1:1 im Derby

Bochum ärgert Dortmund: Auch ohne Sieg gewonnen

Thomas Letsch ist textsicher. Als er nach dem 1:1 gegen Dortmund in Richtung Kabine verschwand, lief Grönemeyers Bochum-Hymne noch einmal über die Stadionlautsprecher – und der Trainer sang mit. Zumindest waren die passenden Liedzeilen klar von seinen Lippen abzulesen. Es war ein Ausdruck von Zufriedenheit. Denn auch ohne Sieg hat der VfL Bochum am Freitagabend gewonnen – vor allem die Herzen seiner Anhänger. „Der Punkt ist glücklich, aber absolut verdient. Den haben wir uns erkämpft, der kann sehr wichtig sein“, sagte Letsch später in der Pressekonferenz. Und bedankte sich bei den Zuschauern, die optisch wie akustisch an ihre Grenzen gingen: Zunächst mit einer Choreografie auf der Osttribüne, anschließend mit etlichen Gesängen, vor allem zu Beginn und am Ende. Letsch zeigte sich beeindruckt: „Für den Klassenerhalt müssen wir alle zusammenhalten. Das habe ich heute gespürt.“ 

Zwei frühe Tore

Ganz sicher auch auf dem Rasen. Die 1:5-Pleite gegen Wolfsburg hatten seine Spieler schon zu Wochenbeginn abgeschüttelt, und legten einen Traumstart hin, der das Ruhrstadion in Ekstase versetzte. Gerade einmal fünf Minuten waren gespielt, als Kapitän Anthony Losilla den Ball geradewegs in den Dortmunder Torwinkel schoss. Doch die Freude währte nur kurz, 120 Sekunden um genau zu sein. Danilo Soares startete ähnlich fehlerhaft wie zuletzt, verschätzte sich bei einem langen Ball und ließ Donyell Malen ziehen. Schließlich verlor auch Cristian Gamboa Torschütze Karim Adeyemi aus den Augen, der Nationalspieler erzielte den Ausgleich. „Es war ein ziemlich wilder Ritt in der ersten Halbzeit, auf beiden Seiten“, analysierte Letsch die ersten 45 Minuten. „Dortmund hat mehr Druck gemacht, hatte mehr Möglichkeiten. Aber auch wir hatten Umschaltmomente.“ Die der VfL aber nicht sauber ausgespielt hat.

Ärger über Schiri

Nach dem Seitenwechsel wurde es zunehmend ein Spiel auf das Bochumer Tor, das der oft kritisierte Manuel Riemann souverän verteidigte. Er und Kevin Stöger stachen aus einer geschlossenen Mannschaftsleistung heraus, kämpferisch überzeugte jeder. „Wir haben Dortmund geärgert“, freute sich auch Torschütze Losilla über den Punkt gegen den Tabellenführer, der sich vor allem über den Unparteiischen echauffierte. Dabei im Mittelpunkt: Ein klares Foul von Soares gegen Adeyemi Mitte der zweiten Halbzeit, über das sich umgekehrt wohl auch jeder Bochumer aufgeregt hätte. Zumal Soares bereits verwarnt war, ein Elfmeter sowie ein Platzverweis wären die Folge gewesen. „Der Schiedsrichter hat das Spiel entschieden“, beschwerte sich Dortmunds Sebastian Kehl und ließ eigene Versäumnisse komplett außer Acht. Differenzierter äußerte sich Edin Terzic: „Für die Schiedsrichter ist es in einem solchen Spiel auch nicht einfach.“

Dank aus München

Doch der BVB-Coach hätte sich einen Eingriff des Video-Assistenten gewünscht: „Es wurde nicht alles dafür getan, dass es in diesem Spiel keine Fehlentscheidungen gibt.“ Thomas Letsch umschiffte Nachfragen zur möglichen Schlüsselszene geschickt, war aber ebenfalls verwundert darüber, dass der VAR nicht eingriff. Glück für Bochum, Pech für Dortmund. Und so könnte sich Geschichte womöglich wiederholen. Vor ziemlich genau 16 Jahren stolperte Schalke auf dem Weg zur Meisterschaft ausgerechnet in Bochum, nun hat auch Dortmund wichtige Punkte beim VfL liegen gelassen. Die Danksagungen aus München ließen nicht lange auf sich warten. Gewohnt diplomatisch wünschte Thomas Letsch den Dortmundern noch „einen spannenden Titelkampf bis zum Schluss“, bevor er in die Nacht verschwand – in der die Hymne der Stadt, passend zum Maiabendfest, sicher noch häufiger erklang.


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(Foto: Marc Niemeyer)