Von wegen Normalität

Lücken im System: VfL kämpft mit DFL-Vorgaben

Der VfL Bochum schottet sich vor dem Re-Start am Samstag gegen Heidenheim ab. Die Spieler befinden sich im Quarantäne-Hotel, und seit Mittwoch stehen Bauzäune auf allen vier Seiten des Stadions. Die Absperrungen sollen Ansammlungen auf dem Klubgelände verhindern. Auch dienen sie zur Errichtung einer Schutzzone, die im Konzept der DFL vorgeschrieben ist. Mehr als 40 Seiten umfasst das Papier zum „Sonderspielbetrieb“. Die Vorgaben setzt der VfL offensichtlich ganz genau um.

Nur einmal ins Hotel

Dabei sind einige Regeln durchaus lückenhaft und unlogisch. Das beste Beispiel: Die eingangs erwähnte Hotel-Quarantäne. Dort muss die Mannschaft die Woche vor dem ersten Spiel verbringen und wird zweimal auf eine Corona-Infektion getestet. Nur gesunde Spieler sollen am Wochenende auf dem Rasen stehen. Das ergibt Sinn. Nur: Es handelt sich um eine einmalige Regelung. Nach der ersten Partie kehren die Profis wieder in ihr häusliches Umfeld zurück, wo die Ansteckungsgefahr wieder steigt. Handelt es sich etwa nur um eine Alibi-Maßnahme, um zumindest den ersten Spieltag störungsfrei über die Bühne zu bringen? VfL-Manager Sebastian Schindzielorz bestätigt jedenfalls, dass eine solche Isolation nur unmittelbar vor dem Re-Start Vorschrift der DFL sei.

Und der Verband hat den Vereinen weitere Maßnahmen auferlegt, die in ihrer praktischen Umsetzung fast schon absurd erscheinen. Sollte der VfL Bochum am Spieltag etwa einen Grund zum Jubeln haben, ist Vorsicht geboten. Inniges Umarmen ist nicht erlaubt. Körperkontakt bei Zweikämpfen oder Manndeckung bei Eckstößen allerdings schon. Die Bälle müssen jedoch desinfiziert werden, außerdem muss Cheftrainer Thomas Reis einen Mundschutz tragen, den er nur für Anweisungen ablegen darf. Das sei notwendig, weil ein Restrisiko einer Infektion bleiben würde, argumentiert die DFL. Denn positive Fälle könnten den ganzen Plan gehörig ins Wanken bringen. Das zeigt die Lage bei Dynamo Dresden. Dort befindet sich die gesamte Mannschaft für zwei Wochen in Quarantäne.

Relegation ist heikles Thema

Mindestens zwei Spiele müssen also verschoben werden – ob so ein fairer Wettbewerb möglich ist, daran hat selbst der VfL Bochum leise Zweifel. Dabei sind die beiden Klubs Konkurrenten im Abstiegskampf. „Dynamo Dresden hat nun neun Wochen lang kein Mannschaftstraining gehabt, steht augenblicklich unter häuslicher Quarantäne und muss die Saison dann aller Voraussicht nach in Englischen Wochen zu Ende spielen – das wird nicht einfach“, heißt es auf Anfrage beim VfL. „Aber die DFL prüft, wie sie die ausgefallenen Spiele bestmöglich in den Spielplan integrieren kann.“ Unklar bleibt, was passiert, wenn weitere Klubs betroffen sind. „Es gibt eine Größe, da ist es nicht mehr machbar“, sagte DFL-Geschäftsführer Christian Seifert zuletzt im ZDF-Sportstudio.

Offen ist ebenso, unter welchen Voraussetzungen eine mögliche Relegation stattfinden soll. Der VfL könnte schließlich betroffen sein. Das Problem: Die beiden Entscheidungsspiele würden erst im Juli stattfinden. Einige Verträge wären dann gar nicht mehr gültig. „Diese Problematik muss man scharf beobachten. Es gibt eine verbandsrechtliche Ebene sowie eine arbeitsrechtliche“, erklärt ein Vereinssprecher auf Nachfrage. Gemeinsam mit dem Ligaverband werde nach einer Lösung gesucht. Außerdem ist unklar, wie es in der 3. Liga weitergeht, sprich: ob es überhaupt einen Gegner gibt. Die Klubs und der DFB streiten sich derzeit öffentlich, es gibt unterschiedliche Positionen über den Fortgang der Saison.

Saisonabbruch als Szenario

Ähnliches trifft übrigens auch auf die Erst- und Zweitligisten zu. In einer Videokonferenz wurde in dieser Woche über ein sensibles Thema kontrovers diskutiert. Was passiert, wenn die Saison von jetzt auf gleich beendet werden müsste, zum Beispiel, wenn die Politik plötzlich einlenkt? Der Ligaverband schlägt vor, dann die jeweils aktuelle Tabelle zu werten. Dagegen wehren sich allerdings einige Vereine, die Liga ist gespalten. Die Position des VfL Bochum dazu nicht bekannt, wohl aber die sportliche Gefahr. Für die Mannschaft von Trainer Thomas Reis würde das nämlich bedeuten, dass sie in den kommenden Wochen permanent auf einem Nicht-Abstiegsplatz bleiben müsste. Ein Sieg gegen Heidenheim am Samstag wäre deshalb ein guter Anfang.

(Foto: Imago / Revierfoto)