Ob Patrick Osterhage privat gerne Lieder von Herbert Grönemeyer hört, ist nicht überliefert. Die berühmte Bochum-Hymne dürfte er knapp acht Monate nach seiner Vertragsunterschrift beim VfL aber nun kennen – und damit auch die wichtigste Passage. „Machst mit dem Doppelpass, jeden Gegner nass“, singt Grönemeyer über seinen VfL. Und Patrick Osterhage machte beim 4:2-Sieg gegen die Bayern genau das. Mit einem Doppelpass – sogar per Hacke – leitete er das Tor von Cristian Gamboa maßgeblich ein. Auch ansonsten zeigte der 22-Jährige eine starke Leistung, seine beste im VfL-Trikot. Zumindest bis jetzt. Weitere Auftritte dieser Art sollen folgen.
Vorgeschichte war Bochums Chance
Denn Osterhage gilt als Versprechen für die Zukunft, ist fleißig, bodenständig und hochtalentiert. Schon jetzt ist er einer der Shootingstars beim VfL. „Er ist der junge Losilla“, sagt Cheftrainer Thomas Reis und ist sich sicher: „Patrick wird uns noch viel Freude bereiten.“ Sechs Bundesliga-Partien hat er schon absolviert, das Spiel gegen die Bayern war das erste über 90 Minuten. Osterhage präsentierte sich lauffreudig, trat als Balleroberer und Ballverteiler in Erscheinung. Auch das Tor von Gerrit Holtmann bereitete der Ex-Dortmunder vor. Thomas Reis sieht ihn als „Box-to-Box-Spieler“, im aktuellen System auf der Doppel-Acht, ansonsten auch als offensiven Part einer Doppel-Sechs.
Gelernt hat Osterhage all das in der Jugendakademie von Werder Bremen, die er mit 17 Jahren verließ. Der BVB lockte ihn ins Ruhrgebiet. Dort wurde er in der A-Jugend Deutscher Meister, sogar als Kapitän. In der U23 angekommen, geriet seine Entwicklung allerdings ins Stocken. Verletzungen warfen ihn aus der Bahn. Osterhage machte in zwei Jahren nur acht Spiele, keines über die komplette Distanz. Sebastian Schindzielorz schreckte das nicht ab. Schon vor dem Aufstieg klopfte der Geschäftsführer des VfL bei Osterhage an und legte ihm einen Dreijahresvertrag vor. Der Spieler hatte Alternativen, auch die Dortmunder wollten ihn halten – doch Osterhage unterschrieb bei den Nachbarn.
Gelohnt hat sich das für beide Seiten. Der VfL gab ihm die Zeit, in Ruhe fit zu werden. Im Oktober feierte Osterhage sein Bundesliga-Debüt, im Dezember folgte der erste Startelf-Einsatz. „Es lief so, wie wir es uns erhofft haben. Er war im ersten halben Jahr schon weiter als geplant. Wenn man aus der Regionalliga kommt und solch eine Verletzungshistorie hat, ist das nicht einfach“, sagt Thomas Reis. Ohne die Vorgeschichte, da ist sich Manager Schindzielorz sicher, wäre Osterhage gar nicht beim VfL gelandet. Auch die Profitrainer beim BVB hatten ihn schon auf der Liste. Im vergangenen Sommer hat Schindzielorz dann aber die Chance genutzt, mit Osterhage das Bochumer Mittelfeld zu verjüngen.
Möglicher Umbruch im Mittelfeld
Die Gründe dafür sind bekannt: Kapitän Anthony Losilla feiert im März seinen 36. Geburtstag, wird trotz guter Leistungen nicht ewig spielen. Robert Tesche ist 34, seine sportliche Zukunft ist ungewiss. Zudem enden im Sommer die Leihverträge mit Eduard Löwen und Elvis Rexhbecaj, auch Milos Pantovic ist nicht länger an den VfL gebunden. Also dürfte Osterhage in Zukunft immer wichtiger werden. Was sicher auch in seiner Geburtsstadt Göttingen aufmerksam verfolgt wird. Dort kam, wie es der Zufall so will, übrigens auch Herbert Grönemeyer zur Welt. Zur Berühmtheit wurde er aber in Bochum. Vielleicht läuft es bei Patrick Osterhage ja ähnlich. Jeder gelungene Doppelpass hilft ihm dabei.
(Foto: Imago / kolbert-press)