2:2 gegen Mainz

„Ich könnte heulen“: Über dieser VfL-Saison liegt noch kein Segen

Die Arme waren schon fast in die Höhe gereckt, um über den ersten Saisonsieg zu jubeln, als der Mainzer Tom Krauß mitten ins Bochumer Fußball-Herz traf. Die Hände beim VfL gingen trotzdem nach oben – um sich fassungslos an den Kopf zu packen. Bis zur fünften Minute der Nachspielzeit lag der VfL in Führung, die drei Punkte im Kellerduell waren zum Greifen nah. Doch dann, nach der allerletzten Aktion, waren zwei davon plötzlich wieder verschwunden. „Ich könnte heulen“, sagte Keven Schlotterbeck nach dem 2:2, und war mit diesem Gefühl sicher nicht allein. Stimmungskiller statt Brustlöser – im Stadion wurde es binnen weniger Augenblick mucksmäuschenstill. 

Weiter ohne Sieg

Der Schock sitzt tief, und die Lage beim VfL Bochum bleibt durchaus prekär. Der erhoffte Befreiungsschlag gegen den Tabellennachbarn ist am Freitagabend ausgeblieben. Neun Spiele sind in der Bundesliga-Saison nun absolviert, fünf Punkte hat der Revierklub auf dem Konto – aber noch keinen Sieg eingefahren. „Mit Unentschieden kommst du nicht vorwärts“, weiß nicht nur Trainer Thomas Letsch. Und die Anschlussfrage ist naheliegend: Gegen wen will der VfL gewinnen, wenn nicht gegen harmlose und ebenfalls noch sieglose Mainzer? „Wenn wir so weiterspielen, dann werden wir noch genügend Punkte holen“, ist sich Kevin Stöger sicher.

Der Mittelfeldspieler erzielte vom Elfmeterpunkt das 1:0, nachdem der Video-Assistent eingegriffen hatte und ein Foul an Schlotterbeck im Strafraum erkannte. Bochums Innenverteidiger blieb im Mittelpunkt des Geschehens: Erst lenkte er den Ball unglücklich zum 1:1 ins eigene Tor, in der Schlussphase erzielte Schlotterbeck dann aber das vielumjubelte 2:1. Zum Sieg gereicht hat es nicht. „Wir haben über weite Strecken ein gutes Spiel gemacht“, meinte der Torschütze später in den Katakomben. „Aber ich habe das Gefühl, der Fußballgott sah zu uns herunter und dachte sich: Die machen wir heute noch kaputt.“ Aktuell scheint (noch) kein Segen über der VfL-Saison zu liegen.

Kaum Torgefahr

Aber ist es nur fehlendes Spielglück? „Sicher nicht“, betonte auch Schlotterbeck. Bislang hat der VfL weder die Gegentorflut noch das Offensivproblem in den Griff bekommen. Das Torverhältnis von 8:23 nach neun Spielen ist der beste Beweis dafür. Während es in der Defensive immerhin erfreuliche Tendenzen gibt – beginnend mit dem Spiel in Leipzig – ist eine Weiterentwicklung in der Vorwärtsbewegung kaum bis gar nicht zu erkennen. Aus dem Spiel heraus gelangen dem VfL gegen Mainz nur wenige Torchancen, fast keine davon war das Ergebnis eines ansehnlichen Spielzugs. Die „feine Klinge“ sei in dieser Situation, in der der VfL steckt, ohnehin nicht zu erwarten, erklärte Letsch.

Der Trainer sah gegen Mainz mit fortschreitender Spieldauer eine schlechter werdende Leistung. „Wir haben das Spiel in den ersten 35 Minuten mit und gegen den Ball kontrolliert“, analysierte Letsch. „Wir haben bis zum Ende praktisch nichts zugelassen, aber die Kontrolle mit dem Ball haben wir in der zweiten Halbzeit verloren.“ Zwei abgefälschte Schüsse der Gäste fanden schließlich den Ball ins Bochumer Tor, jeweils nach schlecht verteidigten Standardsituationen. Zusätzlich bitter: Der VfL hat nicht nur zwei Punkte verloren, sondern auch Ivan Ordets. Der Abwehrchef hatte schon früh in der Partie mit muskulären Problemen zu kämpfen und musste den Platz verlassen.

Ordets verletzt

„Es wäre ein Wunder, wenn er im nächsten Spiel schon wieder auf dem Platz stünde“, sagte Letsch nach der Partie, ohne schon eine genauere Diagnose nennen zu können. Ärgerlich: Eine Auswechslung von Ordets war schon angedacht, bevor er sich im einem Zweikampf um den Ball folgenschwer verletzte und nicht mehr weiterlaufen konnte. Auch Keven Schlotterbeck klagte gegen Ende des Spiels über Schmerzen im Oberschenkel, und mit Erhan Masovic verletzte sich ein dritter Innenverteidiger am Ellbogen. Viel Zeit, die vielen Wunden zu lecken, auch mental, bleibt indes nicht. Am kommenden Freitag in Darmstadt steht das nächste Kellerduell bevor.

Fraglich ist, ob Letsch dort erneut den Spielern vertraut, die er eigens für das Spiel gegen Mainz in die Startelf beordert hat. Erstmals in dieser Saison begann Philipp Förster, erstmals überhaupt in der Bundesliga startete Moritz Broschinski. Glänzten konnten sie nicht. Die Suche nach dem passenden Mittelstürmer und seinen Nebenleuten geht somit weiter. Philipp Hofmann sammelte nach seiner Einwechslung durchaus Pluspunkte; Goncalo Paciencia, der in Freiburg traf und trotzdem zunächst nur auf der Bank Platz nahm, war kein Aktivposten. Moritz Kwarteng, diesmal immerhin im Kader, und Christopher Antwi-Adjej blieb ein Einsatz verwehrt. Sie sahen nur zu, bis zum bitteren Ende.


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(Foto: Imago / RHR-Foto)

Meinung

VfL-Kolumne: Bochumer Stadionfrage erfordert Weitsicht

Die VfL-Kolumne ist ein neues Format auf Tief im Westen – Das VfL-Magazin. Immer zu Wochenbeginn gibt es einen kurzen Kommentar zu einem ausgewählten Thema – zum sportlichen Geschehen an der Castroper Straße, oder gerne auch zum Drumherum. Die Regel: Maximal 1.848 Buchstaben. Das Ziel: Diskussionen anzustoßen. Das Thema heute: Ein möglicher Neu- oder Umbau des Stadions.

Was wohl die Mitarbeiter im Bochumer Tierheim gedacht haben, als sie am Freitag aus der WAZ erfuhren, dass ihr Heiligtum möglicherweise einem neuen Fußballstadion weichen muss? Zwischen Kläranlage, Autobahn und der Stadtgrenze zu Witten könnte angeblich eine neue Spielstätte entstehen.

Zieht der VfL wirklich raus auf die grüne Wiese? Kein Fan denkt gerne darüber nach. Doch die Frage kommt nun zwangsläufig auf den Tisch. Weil der VfL mit dem Ruhrstadion schon jetzt der Konkurrenz hinterherhinkt. Die Spielstätte ist zu klein und an mehreren Stellen renovierungsbedürftig. Zugleich ist sie aber auch ein Aushängeschild des Klubs, identitätsstiftend mit ihrer Architektur und der einzigartigen Lage. Das Herz des VfL schlägt an der Castroper Straße.

Der Verein befindet sich im Dilemma, denn eine perfekte Lösung wird es nicht geben, sofern die charmanteste Option – ein Neubau auf dem jetzigen Gelände – nicht doch noch irgendwie möglich ist. Ein Neubau im Südosten der Stadt wäre (zu) teuer und den Fans kaum zu vermitteln. Ein Ausbau des Ruhrstadions wiederum wäre womöglich nicht ausreichend, denn die Möglichkeiten an Ort und Stelle sind stark begrenzt. Fest steht einzig: Beim Status Quo wird es nicht bleiben. Das möchte weder die Vereins- noch die Stadtspitze.

Uns steht eine komplizierte Debatte bevor, bei der es an den Verantwortlichen von Stadt und Verein liegen wird, diese zu versachlichen – anderenfalls ist eine ähnliche Spaltung wie bei der Ausgliederung zu befürchten. Dass es jetzt schon VfL-Fans gibt, die anhand eines einzigen Medienberichts eine klare Tendenz entwickelt haben, ist emotional nachvollziehbar, bringt den Klub aber nicht weiter. Zu komplex ist die Situation, zu facettenreich die ungeklärten Fragen, die vom Baurecht über die Statik bis hin zur Wirtschaftlichkeit reichen – böse Überraschungen nicht ausgeschlossen.

Klar ist nur: Die Wahl, die zu treffen ist, ist eine historische, eine für Jahrzehnte und nicht nur für wenige Jahre. Die Stadt wird nur einmal so viel Geld investieren. Eine Entscheidung also, die Weitsicht erfordert. Und die – so oder so – nicht nur Vorzüge haben wird.

Ein ausführlicher Bericht zum aktuellen Sachstand in der Stadionfrage folgt in Kürze!


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(Foto: Marc Niemeyer)

Personalie

Gamboa verlängert: Volksnah, Vorbild und Vize-Kapitän

Unfreiwillig stand Cristian Gamboa am vergangenen Wochenende im Blickpunkt der Fußball-Öffentlichkeit. Das rüde Foul von Freiburgs Vincenzo Grifo, das keine Rote Karte nach sich zog, war Gegenstand zahlreicher Diskussionen. Längst hat auch der DFB eingesehen, dass ein Platzverweis die einzig richtige Entscheidung gewesen wäre. Doch viel wichtiger ist, dass der gefoulte Spieler ohne gesundheitliche Folgen aus der Szene herausgekommen ist. Denn Cristian Gamboa hat in dieser Woche gleich doppelten Grund zu feiern, und all das im Krankenbett zu erleben, hätte dem stets fröhlichen Fußballer und Familienvater sicher nicht in den Kram gepasst. Am Dienstag vollendete Gamboa das 34. Lebensjahr, am Mittwoch unterzeichnete der Costa-Ricaner einen neuen Vertrag beim VfL Bochum. Der rechte Außenverteidiger ist nun bis 2025 an den Klub gebunden.

Zurück in der Startelf

„Meine Familie und ich haben unser Zuhause gefunden“, schreibt Gamboa auf seinem Instagram-Kanal. Seit 2019 trägt er das Trikot des VfL Bochum, und geht es nach den Wünschen des Spielers, soll das bis zum Karriereende auch so bleiben. „Ich bin sehr froh und glücklich, dass der VfL mir ein neues Angebot unterbreitet hat“, betont der Publikumsliebling. „Der Verein ist mir ans Herz gewachsen, die Mannschaft, die Fans, das Stadion, die Angestellten, die Stadt Bochum. Gemeinsam wollen und werden wir es schaffen, am Ende der Saison wieder den Klassenerhalt zu feiern. Dafür werde ich alles geben, dafür wird die Mannschaft alles tun.“ 112 Pflichtspiele hat Gamboa für die Blau-Weißen bereits absolviert, darunter 47 in der Bundesliga. Nachdem er seinen Stammplatz zu Saisonbeginn zunächst verloren hatte, gehörte Gamboa zuletzt in Leipzig und Freiburg wieder zur Startelf.

Konkurrent von Passlack

Auch in der kommenden Partie gegen Mainz dürfte Gamboa zunächst im Team bleiben. Die Frage ist nur: Wie planen die VfL-Verantwortlichen in der Zukunft mit dem viertältesten Spieler im Kader? Der 34-Jährige ist bekannt für seine kompromisslose Abwehrarbeit, sein hohes Tempo und bedingungslosen Einsatz; Gamboa agiert zweifellos noch auf Bundesliga-Niveau. Doch seine gelegentlichen Schwächen beim Stellungsspiel und Zweikampf-Timing sowie im Vorwärtsgang sind ebenfalls bekannt. Jüngst in Leipzig machte Gamboa vor dem ersten Elfer einen fast folgenreichen Fehler, in Freiburg verhinderte er die Hereingabe vor dem Ausgleichstreffer nicht – obgleich beide Auftritte insgesamt ordentlich waren. Gamboa wird sein Niveau mindestens halten und Positionskollege Felix Passlack sich deutlich steigern müssen, damit der VfL auf der rechten Abwehrseite gut aufgestellt bleibt.

Bochumer Musterprofi

Aus emotionaler Sicht gibt es ohnehin keine Zweifel an der Sinnhaftigkeit der Vertragsausdehnung. Gamboa steht für Volksnähe im Bochumer Sinne, für die Anhänger hat er stets ein Lächeln auf den Lippen. Darüber hinaus pflegt er mit seiner Spielweise die oft zitierten Bochumer Tugenden. Gamboa gibt immer alles – und nie auf. „Gambo ist ein absoluter Musterprofi“, sagt VfL-Sportdirektor Marc Lettau. „An ihm können sich unsere jüngeren Spieler orientieren, auch was den Einsatz im Training angeht, denn auf dem Platz kennt er nur Vollgas.“ Innerhalb der Kabine haben die Worte von Gamboa längst Gewicht, vor allem aber ist er mit seiner positiven Art in schwierigen Zeiten ein wichtiger Motivator. Nicht ohne Grund wählten ihn die Teamkollegen im Sommer gemeinsam mit Kevin Stöger zum Vize-Kapitän. Dank der Vertragsverlängerung ist nun auch eine Wiederwahl möglich.


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(Foto: Marc Niemeyer)

2:1 in Darmstadt

Erster VfL-Sieg: Großer Jubel und dennoch kritische Töne

Bochums brasilianischer Linksverteidiger Bernardo musste einige Sekunden überlegen, bevor er sagen konnte, warum der VfL das Kellerduell in Darmstadt mit 2:1 gewann. „Das ist eine gute Frage“, antwortete der Neuzugang zunächst, um dann einen Erklärungsansatz zu liefern: „Ich glaube, wir haben etwas mehr für diesen Sieg investiert. Und wir hatten Takuma Asano.“ Der Japaner schnürte seinen zweiten Doppelpack in dieser Saison und zeigte eine beeindruckende Effizienz: Zwei Chancen, zwei Tore – für drei ganz wichtige Punkte.

Der Jubel im Bochumer Lager war selbstverständlich groß, vor allem bei den Spielern und den knapp 1.700 mitgereisten Fans, die am Freitagabend den ersten Pflichtspielsieg seit Ende Mai ausgiebig feierten. Lange mussten sie darauf warten. Die Verantwortlichen schalteten hingegen schnell in den Analyse-Modus. Noch auf dem Spielfeld diskutierten Sport-Geschäftsführer Patrick Fabian, Sportdirektor Marc Lettau und Torhüter Manuel Riemann teils gestenreich über die dargebotene Leistung, mehr als eine Viertelstunde lang. 

Lettau erwartet mehr

„Die Erleichterung ist spürbar, wir freuen uns natürlich sehr“, sagte Lettau kurz danach im Interview. Doch Bochums Sportdirektor schlug auch selbstkritische Töne an: „Es ist nicht so, dass wir jetzt total euphorisch aus diesem Spiel herausgehen. Es war ein eher glücklicher Sieg. Wir wissen, dass wir uns dringlichst steigern müssen, denn mit einer derartigen Spielleistung werden wir in dieser Saison nicht mehr allzu viele Punkte holen.“ Lettau hob beispielhaft die vielen Fehlpässe nach Balleroberungen hervor.

Kombinationen mit Erinnerungswert oder Szenen, die das Publikum hätten mitreißen können, blieben über 90 Minuten Mangelware. Die Zuschauer am Darmstädter Böllenfalltor sahen ein äußerst schwaches Bundesligaspiel. Trainer Thomas Letsch interessierte sich dafür in der Stunde nach dem Spiel hingegen kaum. „Ob das jetzt Fußball a la Manchester City war oder eher einem Zweitligaspiel gleichkam, ist heute Abend nicht das Thema. Wenn wir so fighten, dann werden wir unsere Punkte und Siege auch holen.“

Asano trifft doppelt

Der Fußballlehrer verwies unter anderem auf die stabile Abwehrarbeit im zweiten Durchgang, als der VfL im Gegensatz zur ersten Halbzeit kaum noch eine gegnerische Torchance zuließ. „Wir waren in den ersten zehn Minuten überhaupt nicht im Spiel“, sah auch Letsch anfangs Probleme, als seine Mannschaft Glück hatte, nicht in Rückstand zu geraten. Erst mit dem 1:0 durch Asano übernahmen die Bochumer ein wenig die Kontrolle, ohne aber zu weiteren Torchancen oder Strafraumaktionen zu kommen.

Die Folge: Darmstadt erzielte noch vor der Pause den Ausgleich, als dem VfL bei einer Hereingabe sowohl die Ordnung als auch der Zugriff fehlten. Weil Asano aber noch einmal traf und der VfL nach einer Roten Karte gegen Darmstadts Fabian Holland in Überzahl spielte, kamen die Bochumer ihrem ersten Saisonsieg immer näher. „Die letzten Spielminuten haben mich schon mitgenommen, gerade nach der bitteren Erfahrung gegen Mainz“, berichtete Letsch, der sich nach dem Schlusspfiff zunächst nur nach innen freute. 

Plötzlich mit Viererkette

Ist der berühmte Knoten nun also geplatzt? Kehrt beim VfL Bochum vor dem Heimspiel gegen Schlusslicht Köln plötzlich die Leichtigkeit zurück? So schnell wohl eher nicht, vor allem weil der Trainer weiter seine optimale Formation und das dafür passende Personal sucht. Letsch überraschte in Darmstadt mit einer Rückkehr zum 4-3-3-System aus der Vorsaison. Doch den ersten Sieg allein damit in Verbindung zu bringen, würde wie so oft zu kurz greifen. Zumal Letsch am Ende wieder auf eine Fünferreihe umgestellt hat.

Außenverteidiger Bernardo gab beispielsweise offen zu, dass er zu Spielbeginn Probleme mit der neuen taktischen Vorgabe hatte, dann aber immer besser ins Spiel fand. Und weiter vorne? In der offensiven Dreierreihe überzeugte einzig Asano. Moritz Broschinski, der als Außenstürmer begann, enttäuschte dagegen auf ganzer Linie. Ein Lichtblick immerhin: Moritz Kwarteng zeigte nach seiner Einwechslung, dass er mit seiner Ballbehandlung für das Bochumer Angriffsspiel eine Bereicherung sein könnte.


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(Foto: Imago / Jan Huebner)

Momentaufnahme

Bochum weiter sieglos: Vier Kellerduelle weisen die Richtung

Es gibt einen Spieler beim VfL Bochum, der bei der vehementen Schiedsrichter-Kritik nach der Partie in Freiburg nicht mitmachen wollte. Torschütze Goncalo Paciencia, der elegant und sogar mit seinem schwächeren linken Fuß die 1:0-Führung erzielte hatte, lenkte den Fokus lieber auf die eigene Leistung. „Wir machen Fehler, und die Schiedsrichter machen auch Fehler. Wichtig ist, dass wir uns auf unser eigenes Spiel konzentrieren“, sagte der Angreifer. Paciencia stand zum zweiten Mal in der Startelf und bejubelte nach einer Viertelstunde seinen Premierentreffer im Trikot des VfL. „Aber am Ende hat es nicht gereicht“, stellte der Portugiese im Kabinentrakt fest. Die Bochumer kassierten ihre vierte Saisonniederlage und bleiben weiter sieglos.

Abschlussqaulität weiter mangelhaft

Der Ergebnis-Trend ist durchaus besorgniserregend: Von den vergangenen 18 Pflichtspielen hat der VfL nur zwei gewonnen: die Heimspiele gegen Augsburg und Leverkusen im Mai. Selbst in den Testspielen gab es kaum Erfolgserlebnisse. Aktuell steht der Revierklub mit vier Punkten auf Rang 17, nur der kommende Gegner aus Mainz ist noch schlechter platziert. „Das Auftaktprogramm war anspruchsvoll“, betonte Trainer Thomas Letsch bereits vor dem Duell in Freiburg. „Ich habe gehofft, dass wir mehr Punkte holen und gedacht, dass wir schon einen kleinen Schritt weiter sind“, sagte er in einem Interview bei Sky. Die Leistungsschwankungen waren zu groß, in mindestens drei Partien war der VfL hoffnungslos unterlegen.

In Freiburg war das nicht der Fall. Die Bochumer erwischten einen guten Start, ließen hinten kaum etwas anbrennen und gingen früh in Führung. Dann aber wurde das Team von Thomas Letsch immer passiver, der VfL nutzte die durchaus vorhandenen Lücken in der Freiburger Defensive nicht mehr aus. Folgerichtig fiel der Ausgleich durch Ritsu Doan. Kein Bochumer störte und klärte konsequent, die Strafraumverteidigung war mangelhaft. Nach einem umstrittenen Handelfmeter und der Freiburger Führung mühte sich der VfL in der zweiten Hälfte nach Kräften und setzte in der Offensive durchaus Akzente, ließ aber erneut eine bundesligataugliche Abschlussqualität vermissen. „Wir geben uns Mühe, aber stehen wieder ohne Punkte da“, stellte Kapitän Anthony Losilla fest.

Bezeichnend: Christopher Antwi-Adjei, der für Patrick Osterhage in die Startelf gerückt war und in einer leicht veränderten Grundordnung das Umschaltspiel verbessern sollte, tauchte in der zweiten Halbzeit frei vor Noah Atubolu auf, doch Freiburgs Keeper ging als Sieger aus dem persönlichen Duell hervor. Dass Thomas Letsch in der zweiten Halbzeit vier frische Offensivkräfte gebracht hatte, machte sich kaum bemerkbar. Was verwunderte: Bochums Coach verzichtete freiwillig auf Moritz Kwarteng, immerhin Bochums teuerster Neuzugang vor der Saison. „Ich habe den Eindruck, dass er noch nicht bei 100 Prozent ist. Und unser Kader gibt in diesem Jahr mehr Möglichkeiten her“, begründete Letsch diese Entscheidung auf Nachfrage von Tief im Westen – Das VfL-Magazin.  

Am Freitag gegen Schlusslicht Mainz

Diese Kaderqualität muss nun aber auch in den Ergebnissen sichtbar werden. Nachdem der VfL zu Saisonbeginn auf zahlreiche Teams aus der oberen Tabellenhälfte getroffen ist, stehen bis Ende November vier Duelle gegen Mannschaften aus der Abstiegszone auf dem Programm: Zu Hause gegen Mainz und Köln sowie auswärts in Darmstadt und Heidenheim. Richtungsweisende Wochen also, die der VfL nutzen sollte, um die noch anhaltende Euphorie im Umfeld aufrechtzuerhalten und sich im Kampf um den Klassenerhalt eine solide Ausgangsposition zu erarbeiten. Vielleicht dient ja die vergangene Saison als Vorlage. Da gelang am neunten Spieltag der erste Sieg. Gegen Mainz am kommenden Freitag müsste es also wieder so weit sein.


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Statistik

Bochum in bester Gesellschaft: Kellerkinder so schlecht wie nie

Die Datenredaktion des kicker-Sportmagazins förderte in der vergangenen Woche Spannendes zutage. Denn ganz offensichtlich gibt es in dieser Saison eine Zwei-Klassen-Gesellschaft in der Bundesliga, die sich mit Zahlenmaterial belegen lässt. So haben die neun Teams, die aktuell in der oberen Tabellenhälfte stehen, nur ein einziges Spiel gegen eine Mannschaft aus der unteren Hälfte verloren. Das ist überaus bemerkenswert, schließlich fanden bereits 43 Spiele zwischen Mannschaften aus der oberen und unteren Tabellenhälfte statt. Die Zwischenbilanz: 36 Siege für die Teams von oben, sechs Remis und eine erschreckend hohe Tordifferenz von 116:27. Aus Bochumer Sicht gibt es immerhin einen Lichtblick: Drei der erwähnten sechs Unentschieden errang der VfL – mit seinem 1:1 gegen Dortmund, dem 1:1 gegen Frankfurt und dem 0:0 in Leipzig. Der große Graben in der Liga bleibt dennoch.

Bochumer Negativrekord

Dass die unteren sechs Mannschaften nach neun Spieltagen insgesamt nur 32 Punkte erspielt haben, ist ebenfalls ein Negativrekord. Wobei längst ein Trend zu erkennen ist: In den vergangenen zehn Jahren hatten insgesamt zwölf Teams zu diesem Zeitpunkt der Saison noch keinen Sieg auf dem Konto – was in dieser Spielzeit auch beim VfL Bochum und Mainz der Fall ist. In den 50 Bundesliga-Jahren vor 2013 kam es hingegen nur ein einziges Mal vor, dass nach dem neunten Spieltag noch zwei Mannschaften sieglos waren. Auch der VfL stellt gerade einen eigenen Vereins-Negativrekord auf. Dass er in sein zehntes Saisonspiel geht, ohne davor gewonnen zu haben, gab es seit Beginn der Datenerfassung noch nie. Was Hoffnung für die Partie in Darmstadt macht: Der VfL hat in dieser Saison mehr Spiele mit einem Punkt beendet als mit einer Niederlage; fünf Unentschieden stehen vier punktlosen Partien gegenüber.

Torverhältnis identisch

Damit haben die Bochumer schon jetzt genauso viele Unentschieden eingefahren wie in der gesamten letzten Saison. Was trotzdem exakt gleich ist: Das Torverhältnis. Acht Tore und 23 Gegentore standen auch im Herbst 2022 zu Buche. Allerdings rangierte der VfL da mit einem Punkt weniger auf dem letzten Tabellenplatz. Nun ist es Rang 16 mit nur vier Punkten Rückstand auf Platz elf. Um diesen aufzuholen, wird der VfL im Gegensatz zum vergangenen Jahr aber vor allem die direkten Duelle gegen die beiden Aufsteiger erfolgreicher gestalten müssen. Aus den beiden Spielen gegen Schalke und Bremen holten die Bochumer keinen einzigen Punkt. Passiert das auch in diesem Jahr, dürfte sich der Revierklub im Monat November kaum vom Fleck bewegen. Denn nach dem Auftritt an diesem Freitagabend in Darmstadt und dem Duell gegen Köln folgt das Gastspiel in Heidenheim.

Stammkräfte fehlen

Klar ist schon jetzt: Diese drei Pflichtspiele wird der VfL Bochum ohne Ivan Ordets bestreiten müssen. Der Abwehrchef des Bundesligisten hat sich nach Vereinsangaben im Heimspiel gegen Mainz eine „schwere Muskelverletzung“ zugezogen. Wie lange Ordets genau ausfallen wird, sei „aktuell noch nicht abzuschätzen“, schrieb Sportdirektor Marc Lettau auf Anfrage von Tief im Westen – Das VfL-Magazin, „in jedem Fall mehrere Wochen.“ Ordets ist damit der bereits zweite unumstrittene Stammspieler, der entscheidende Teile der Hinrunde verletzungsbedingt verpassen wird. Auch Mittelfeldspieler Matus Bero fällt weiterhin aus. Der Neuzugang, der im Spielsystem von Trainer Letsch eine zentrale Rolle einnehmen sollte, absolviert knapp vier Wochen nach seinem Innenbandanriss immerhin schon wieder ein Aufbauprogramm im Kraftraum. Wann er auf den Fußballplatz zurückkehren wird, ob ist allerdings noch offen.


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Niederlage in Freiburg

VfL-Ärger über Schiri: „Wenn das nicht Rot ist, was dann?“ 

Der Sünder zeigte durchaus Reue. Freiburgs Vincenzo Grifo wurde von den Fans des Sportclubs für seinen verwandelten und am Ende spielentscheidenden Elfmeter gefeiert – doch eigentlich hätte der Publikumsliebling zu diesem Zeitpunkt gar nicht mehr auf dem Platz stehen dürfen. Sein Einsteigen gegen Cristian Gamboa eine Viertelstunde zuvor zog allerdings nur eine Gelbe Karte nach sich – zu wenig, gab Grifo nach dem Schlusspfiff sogar offen zu: „Ich bin froh, dass mich der Schiedsrichter nicht vom Platz gestellt hat. Ich will den Ball treffen, erwische aber den Knöchel.“ Der Video-Assistent verzichtete auf eine Korrektur. Grifo durfte trotz des rüden Fouls mit offener Sohle und hoher Dynamik weitermachen und hatte in der Folge großen Anteil am 2:1-Erfolg aus Freiburger Sicht. „Das ist ein Witz“, echauffierte sich nicht nur VfL-Geschäftsführer Patrick Fabian.

Fabian extrem verärgert

Der Ärger über die Schiedsrichter-Leistung dominierte an diesem Samstagnachmittag die Gespräche und Gefühle beim VfL Bochum. „Ich habe dem Schiedsrichter gesagt, das ist eine Rote Karte“, berichtete Gamboa, dessen Fuß in der Szene zwar deutlich umgeknickt war, der aber zum Glück unverletzt weitermachen konnte. Allerdings soll das ein Mitgrund dafür gewesen sein, warum Tobias Reichel die Ampelkarte stecken ließ. „Er hat gesagt, dass das Bein von Grifo nah am Boden ist, er die Absicht hat, den Ball zu spielen und dass sich Gamboa ja nicht verletzt hat“, erklärte Fabian die Sichtweise des Unparteiischen. Bochums Sportchef war unmittelbar nach dem Spiel in die Schiedsrichterkabine gelaufen, um die Szene zu besprechen. Doch die Antwort beruhigte ihn keineswegs, im Gegenteil. „Wenn das keine Rote Karte ist, was dann? Es kann doch nicht sein, dass der Spieler einen gebrochenen Fuß haben muss, damit es Rot gibt.“ 

Fabian holte zur Grundsatzkritik aus und bezog dabei auch die Elfmeter-Entscheidung mit ein. VfL-Verteidiger Bernardo soll ein regelwidriges Handspiel begangen haben – doch beim Brasilianer bestand keine erkennbare Absicht, die Distanz zum Schützen war extrem kurz und der Spieler zog den Arm sogar noch zurück. Einzig: Er blockte einen Schuss aufs Bochumer Tor. „Ich habe das Gefühl, dass in vielen Situationen gegen uns entschieden wird. Ich weiß nicht, ob es daran liegt, dass wir nur der VfL Bochum sind. Ich habe jedenfalls kein Verständnis dafür und finde, dass wir das mal thematisieren müssen“, sagte Fabian, der Zustimmung von seinen Spielern erhielt. „In der Regelschulung vor der Saison wurde uns erklärt, dass ein solches Foul, wie das von Grifo an Gamboa, eine Rote Karte zur Folge hat. Und dann bekommt er doch nur Gelb“, ärgerte sich Anthony Losilla. „Es gibt einfach keine Konstanz.“

Losilla erinnerte sich wahrscheinlich an eine vergleichbare Szene aus der vergangenen Saison zurück. Da sah der 37-Jährige – kurioserweise auch gegen Freiburg – für ein ähnliches Vergehen die Rote Karte. Auch Konstantinos Stafylidis flog ein knappes Jahr zuvor nach einem überharten Einsteigen vom Platz, ebenfalls gegen den Sportclub. „Ich verstehe nicht, warum sich die Schiedsrichter die Szenen nicht anschauen. Es gibt doch die Möglichkeiten dafür“, kritisierte Losilla auch den Video-Assistenten, der Tobias Reichel offenbar kein Signal gab, zum am Spielrand aufgestellten Monitor zu laufen. Was die Spieler und Verantwortlichen generell ärgert, ist die Diskrepanz in der Vorgehensweise. Normalerweise sollen nur klare Fehlentscheidungen korrigiert werden, des Öfteren geht es aber auch um die bessere Entscheidung. An diesem Wochenende führte beides nicht zum Check.

DFB-Sprecher erklärt Entscheidung

Schiedsrichter Reichel stand unmittelbar nach dem Spiel übrigens nicht als Gesprächspartner zur Verfügung, um seine Regelauslegung zu erläutern. Via Sky äußerte sich lediglich Alex Feuerherdt, der beim DFB als Sprecher der Schiedsrichter arbeitet. Feuerherdt verteidigte die Entscheidung von Reichel, betonte aber auch, dass es sowohl Argumente für eine Gelbe als auch für eine Rote Karte gab. Deshalb habe der Video-Assistenr auch nicht eingegriffen. „Intensität und Dynamik sprechen für eine Rote Karte, das Trefferbild dagegen spricht für Gelb. Grifo trifft nur die Fußseite und den Schuhrand, nicht den Knöchel“, erklärte Feuerherdt. Hätte er nach dem Spiel allerdings einen Blick auf den rechten Knöchel von Gamboa werfen können, dann hätte er flugs zurückrudern müssen. Ein Stollenabdruck war klar erkennbar. 

Am Sonntag meldete sich dann auch Schiedsrichter-Chef Lutz Michael Fröhlich zu Wort. Auf eine Anfrage des kicker-Sportmagazins gab Fröhlich eine Fehlentscheidung zu: „Wenn wir von einer klaren und nachvollziehbaren Regelauslegung sprechen, dann ist das ein Foul, welches die Gesundheit des Gegners gefährdet. Dafür ist ein Feldverweis vorgesehen.“ Wie es besser laufen kann, zeigte Deniz Aytekin prompt im Bundesliga-Sonntagsspiel zwischen Köln und Mönchengladbach. Nach einem vergleichbaren und sogar fast identischen Foul von Manu Kone zeigte der Unparteiische zunächst nur die Gelbe Karte. Auf Anraten des VAR überprüfte Aytekin die Szene aber am Bildschirm, korrigierte seine Entscheidung und zückte die Rote Karte. Dem VfL hilft das nicht mehr, aber auch in Bochum hoffen sie auf einen Lerneffekt in der Schiedsrichtergilde.


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