1:1 in Frankfurt

Remis-Könige aus Bochum: Fürchterlich und faszinierend

Wenn die Heimfans bei einem Auswärtsspiel des VfL ihre eigene Mannschaft auspfeifen, dann haben die Bochumer offensichtlich etwas richtig gemacht. Beim 1:1 am Samstagnachmittag waren die Gäste phasenweise die stärkere Mannschaft, hatten insbesondere in der ersten Halbzeit die besseren Chancen. Doch erneut trat die Bochumer Abschlussschwäche zutage, insbesondere bei Matus Bero. Der Slowake vergab schon früh in der Partie aus aussichtsreicher Position, in der zweiten Halbzeit scheiterte Takuma Asano gleich doppelt an Frankfurts Ersatzkeeper Jens Grahl. Fünf Spiele hat der VfL in diesem Kalenderjahr nun absolviert, fünfmal gab es exakt einen Treffer, dreimal ein 1:1. Mit zehn Unentschieden nach 21 Spielen kommen die Remis-Könige der Liga aus Bochum. „Fürchterlich“ findet Trainer Thomas Letsch diese Punkteteilungen, zitierte ihn WAZ am Sonntag.

Angreifer Broschinski trifft erneut

Obgleich er mit dem Unentschieden in Frankfurt besser leben konnte als mit dem 1:1 daheim gegen Bremen oder Augsburg. „Direkt nach dem Spiel hat es sich so angefühlt, als ob noch mehr drin gewesen wäre“, sagte Letsch in der Pressekonferenz. „Wenn ich es mit etwas Abstand betrachte, war es eine sehr wilde zweite Halbzeit, die in beide Richtungen hätte kippen können.“ Faszinierend für die Zuschauer, für den Trainer jedoch weniger. Zumal die Gastgeber nach dem Seitenwechsel die besseren Chancen hatten, die Bochumer wankten. In den ersten 45 Minuten sowie am Ende war hingegen der VfL das stärkere Team. Trotzdem ging die Eintracht zunächst in Führung, Moritz Broschinski sorgte im direkten Gegenzug aber für den Ausgleich. Bochums jüngster Mittelstürmer traf schon zuletzt gegen Augsburg; Goncalo Paciencia und Philipp Hofmann hat er vorerst verdrängt.

Letsch hadert mit Chancenverwertung

Broschinski stürmte in Frankfurt gemeinsam mit Rückkehrer Takuma Asano anstelle von Christopher Antwi-Adjei, in der Abwehr erhielt Keven Schlotterbeck den Vorzug vor Erhan Masovic. Weil beim VfL nur Ersatzkeeper Michael Esser und Jungprofi Mohammed Tolba fehlten, konnte Thomas Letsch seine vermeintlich beste Elf ins Rennen schicken. Dass er nur eine von fünf Wechseloptionen nutzte, erklärte der Trainer später wie folgt: „Ich hatte das Gefühl, dass es schwer gewesen wäre in dieses intensive Spiel reinzukommen.“ Zuletzt hatte Letsch deutliche Selbstkritik an seinen defensiven Wechseln im Heimspiel gegen Augsburg geübt. Diesmal behielt er die Spielstruktur bei. In dieser Konstellation setzte der VfL sogar noch zur Schlussoffensive an – jedoch ohne Torerfolg. „Da muss auch mal einer über die Linie gehen“, haderte Letsch erneut mit der Chancenverwertung.

Ohne Bero gegen Bayern München

Ansonsten konnten die Bochumer zufrieden sein. Mit ihrer mutigen, aggressiven und sehr mannorientierten Art zu verteidigen, nahmen sie dem Europapokal-Teilnehmer aus Hessen die Spielfreude, sorgten für ein lebendiges und spannendes Duell, das leistungsgerecht keinen Sieger mehr fand. Den Trend hat der Revierklub damit bestätigt: 19 Gegentore kassierte der VfL in den ersten sechs Spielen dieser Saison, 20 in den nachfolgenden 15 Partien. Die Defensive hat sich deutlich stabilisiert und dürfte sich auch nicht mehr vor der Offensive des FC Bayern fürchten. Der frustrierte und angeschlagene Tabellenzweite ist am kommenden Sonntag in Bochum zu Gast. Nach dem 0:7 im Hinspiel brennt der VfL gegen die Münchner auf eine Revanche. Auf einen seiner Stammspieler muss Thomas Letsch dann aber verzichten. Matus Bero sah in Frankfurt die fünfte Gelbe Karte.


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(Foto: Imago / Kessler-Sportfotografie)

Personalie

Der Königstransfer: Brasilianer Bernardo begeistert Bochum

Thomas Letsch ist Realist. Bochums Coach weiß, dass er seinen Spieler Bernardo wahrscheinlich gar nicht trainieren würde, wenn dieser in seiner Karriere nicht von Verletzungen ausgebremst worden wäre. „Er hatte immer wieder Pech. Sonst glaube ich nicht, dass er für Bochum spielen würde“, sagte der Fußballlehrer vor einigen Monaten über den Defensivspezialisten aus Brasilien, der nicht nur seinen Chef begeistert. Auch im Umfeld und bei den übrigen Verantwortlichen herrscht Einigkeit: Bernardo ist der Königstransfer in diesem Jahr. „Bernardo ist ein Zweikampfmonster“, lobt Letsch. „Es ist für seine Gegenspieler extrem unangenehm gegen ihn zu spielen. Wenn du glaubst, du bist an ihm vorbei, steht er plötzlich wieder vor dir.“ Die Statistik gibt dem Trainer Recht: Mit 263 gewonnenen Zweikämpfen belegt Bernardo ligaweit Platz eins in dieser Statistik.

Noch kein Pflichtspiel verpasst

Damit ist der 28-Jährige logischerweise unumstrittener Stammspieler in Bochum. Nach seiner Verpflichtung Anfang August rückte der erfahrene Verteidiger prompt in die Startelf und verpasste bislang nur einziges Pflichtspiel – zuletzt in Dortmund wegen einer Gelbsperre. Von allen Feldspielern ist er derjenige mit den meisten Einsatzminuten, dahinter folgen Anthony Losilla, Kevin Stöger und Erhan Masovic. Bernardo Fernandes da Silva Junior „hat von Anfang an gezeigt, dass er mit seiner internationalen Erfahrung eine große Verstärkung für uns ist“, betont Thomas Letsch. Enttäuscht habe sein Schützling nur beim Auswärtsspiel in München, „aber da waren alle schlecht.“ Diese Konstanz sei der Grund dafür, „warum Bernardo immer gespielt hat.“ Anfang Dezember im Heimspiel gegen Wolfsburg gelang ihm sogar sein erstes Tor im VfL-Trikot.

Sein Vater spielte für den FC Bayern

Seinen ersten Bundesliga-Treffer erzielte Bernardo bereits sechs Jahre zuvor im Trikot von RB Leipzig. Für den finanzstarken Emporkömmling spielte der Linksfuß zwischen 2016 und 2018 in Deutschlands Eliteklasse; bis heute der Höhepunkt in Bernardos Karriere, die in Brasiliens Millionenmetropole Sao Paolo begann. Das fußballerische Gen bekam er in die Wiege gelegt, bereits sein Vater war Profi und spielte unter anderem für den FC Bayern München, allerdings nur kurz Anfang der 90er-Jahre.


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Bernardo Junior hingegen landete im Alter von 21 Jahren bei RB Salzburg. In Österreich gewann er mehrere nationale Titel und wechselte innerhalb der RB-Welt zum damaligen Bundesliga-Aufsteiger Leipzig. Nach 40 Spielen dort zog er weiter zu Brighton & Hove Albion in die englische Premier League, wo er zwar regelmäßig spielte, aber auch häufiger verletzt war. 2021 ging es zurück nach Salzburg. Dort wie auch in Leipzig spielte Bernardo sogar in der Champions League. In Salzburg lernte er bereits Thomas Letsch kennen, der seinerzeit das Farmteam in Liefering trainierte. Dort musste sich Bernardo auch vor seinem Wechsel nach Bochum fithalten, nachdem er einer Verjüngungskur zum Opfer fiel und seinen Kaderplatz verlor. Der VfL freute sich darüber, legte dem Verteidiger Anfang August einen Zweijahresvertrag inklusive Verlängerungsoption vor und musste den Salzburgern lediglich eine Ablöse im mittleren sechsstelligen Bereich überweisen.

Defensivallrounder ohne Starallüren

Trotz fehlender Spielpraxis erkämpfte sich der Brasilianer sofort einen Platz in der Bochumer Mannschaft. Zunächst überzeugte Bernardo als linker Innenverteidiger in der Dreierkette. Mit der Systemumstellung Anfang November glänzte er aber auch als linker Außenverteidiger in der Viererkette. „Wir haben ein bisschen Zeit gebraucht, die richtige Formation zu finden“, gibt der Routinier freimütig zu. „Vor der Winterpause sind wir deutlich stabiler geworden und können zufrieden sein.“ Seinen Wechsel nach Bochum in den Abstiegskampf der Bundesliga bereut er keineswegs, im Gegenteil: „Ich fühle mich sehr wohl in Bochum. Wir haben eine sehr gute Mannschaft mit super Fans“, erzählt Bernardo, der die deutsche Sprache gut beherrscht, nicht mit Starallüren auffällt und generell ein freundlicher Zeitgenosse ist. „Ich bin glücklich, wieder in der Bundesliga zu sein. Hier kann in jedem Spiel alles passieren, vielleicht mit Ausnahme der Spitzenteams.“

Was der VfL in dieser Saison bereits schmerzlich erfahren musste. Die höchsten Niederlagen gab es in Leverkusen, München und Stuttgart. Bernardo ist trotzdem begeistert: „Die Bundesliga zählt zu den drei besten Ligen der Welt. Das Besondere ist die Stimmung in den Stadien. Die Fans sind einfach verrückt, positiv gemeint. Das gibt mir immer noch mehr Energie auf dem Platz.“ Seine Leistungen bestätigen das.

Dieser Text ist zuerst im VfL-Heft des Bochumer 3Satz-Verlags erschienen. Auf 116 Seiten bietet das Magazin mehrere Interviews, viele Porträts und interessante Hintergrundgeschichten. Gedruckte Exemplare sind kostenlos an vielen Stellen im Bochumer Stadtgebiet oder direkt beim 3Satz-Verlag (Alte Hattinger Str. 29) zu bekommen.

(Foto: Marc Niemeyer)

Debatte

VfL-Kolumne: Ein Fußballspiel dauert länger als 90 Minuten

Die VfL-Kolumne ist ein Format auf Tief im Westen – Das VfL-Magazin. Immer zu Wochenbeginn gibt es einen kurzen Kommentar zu einem ausgewählten Thema – zum sportlichen Geschehen an der Castroper Straße oder zum Drumherum. Die Regel: Maximal 1.848 Buchstaben. Das Ziel: Diskussionen anzustoßen. Das Thema heute: Lange Spielunterbrechungen.

Um 17.30 Uhr entspannt im Zug oder der Kneipe sitzen? Oder um 18 Uhr bereits daheim bei den Kindern sein? Wird schwierig. Denn Bundesliga-Spiele, die samstags um 15.30 Uhr angepfiffen werden, enden keinesfalls um 17.15 Uhr. Für die Überlänge gibt es gleich mehrere Gründe.

Grund eins: Eine immer längere Nachspielzeit. Unter anderem deshalb, weil die Schiedsrichter strittige Szenen am Monitor überprüfen. Das wäre grundsätzlich vertretbar, wenn es den Fußball gerechter machen würde. Aber ist das wirklich der Fall? Auch der VfL fühlte sich in dieser Saison trotz vorhandener Hilfsmittel schon ungerecht behandelt, weil glasklare Fehlentscheidungen nicht korrigiert wurden.

Grund zwei: Der Streit um die Zaunfahnen. Gegen Stuttgart dauerte die Halbzeitpause fast eine Stunde. Und auch gegen Augsburg gab es wieder Stress vor der Gästekurve. Trotz verschärfter Ansagen seitens der Stadt und des VfL hing eine Zaunfahne der Augsburger zunächst zu niedrig. Das bemerkten die zuständigen Mitarbeiter dieses Mal aber halbwegs rechtzeitig und fanden im Gespräch mit den Ultras aus Augsburg noch vor dem Anpfiff einen Kompromiss. Allerdings: Weil sie während des Spiels ein weiteres Banner ausrollten, war das Fluchttor wieder verdeckt. Ordner eilten zum Gästeblock, die Fanbeauftragten diskutierten, der Bochumer Sicherheitsbeauftragte informierte bereits den Vierten Offiziellen. Hätten die Augsburger zur Pause keine Einsicht gezeigt, hätte die zweite Halbzeit sicher nicht begonnen. Es ist anzunehmen, dass dies nicht der letzte Streit um ein bemaltes Stück Stoff war.

Grund drei: Die Fanproteste gegen die Investorenpläne der DFL. In Bochum flogen am Wochenende mehrfach Tennisbälle aufs Spielfeld, in den Wochen zuvor Flummis oder Schokomünzen. Auch das führt zu Verzögerungen, bei der Hertha in Berlin waren es sogar fast 30 Minuten. Und ein Ende der Proteste ist nicht in Sicht.

Die Quintessenz lautet also: Ein Fußballspiel dauert länger als 90 Minuten. Das ist übrigens nicht nur ein guter Hinweis für alle Fans – sondern auch für die Bochumer Mannschaft.


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(Foto: Marc Niemeyer)

1:1 gegen Augsburg

„Habs verbockt“: Auch Riemann kann Letsch nicht stoppen

Wenn es so weitergeht, dann kann der VfL Bochum bald eine eigene Abstimmung für das Tor des Monats oder zumindest für den schönsten Treffer des Jahres einführen. Das Team von Trainer Thomas Letsch setzt offensichtlich auf Klasse statt Masse. Sehenswert per Fallrückzieher brachte Moritz Broschinski sein Team im Heimspiel gegen Augsburg in Führung. Schon zuletzt haben die Bochumer mehrfach spektakuläre Tore erzielt. Das Problem: Für einen Sieg hat es (wieder) nicht gereicht. Bereits zum dritten Mal in dieser Saison gaben die Bochumer ein Erfolgserlebnis in der Nachspielzeit aus der Hand. Mit einem späten Handelfmeter erzielten die Gäste den Ausgleich. Schiedsrichter Patrick Ittrich sah zuvor bei Ivan Ordets eine „unnatürliche Vergrößerung der Körperfläche“ innerhalb des Strafraums. Bochums Innenverteidiger bekam einen Schussversuch aus kurzer Distanz an den Arm, zog diesen aber zurück. Warum Ordets‘ Armhaltung nach Ansicht von Ittrich „unnatürlich“ war, erklärte er nicht.

Großchancen vergeben

Dass sich die Bochumer über diese Entscheidung kaum echauffierten, lag wohl auch daran, dass der Schock zu tief saß. Erinnerungen wurden wach an die Heimspiele gegen Mainz und Bremen, als der VfL seine Siege ebenfalls kurz vor Schluss hergab. Zählt man die Spiele gegen Dortmund und Köln noch hinzu, dann hat der Revierklub in fünf von zehn Heimspielen trotz einer Führung nicht gewonnen. „Es ist brutal enttäuschend und irgendwann kein Pech mehr“, sagte Mittelfeldspieler Patrick Osterhage nach dem 1:1 gegen den unmittelbaren Konkurrenten. Also ein Qualitätsproblem? Oder das Resultat einer falschen Taktik? Dass der VfL vor dem Ausgleich gleich mehrere Großchancen vergab, insbesondere durch Moritz Kwarteng und Matus Bero, deutet auf Ersteres hin. In keiner Partie 2024 gelang dem VfL mehr als ein Treffer. Immerhin hat gegen Augsburg mal wieder ein Mittelstürmer getroffen. Doch Trainer Letsch nahm die Schuld auf sich. „Ich habe es verbockt“, sagte er in der Pressekonferenz selbstkritisch.

Letsch sehr selbstkritisch

Letsch wechselte in der Schlussphase die meisten Offensivspieler aus und brachte dafür fast ausschließlich Defensivkräfte. Mit fünf gelernten Innenverteidigern und ohne Stürmer schaltete sein Team logischerweise in den Verwaltungsmodus. „Ich nehme das komplett auf meine Kappe. Die Entscheidungen, die ich getroffen habe, waren zu defensiv. Ich ärgere mich extrem über mich“, betonte der Fußballlehrer. Ungewöhnlich: Schon während des Spiels gab es kritische Blicke aus der eigenen Mannschaft. Manuel Riemann schaute in der zweiten Wechselphase fragend in Richtung Trainerbank und brachte mit eindeutigen Handbewegungen sein Unverständnis zum Ausdruck, womit der Torhüter die Meinung seines Trainers aber nicht beeinflussen konnte. „Ich werde aus diesem Spiel viel lernen“, sagte Letsch abschließend. Komplett unverdient war der Augsburger Ausgleich zwar nicht, doch der VfL war lange Zeit die stärkere Mannschaft: Defensiv aufmerksam und offensiv in mehreren Situationen gefährlich.

Asano kehrt zurück

Wenigstens bleibt der Bochumer Heimnimbus bestehen. Zehn Spiele hat der VfL in dieser Saison bereits an der Castroper Straße absolviert und nur eine Partie verloren. Ohne die späten Gegentreffer gegen Mainz, Bremen und Augsburg würde der Revierklub in der Gesamttabelle sogar auf Rang acht stehen. Stattdessen ist es unverändert Platz 14. Nach dem Kölner Sieg am Samstagabend sind es nur noch sechs Punkte Vorsprung auf den Relegationsrang; die große Chance, sich aus der Abstiegszone abzusetzen, hat der VfL abermals verpasst. Was den einen oder anderen in Bochum vermutlich beunruhigen wird. Denn gegen die kommenden fünf Mannschaften hat der VfL in der Hinrunde nur zwei Punkte geholt. Immerhin: Takuma Asano wird in den kommenden Tagen ins Ruhrgebiet zurückkehren. Bochums bester Torschütze ist am Samstag mit Japan beim Asien-Cup ausgeschieden. Läuft alles nach Plan, wird er am kommenden Wochenende beim Auswärtsspiel in Frankfurt wieder zum Kader gehören.


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(Foto: Marc Niemeyer)

Neuzugang

Transfer-Überraschung: Wie der VfL mit Agon Elezi plant

Transfergerüchte gibt es derzeit viele. Auch der VfL wird mit unterschiedlichen Spielern in Verbindung gebracht, wobei der Wahrheitsgehalt mitunter gering ist. Am Dienstagmorgen überraschte deshalb eine Meldung der größten Boulevardzeitung Kroatiens die Bochumer Fußballwelt. Demnach stünde der nordmazedonische Nationalspieler Agon Elezi unmittelbar vor einem Wechsel zur Castroper Straße. Der Faktencheck im Laufe des Tages ergab durchaus Erstaunliches: Der Inhalt stimmt. Spät am Abend, um kurz nach Zehn, bestätigte der VfL die Verpflichtung des zentralen Mittelfeldspielers.

Elezis Vertrag läuft bis 2027

Der Wechsel des 22-Jährigen nach Bochum überrascht in vielerlei Hinsicht. Eigentlich haben die Verantwortlichen die Verpflichtung eines neuen Angreifers in Aussicht gestellt. Und eigentlich gehört der kroatische oder nordmazedonische Markt gar nicht zu den Zielmärkten des VfL. Doch dank guter Kontakte in die Balkanregion wanderte Elezi vor einiger Zeit auf die Beobachtungsliste der Bochumer. Kurz vor Transferschluss machten sie nun Nägel mit Köpfen. Die Vertragslänge bis Mitte 2027 unterstreicht, dass die Verantwortlichen von den Fähigkeiten ihres Neuzugangs überzeugt sein müssen.

„Er verfügt über großes Potenzial und wir trauen ihm perspektivisch den Sprung in die Bundesliga zu“, sagt VfL-Sportdirektor Marc Lettau. Elezi ist folglich nicht als Soforthilfe eingeplant, sondern soll die Rückrunde nutzen, um sich an das höhere Spielniveau zu gewöhnen und sich in die Mannschaft zu integrieren. „Wir wissen, dass der Sprung in die Bundesliga groß ist und werden wir ihn Schritt für Schritt an diese Herausforderung heranführen“, ergänzt Geschäftsführer Patrick Fabian. Vor allem Austria Klagenfurt aus der österreichischen Bundesliga hatte sich parallel um eine Verpflichtung bemüht.

Nationalspieler aus Nordmazedonien

In Kroatiens höchster Liga hat Elezi immerhin 60 Spiele absolviert, die ersten davon unter der Leitung von Samir Toplak, der früher selbst das Trikot des VfL trug. Auch neun A-Länderspiele im Trikot der nordmazedonischen Nationalelf stehen in der Vita von Elezi. Er ist ein sogenannter Box-to-Box-Spieler, seine Herangehensweise in etwa mit der von Patrick Osterhage oder Matus Bero zu vergleichen. Zu seinen Stärken zählen laut Global Soccer Network (eine Datenscouting-Plattform) ein gutes Timing im Tackling und ein Gefühl für sich bietende Räume. Er ist sehr beweglich und bringt eine solide Technik mit.

Ein Rohdiamant ist er mit fast 23 Jahren allerdings nicht mehr. In seiner Jugend verbrachte Elezi je ein Jahr in England und in Frankreich, zum erhofften Durchbruch kam es da aber noch nicht. Er ging zunächst zurück in die Heimat nach Nordmazedonien und wechselte über Albanien nach Kroatien, wo ihn zwischenzeitlich ein Kreuzbandriss stoppte. Bis zuletzt war er Stammspieler beim NK Varazdin. Das Risiko ist aus Bochumer Sicht überschaubar, die Gehaltskosten liegen weit unter dem vereinsüblichen Durchschnitt, auch die Ablöse ist äußerst gering. Zudem ist der VfL im Mittelfeld aktuell gut aufgestellt.

Pannewig-Leihe in die Regionalliga

Das aber kann sich schon im Sommer ändern. Auf Patrick Osterhage haben einige Konkurrenten ein Auge geworfen, zudem läuft der Vertrag von Kevin Stöger aus. Kapitän Anthony Losilla geht möglicherweise in seine letzte Saison. Ob Elezi in eine dieser Rolle hineinwachsen kann, muss er nun zeigen. Ansonsten haben die Bochumer noch einen anderen Hoffnungsträger in ihren Reihen. Auch Eigengewächs Mats Pannewig ist im zentralen Mittelfeld zu Hause. Der Jung-Profi wird allerdings bis zum Saisonende zum Regionalligisten SC Wiedenbrück verliehen. Dort soll er Spielpraxis sammeln.


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(Foto: VfL Bochum 1848)

Torhüter im Fokus

Wenn Riemann nochmal sündigt: Luthe winkt VfL-Comeback

Schon seit längerer Zeit gibt Manuel Riemann nach den Spielen des VfL Bochum keine Interviews mehr. Der Keeper möchte sich damit selber schützen – und seine Mitspieler vermutlich auch. Selbst abseits der Partien meidet der 35-Jährige fast alle Aufnahmegeräte. Umso überraschender, dass er in dieser Woche nach knapp anderthalb Jahren eine Ausnahme gemacht hat. Riemann war am Montag im Podcast kicker meets DAZN zu hören. Darin sprach er über die Elfmeterszenen im Derby gegen Dortmund, den Unterschied zwischen Heim- und Auswärtsspielen sowie über den Stimmungsboykott wegen des bevorstehenden Investoreneinstiegs bei der DFL.

Mit einigen Aussagen könnte Riemann durchaus wieder anecken, allerdings höchstens in der Fanszene. Interna plauderte er keine aus, auch seine Mitspieler verschonte er von Kritik. In dieser Hinsicht präsentierte sich Riemann bei der Aufnahme ähnlich souverän wie auf dem Platz. Dass er nach Fehlern seiner Vorderleute durch den Strafraum hüpft, wild gestikuliert und seine Teamkollegen anschreit, passiert nach wie vor. Dennoch scheint sich der Schlussmann in erster Linie auf sein eigenes Spiel zu konzentrieren. Nach mehreren Fehlgriffen in der vergangenen Saison hat sich Riemann wieder stabilisiert. Mit starken Rettungstaten und schnellen Umschaltaktionen hat Riemann seine Position als Nummer eins jedenfalls gestärkt – einen echten Herausforderer gibt es in dieser Saison aber ohnehin nicht.

Luthe vertritt Esser

Anders als vor gut acht Jahren wird auch Andreas Luthe keiner sein. Seinerzeit duellierten sich die beiden bereits um den Platz im Bochumer Tor; erst setzte sich Luthe durch, später wurde er durch Riemann ersetzt. Luthe verließ den VfL daraufhin – und ist nach Zwischenstationen in Augsburg, Berlin und Kaiserslautern nun an seine alte Wirkungsstätte zurückgekehrt. „Die Chance, meinem Heimatklub nochmal helfen zu können, konnte ich nicht ausschlagen. Ich bin überglücklich, wieder zu Hause zu sein“, sagte Luthe nach seiner Vertragsunterschrift am Montag. Mehr Fußball-Romantik geht fast nicht. Sein Arbeitspapier ist bis zum Saisonende datiert, eine Verlängerung unwahrscheinlich. Luthe plant im Sommer sein Karriereende.

Bis dahin soll der 36-Jährige den verletzten Michael Esser vertreten, der noch länger fehlen wird. Nur mit Niclas Thiede als Ersatztorhüter wollten die Bochumer nicht in die kommenden vier Monate gehen. „Wir mussten auf die Verletzung von Michael Esser reagieren und haben daher nach einem erfahrenen Torwart gesucht, der neben Manuel Riemann und Niclas Thiede die Anforderungen an unser Trainings- und Spielniveau verlässlich erfüllt“, sagt Sportdirektor Marc Lettau, der Luthe bereits aus der gemeinsamen Zeit bei Union Berlin kennt. Auch Patrick Fabian hat Luthes Handynummer seit Jahren gespeichert. „Wir kennen uns schon lange, sind gemeinsam beim VfL in der Jugend ausgebildet worden und haben es quasi im Gleichschritt bis zu den Profis geschafft“, erzählt der Sport-Geschäftsführer.

Riemann vor Gelbsperre

Offen ist noch, ob Luthe als Nummer zwei oder drei in die kommenden Spiele gehen wird – wobei seine Erfahrung von 90 Bundesliga-Partien, davon die ersten drei für den VfL, eindeutig für einen Platz auf der Bank spricht. Zumal ein Ersatz für Riemann schon bald gebraucht werden könnte. Manuel Riemann steht aktuell bei vier Gelben Karten, bei der nächsten wäre er für ein Spiel gesperrt. Generell werden die Bochumer in dieser Saison sehr oft verwarnt. Mit 60 Gelben Karten steht der VfL in dieser Statistik aktuell auf Platz eins; Stuttgart als Letzter hat nur 27 kassiert. Neben Riemann sind derzeit auch Matus Bero, Anthony Losilla, Christopher Antwi-Adjei und Erhan Masovic von einer Sperre bedroht.


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(Foto: Marc Niemeyer)

Debatte

VfL-Kolumne: Klassenerhalt gelingt auch ohne Verstärkung

Die VfL-Kolumne ist ein Format auf Tief im Westen – Das VfL-Magazin. Immer zu Wochenbeginn gibt es einen kurzen Kommentar zu einem ausgewählten Thema – zum sportlichen Geschehen an der Castroper Straße oder zum Drumherum. Die Regel: Maximal 1.848 Buchstaben. Das Ziel: Diskussionen anzustoßen. Das Thema heute: Die letzten Tage der Transferperiode.

Es gibt einen Satz, den Sebastian Schindzielorz häufiger verwendet hat. „Die reale Transferwelt ist komplexer als das kicker-Managerspiel“, sagte der ehemalige Geschäftsführer des VfL Bochum gerne, wenn er mit Wünschen der Fans konfrontiert wurde. Was ihn am meisten irritierte: Dass viele Außenstehende oft ausblenden, dass bei Vertragsverhandlungen gleich mehrere Parteien mit am Tisch sitzen: Der Spieler, sein Berater, der abgebende Verein. Sie alle haben konkrete Vorstellungen, die nicht immer zu den Wünschen und Möglichkeiten des VfL Bochum passen. Oftmals gibt es auch Nebenbuhler.

Klar ist: Die allermeisten Anhänger gieren nach Neuzugängen. Nie ist ihr Team gut genug. Dass auch der aktuelle Kader des VfL Bochum Schwachstellen hat, ist unbestritten. Es fehlt ein dynamischer Angreifer für die Außenposition, ebenso ein torgefährlicher Mittelstürmer. Der VfL hat offen kommuniziert, zumindest noch einen Ersatz für Takuma Asano verpflichten zu wollen, weil dieser wohl länger beim Asien-Cup weilt – und seine Zukunft beim VfL über den Sommer hinaus ohnehin sehr ungewiss ist. Diese Ankündigung weckt naturgemäß Erwartungen, und setzt die Verantwortlichen unter Zugzwang. Denn sie ist mit der Erkenntnis verbunden, dass der Kader nicht optimal aufgestellt ist.

Bemüht hat sich der VfL in den vergangenen Wochen um verschiedene Kandidaten. Doch irgendwas oder irgendwer kam immer dazwischen. In einem Fall zum Beispiel war sich der VfL bereits mit einem Spieler einig, doch der erhielt keine Freigabe von seinem Klub. Ob tatsächlich noch jemand verpflichtet wird bis zum Transferschluss am Donnerstagabend, bleibt abzuwarten. Die Verantwortlichen suchen ja auch nicht irgendwen, sondern eine echte Verstärkung – und die ist nur in einem höheren Regalfach zu finden. Das aber ist im Winter entweder mit nur wenigen Kandidaten bestückt, oder selbst auf Zehenspitzen nicht zu erreichen, sprich: Die Spieler sind zu teuer. Die Frage ist ohnehin: Hängt der Klassenerhalt wirklich davon ab, ob der VfL noch einen neuen Angreifer holt oder nicht? Vermutlich nicht. Auch ohne Mister X steht der VfL derzeit acht Punkte vor dem Relegationsplatz.


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