Niederlage in Freiburg

VfL-Ärger über Schiri: „Wenn das nicht Rot ist, was dann?“ 

Der Sünder zeigte durchaus Reue. Freiburgs Vincenzo Grifo wurde von den Fans des Sportclubs für seinen verwandelten und am Ende spielentscheidenden Elfmeter gefeiert – doch eigentlich hätte der Publikumsliebling zu diesem Zeitpunkt gar nicht mehr auf dem Platz stehen dürfen. Sein Einsteigen gegen Cristian Gamboa eine Viertelstunde zuvor zog allerdings nur eine Gelbe Karte nach sich – zu wenig, gab Grifo nach dem Schlusspfiff sogar offen zu: „Ich bin froh, dass mich der Schiedsrichter nicht vom Platz gestellt hat. Ich will den Ball treffen, erwische aber den Knöchel.“ Der Video-Assistent verzichtete auf eine Korrektur. Grifo durfte trotz des rüden Fouls mit offener Sohle und hoher Dynamik weitermachen und hatte in der Folge großen Anteil am 2:1-Erfolg aus Freiburger Sicht. „Das ist ein Witz“, echauffierte sich nicht nur VfL-Geschäftsführer Patrick Fabian.

Fabian extrem verärgert

Der Ärger über die Schiedsrichter-Leistung dominierte an diesem Samstagnachmittag die Gespräche und Gefühle beim VfL Bochum. „Ich habe dem Schiedsrichter gesagt, das ist eine Rote Karte“, berichtete Gamboa, dessen Fuß in der Szene zwar deutlich umgeknickt war, der aber zum Glück unverletzt weitermachen konnte. Allerdings soll das ein Mitgrund dafür gewesen sein, warum Tobias Reichel die Ampelkarte stecken ließ. „Er hat gesagt, dass das Bein von Grifo nah am Boden ist, er die Absicht hat, den Ball zu spielen und dass sich Gamboa ja nicht verletzt hat“, erklärte Fabian die Sichtweise des Unparteiischen. Bochums Sportchef war unmittelbar nach dem Spiel in die Schiedsrichterkabine gelaufen, um die Szene zu besprechen. Doch die Antwort beruhigte ihn keineswegs, im Gegenteil. „Wenn das keine Rote Karte ist, was dann? Es kann doch nicht sein, dass der Spieler einen gebrochenen Fuß haben muss, damit es Rot gibt.“ 

Fabian holte zur Grundsatzkritik aus und bezog dabei auch die Elfmeter-Entscheidung mit ein. VfL-Verteidiger Bernardo soll ein regelwidriges Handspiel begangen haben – doch beim Brasilianer bestand keine erkennbare Absicht, die Distanz zum Schützen war extrem kurz und der Spieler zog den Arm sogar noch zurück. Einzig: Er blockte einen Schuss aufs Bochumer Tor. „Ich habe das Gefühl, dass in vielen Situationen gegen uns entschieden wird. Ich weiß nicht, ob es daran liegt, dass wir nur der VfL Bochum sind. Ich habe jedenfalls kein Verständnis dafür und finde, dass wir das mal thematisieren müssen“, sagte Fabian, der Zustimmung von seinen Spielern erhielt. „In der Regelschulung vor der Saison wurde uns erklärt, dass ein solches Foul, wie das von Grifo an Gamboa, eine Rote Karte zur Folge hat. Und dann bekommt er doch nur Gelb“, ärgerte sich Anthony Losilla. „Es gibt einfach keine Konstanz.“

Losilla erinnerte sich wahrscheinlich an eine vergleichbare Szene aus der vergangenen Saison zurück. Da sah der 37-Jährige – kurioserweise auch gegen Freiburg – für ein ähnliches Vergehen die Rote Karte. Auch Konstantinos Stafylidis flog ein knappes Jahr zuvor nach einem überharten Einsteigen vom Platz, ebenfalls gegen den Sportclub. „Ich verstehe nicht, warum sich die Schiedsrichter die Szenen nicht anschauen. Es gibt doch die Möglichkeiten dafür“, kritisierte Losilla auch den Video-Assistenten, der Tobias Reichel offenbar kein Signal gab, zum am Spielrand aufgestellten Monitor zu laufen. Was die Spieler und Verantwortlichen generell ärgert, ist die Diskrepanz in der Vorgehensweise. Normalerweise sollen nur klare Fehlentscheidungen korrigiert werden, des Öfteren geht es aber auch um die bessere Entscheidung. An diesem Wochenende führte beides nicht zum Check.

DFB-Sprecher erklärt Entscheidung

Schiedsrichter Reichel stand unmittelbar nach dem Spiel übrigens nicht als Gesprächspartner zur Verfügung, um seine Regelauslegung zu erläutern. Via Sky äußerte sich lediglich Alex Feuerherdt, der beim DFB als Sprecher der Schiedsrichter arbeitet. Feuerherdt verteidigte die Entscheidung von Reichel, betonte aber auch, dass es sowohl Argumente für eine Gelbe als auch für eine Rote Karte gab. Deshalb habe der Video-Assistenr auch nicht eingegriffen. „Intensität und Dynamik sprechen für eine Rote Karte, das Trefferbild dagegen spricht für Gelb. Grifo trifft nur die Fußseite und den Schuhrand, nicht den Knöchel“, erklärte Feuerherdt. Hätte er nach dem Spiel allerdings einen Blick auf den rechten Knöchel von Gamboa werfen können, dann hätte er flugs zurückrudern müssen. Ein Stollenabdruck war klar erkennbar. 

Am Sonntag meldete sich dann auch Schiedsrichter-Chef Lutz Michael Fröhlich zu Wort. Auf eine Anfrage des kicker-Sportmagazins gab Fröhlich eine Fehlentscheidung zu: „Wenn wir von einer klaren und nachvollziehbaren Regelauslegung sprechen, dann ist das ein Foul, welches die Gesundheit des Gegners gefährdet. Dafür ist ein Feldverweis vorgesehen.“ Wie es besser laufen kann, zeigte Deniz Aytekin prompt im Bundesliga-Sonntagsspiel zwischen Köln und Mönchengladbach. Nach einem vergleichbaren und sogar fast identischen Foul von Manu Kone zeigte der Unparteiische zunächst nur die Gelbe Karte. Auf Anraten des VAR überprüfte Aytekin die Szene aber am Bildschirm, korrigierte seine Entscheidung und zückte die Rote Karte. Dem VfL hilft das nicht mehr, aber auch in Bochum hoffen sie auf einen Lerneffekt in der Schiedsrichtergilde.


Ihr wollt das VfL-Magazin einmalig oder dauerhaft unterstützen? Nutzt dafür gerne die unkomplizierte Zahlungsoption via PayPal. Danke, dass ihr Berichterstattung dieser Art auch in Zukunft möglich macht.