Mehrfach eingegriffen

Wie der VfL Bochum vom Videobeweis profitiert

Ein beliebtes Argument gegen den Videoschiedsrichter ist keines mehr. Die Diskussionen über Entscheidungen der Unparteiischen sind definitiv nicht verschwunden – sie haben sich nur verlagert. Seit dieser Saison greifen die Assistenten aus dem „Kölner Keller“ auch im Unterhaus ein. Eine offizielle Statistik darüber, wann und wie oft, gibt es noch nicht. Zahlen aus der Bundesliga belegen aber: In jedem dritten Spiel beeinflusst der Videoschiedsrichter das Geschehen.

Fünfmal korrigiert

Diese Erfahrung hat in den vergangenen Monaten auch der VfL Bochum gemacht. Und das erste Fazit fällt positiv aus. Insgesamt fünfmal hat der Videoassistent Fehlentscheidungen gemeinsam mit dem Hauptschiedsrichter korrigiert – fünfmal zum Vorteil des Revierklubs: Gleich doppelt zum Auftakt in Regensburg, zuletzt auch gegen Darmstadt, Karlsruhe und Kiel. Viermal bekam der VfL nach der Sichtung am Monitor einen Elfmeter zugesprochen. Ein weiteres Mal wurde dem Gegner ein irregulärer Treffer aberkannt. Weitere Überprüfungen bestätigten die Entscheidung des Schiedsrichtergespanns vor Ort.

Die Verantwortlichen beim VfL haben dies natürlich wohlwollend zur Kenntnis genommen. „Grundsätzlich finde ich den Videobeweis in den Fällen, wo er tatsächlich etwas beweist, gut und sinnvoll“, sagt Cheftrainer Thomas Reis, „etwa bei Abseitsentscheidungen oder Elfmetern.“ Komplett zufrieden ist der Fußballlehrer aber noch nicht: „Es gibt immer wieder Bereiche, wo die Regel und die Handhabung noch nicht ausgereift ist.“ Reis geht es dabei um Verbesserungen, von denen nicht nur der VfL profitieren würde. „Wenn ein Foul im Mittelfeld passiert und gefühlt zwei Minuten später ein Tor erzielt wird, das dann zurückgenommen wird, finde ich das nicht glücklich“, sagt der 46-Jährige.

Zweimal irritiert

Sein Vorgänger formulierte es im Sommer noch radikaler. „Mir gefällt es nicht, was ich da sehe. Natürlich ist es gerechter, wenn Fehlentscheidungen korrigiert werden“, erklärte Robin Dutt, der sich eher als Gegner der neuen technischen Hilfsmittel positioniert hat. „Aber das ständige Anhalten und Nicht-Jubeln stört und verändert das Spiel. Am besten wäre nie jemand auf die Idee gekommen, den Videoschiedsrichter einzuführen.“ Das dachten sich zuletzt vermutlich auch die Konkurrenten aus Wiesbaden und Kiel. Beide Klubs erlebten eher kuriose Entscheidungen des Videoschiedsrichters.

So wurde den Wiesbadenern im Duell gegen Dynamo Dresden ein Treffer aberkannt, weil der Ball beim Angriff zuvor auf der gegenüberliegenden Seite knapp im Toraus war. Die Verantwortlichen des Tabellenletzten tobten daraufhin und legten Protest gegen die Spielwertung ein. „Den Unmut kann ich nachvollziehen“, sagt auch Bochums Trainer Thomas Reis, der Ende Oktober eine mindestens ebenso kuriose Szene erlebt hat – allerdings zum eigenen Vorteil. Beim Auswärtsspiel in Kiel griff der Videoschiedsrichter ein, weil ein Ersatzspieler der Gastgeber den Ball im Strafraum stoppte, bevor das Spielgerät das Toraus mit vollem Umfang überquert hatte. Der Unparteiische zeigte nach einem Hinweis aus Köln regelkonform auf den Punkt.

Einmal entschieden

Vor wenigen Tagen haben der DFB und die internationalen Regelhüter allerdings entschieden, dass sich der Videoassistent in einer solchen Situation künftig nicht mehr einschalten soll. Der Eingriff sei nur dann vorgesehen, wenn Ersatzspieler oder Offizielle ein Tor direkt verhindern oder entscheidend Einfluss nehmen würden. Damit wird sicher auch der VfL Bochum leben können – und die Hilfe bei wirklich wichtigen Entscheidungen gerne wieder in Anspruch nehmen.

(Foto: Imago / Jan Huebner)