Im Sinne des Klubs verständlich, im Sinne des Sports aber höchst fragwürdig – so ordneten viele VfL-Fans das Vorgehen ihres Lieblingsvereins ein, das am Mittwoch bekannt wurde: Die Bochumer forderten nach dem Spielabbruch gegen Borussia Mönchengladbach vor dem DFB-Sportgericht eine Wiederholung der Partie. Via Bild-Zeitung erklärte VfL-Anwalt Horst Kletke die Gründe dafür: „Der Straftäter hat völlig legal sein Getränk gekauft und der Verein dadurch kein Verschulden an der Straftat. Deshalb muss das Spiel wiederholt werden. Das steht in Paragraph 18, im vierten Punkt der Rechts- und Verfahrensordnung des DFB.”
Darin ist festgelegt: „Wird ein Bundesspiel ohne Verschulden beider Mannschaften vorzeitig abgebrochen, so ist es an demselben Ort zu wiederholen. Trifft eine Mannschaft oder ihren Verein oder beide Vereine ein Verschulden an dem Spielabbruch, ist das Spiel dem oder den Schuldigen mit 0:2-Toren für verloren zu werten.“ In dem 50-seitigen Dokument, das öffentlich einsehbar ist, steht jedoch auch: „Vereine und Tochtergesellschaften sind für das Verhalten ihrer Spieler, Offiziellen, Mitarbeiter, Erfüllungsgehilfen, Mitglieder, Anhänger, Zuschauer und weiterer Personen […] verantwortlich.“
Verein haftet für seine Fans
So hat nun auch das DFB-Sportgericht den Fall bewertet. Am Donnerstag gab es das Urteil: Die Partie wird nicht wiederholt und mit 0:2 gegen die Bochumer gewertet. Stephan Oberholz, der Vorsitzende des DFB-Sportgerichts, erläutert das Urteil wie folgt: „Gemäß der für alle Vereine geltenden Rechts- und Verfahrensordnung des DFB ist das Spiel für den VfL Bochum mit 0:2 als verloren zu werten, da der Verein für seine Zuschauer verantwortlich ist. […] Ein Wiederholungsspiel oder ein Nachspielen der letzten gut 20 Minuten ist daher nicht möglich.“ Der Verein haftet somit für das Fehlverhalten seiner Anhänger.
Über weitere Sanktionen gegen den Klub, also über eine mögliche Geldstrafe oder einen (Teil-)Ausschluss von Zuschauern, wird das DFB-Sportgericht zu einem späteren Zeitpunkt entscheiden. Anfechten will der VfL das Urteil zur Spielwertung übrigens nicht, hieß es am Donnerstagabend in einer wenig gehaltvollen Pressemitteilung. Zur Forderung nach einer Spielwiederholung äußerten sich die Verantwortlichen nur indirekt. Man habe „die Rechte des Klubs im Rahmen des angesetzten sportgerichtlichen Verfahrens zu schützen. Dabei hat der VfL stets betont, angemessene Entscheidungen des DFB zu akzeptieren.“
Unglücklich in der Kommunikation
Dass die Vereinsführung im Kampf um den Klassenerhalt nichts unversucht lässt, ist sicher verständlich, liegt schließlich auch in ihrer Verantwortung. Nur: Öffentlich vorgetragene und wenig realistische Forderungen können dem ohnehin schon angekratzten Image weiteren Schaden zufügen. Der Fall erregt bundesweit nach wie vor eine große Aufmerksamkeit, spielt auch medial über die Grenzen von Bochum hinaus eine Rolle. Gab es in den sozialen Netzwerken in den Tagen nach dem Spielabbruch trotz allem noch warme Worte für den Klub, folgten nun sehr viele negative Reaktionen.
Das lag sicher auch an der ungewöhnlichen Form der Kommunikation. Über die Medien, vor allem über die Bild, hatte sich Anwalt Kletke geäußert, während der Verein geschwiegen hat und Nachfragen zur Vorgehensweise unbeantwortet ließ. Ob das Statement des Anwalts mit der Vereinsführung so abgestimmt war, bleibt offen. Rückblickend hat es dem Klub eher geschadet. Denn ernsthaft darauf setzen, dass das Sportgericht ein Wiederholungsspiel ansetzt, konnte der VfL nicht. Es wäre nämlich das Signal an alle Fußballfans gewesen, bei unliebsamen Ergebnissen einen Spielabbruch zu erzwingen. Im Sinne des VfL wäre das sicher auch nicht gewesen.
(Foto: Firo Sportphoto)