zu bleiben, das Nachwuchsleistungszentrum zu stärken oder die Stadioninfrastruktur zu verbessern – all das ist bei uns schon lange Teil unserer Strategie.

Die Kritik der Fans zentriert sich ja überwiegend auf Ihre Person. Warum ist das so?

Natürlich haben wir und habe ich in den zurückliegenden zehn Jahren nicht immer alles richtig gemacht. Aber man muss das große Ganze sehen und die Diskussion nicht auf einzelne Themen reduzieren. Teilweise ist die Kritik nachvollziehbar, aber oft auch sehr persönlich und wenig sachlich.

Also würden Sie sich mehr Wertschätzung wünschen?

Die Wahl ist ja ein Instrument, Wertschätzung auszudrücken. Ich möchte an dieser Stelle aber auch noch einmal betonen, welche Aufgaben wir als Präsidium haben und welche nicht. Wir sind ein Kontrollgremium, wir diskutieren über Strategien oder stoßen Entwicklungen mit an. Aber wir sind nicht für jede Entscheidung im Tagesgeschäft verantwortlich, etwa in der Kaderplanung. Ob es gut läuft oder nicht: Es ist immer Teamarbeit.

Welche Verdienste lassen sich denn dem aktuellen Präsidium zuschreiben?

Wir sind angetreten, um den Verein finanziell und somit sportlich zu konsolidieren. Das ist uns gelungen. Mehr noch: Wir sind wirtschaftlich viel flexibler geworden, haben den Lizenzspieleretat im Sommer um mehr als sechs Millionen Euro anheben können. Auch sportlich sind wir endlich wieder dort angekommen, wo wir hingehören – wir spielen erstklassig. Wir haben uns in praktisch allen Bereichen verbessert. Das honorieren die Menschen in Bochum und darüber hinaus. Wir haben so viele Mitglieder und Sponsoren wie noch nie.

Das Team Bauer wirft Ihnen vor allem fehlende Transparenz und zu wenig Wertschätzung für Führungskräfte vor. Können Sie das nachvollziehen?

Wir sind schon sehr transparent, gerade im Vergleich zu anderen Klubs. Wir kommunizieren, was wir kommunizieren können und dürfen. Bei Personalinterna sind uns teilweise Grenzen gesetzt. Auch das gehört zu einem guten Führungsstil dazu. Dass uns einzelne Verantwortliche verlassen haben, ist manchmal nicht zu verhindern.  

Aber eine gewisse Personalflucht lässt sich nicht leugnen.

Ich kann es nur noch einmal betonen: Wir hätten Sebastian Schindzielorz und auch Thomas Reis gerne bei uns behalten. Wir haben im Rahmen unserer Möglichkeiten viel dafür getan. Uns darüber hinaus vorzuwerfen, dass zum Beispiel Christoph Wortmann oder Alexander Richter den VfL verlassen werden oder haben, ist zwar verständlich, entspricht aber nicht den Tatsachen. Die beiden haben beruflich reizvolle Angebote anderer Klubs angenommen.

Müssen Sie in punkto Fannähe zulegen, um Differenzen eher auszuräumen?

Ich bin vielfach ansprechbar, das wissen die meisten auch. Auch innerhalb des Präsidiums spielen die Meinungen der Fans eine wichtige Rolle. Martin Volpers ist der gewählte Vertreter der eingetragenen Fanclubs und hält den Kontakt zu den Anhängern. Er trägt die Meinungen der Fans in unser Gremium und transportiert unsere Sichtweisen wieder zurück. Aber in dem Punkt können wir uns noch verbessern.

Wofür stehen die anderen Präsidiumsmitglieder? Außenstehende können das kaum einschätzen.

Andreas Eickhoff bringt eine sehr große juristische Expertise mit, die für die Arbeit in unserem Gremium unerlässlich ist. Uwe Tigges hat viele Jahre große Unternehmen geführt, kennt sich vor allem im Bereich Personalmanagement bestens aus. Und Jupp Tenhagen ist als ehemaliger Spieler und Trainer in der Fußballszene sehr gut vernetzt.

Sie haben nun auch Christina Reinhardt, die Kanzlerin der RUB, ins Team geholt. Was erhoffen Sie sich von ihr?

Sie ist schon einigen Jahren VfL-Mitglied, in vielen Bereichen sehr gut vernetzt, besitzt die wissenschaftliche Expertise und ist inhaltlich breit aufgestellt. Davon wollen und werden wir profitieren. Es besteht grundsätzlich immer die Möglichkeit, weitere Präsidiumsmitglieder zu kooptieren. Vielleicht haben wir davon in der Vergangenheit zu wenig Gebrauch gemacht.

Können Sie sich im Falle eines eigenen Wahlsiegs auch vorstellen, mit Personen aus dem Team Bauer zusammenzuarbeiten?

Ich will das nicht völlig ausschließen, schließlich sind wir alle VfLer. Stand jetzt wird es dazu aber nicht kommen, zumal ich zwei Personen aus der Gruppe gar nicht und zwei nicht gut genug kenne, um das beurteilen zu können. Auch hier wäre es besser gewesen, früher ins Gespräch zu kommen.

Fürchten Sie bei einem knappen Wahlausgang eine Spaltung des Klubs?

Ich hoffe es nicht, Sorge bereitet mir das aber schon. Der Verein steht über allem, nicht einzelne Personen. Ich persönlich werde immer – ob mit oder ohne Amt – VfL-Fan bleiben. Aber ich gehe davon aus, dass wir am 15. November wiedergewählt werden. Ich bin zuversichtlich, dass die Mehrheit der Mitglieder unseren Weg der zurückliegenden Jahre honoriert und uns erneut unterstützen wird.

Für welches Team würdest du dich heute – so kurz vor der Wahl – entscheiden?

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Tief im Westen – Das VfL-Magazin weist ausdrücklich darauf hin, dass es sich bei dieser Befragung nicht um eine repräsentative Umfrage handelt. Sie dient lediglich dazu, ein grobes Stimmungsbild zu erhalten. Das Ergebnis könnte dadurch verzerrt werden, dass auch Fans ohne Mitgliedschaft abstimmen – oder Mitglieder, die nicht an der Versammlung am 15. November teilnehmen. Es ist die dritte Befragung dieser Art.

(Foto: Firo Sportphoto)