0:2 gegen Schalke

Stimmungswandel? VfL verliert das Derby und die Fans

Für deeskalierende Kleidung hatte sich Thomas Reis nicht entschieden. Auf der Rückseite seines Pullovers prangte ein Schalke-Logo in beeindruckender Größe, das die Fans des VfL auf der Tribüne nicht übersehen konnten. Ansonsten hielt sich der Ex-Coach aber auffallend zurück, er jubelte weder bei den Toren noch nach dem Schlusspfiff. „Aus Respekt vor dem Verein, für den ich lange gearbeitet habe, mache ich das nur innerlich“, erklärte Reis später. Freundlich wurde er bei seiner Rückkehr ins Ruhrstadion wie erwartet nicht begrüßt. Es gab Pfiffe, ein Plakat und Schmähgesänge gegen ihn.

Doch das alles ist aus Bochumer Sicht nach der 0:2-Derbyniederlage gegen Schalke nur eine Randnotiz. Die Lage beim VfL hat sich mit der vierten Pleite in Folge weiter zugespitzt, vor allem emotional. Die Enttäuschung ist riesengroß. Bereits nach dem zweiten Gegentreffer eine Viertelstunde vor Schluss leerten sich die Reihen, nach dem Spiel gab es Pfiffe. Und schon während der zweiten Halbzeit ertönte der Schlachtruf: „Wir wollen euch kämpfen sehen.“ Die bislang beeindruckende und praktisch bedingungslose Unterstützung scheint nicht mehr garantiert zu sein.

Bochum fehlten die Mittel

Zeichnet sich also ein Stimmungswandel ab? Womöglich schon. Nach dem blutleeren Auftritt in Bremen fehlte auch gegen Schalke der letzte Biss – ausgerechnet in diesem so wichtigen Derby. Da verliert selbst der leidensfähige Bochumer die Geduld. „Der Wille war da. Aber das Feuer, das uns in anderen Spielen ausgezeichnet hat, war so nicht zu erkennen“, bestätigte Thomas Letsch. „Es liegt an uns, die Fans wieder auf unsere Seite zu ziehen.“ Derbystimmung kam allenfalls zu Beginn auf, in der zweiten Halbzeit übertrug sich die Ratlosigkeit vom Rasen auf die Ränge.

Der Glaube daran, gegen den Rivalen doch noch zu punkten, fehlte offensichtlich nicht nur den Spielern, sondern auch den Zuschauern. Gegen eigentlich harmlose Schalker brachte der VfL gerade im Vorwärtsgang viel zu wenig auf den Platz, ihm fehlten die Mittel. Hinten wiederum patzte Bochum in den entscheidenden Momenten. „Wenn wir schon kein Tor erzielen, müssen wir wenigstens hinten die Null halten. Aber dazu sind wir schon seit längerer Zeit nicht in der Lage“, gab der Trainer ehrlich zu und fügte zähneknirschend an: „Schalke schafft das. Das war der Unterschied.“

Riemann und das Eigentor

Auf Bundesliga-Niveau agierten im Grunde beide Mannschaften nicht. Philipp Hofmann hatte die frühe Führung für den VfL auf dem Fuß, doch der Angreifer vergab schon zu diesem Zeitpunkt die größte Chance der Partie. Der VfL spielte etwas druckvoller, von Schalke kam praktisch gar nichts. Und trotzdem gingen die Gäste jubelnd in die Kabine, weil Bochums Keeper Manuel Riemann abermals patzte. Erst segelte er an einer Flanke vorbei, dann boxte er den am Boden liegenden Ball ohne Gegnerdruck ins eigene Tor – obwohl Erhan Masovic zum Klären bereitstand. 

„Der Gegner hatte keine Torchance und führt trotzdem mit 1:0“, ärgerte sich Letsch. Die Aufholjagd nach der Pause blieb gänzlich aus, der VfL enttäuschte komplett. Was auffiel: Kaum ein Feldspieler übernahm die Führungsrolle, Kapitän Anthony Losilla wurde abermals schmerzlich vermisst – auch wenn ihn Patrick Osterhage sportlich gut vertrat. Dass Letsch auf die Ideenlosigkeit seiner Mannschaft erst knapp 20 Minuten vor Schluss mit einem Doppelwechsel reagierte, kam zu spät. Marius Bülter erzielte das 0:2, das Tor von Keven Schlotterbeck zählte nicht – und die Gäste feierten.

Fans sind schwer enttäuscht

Die Bochumer Fans meldeten sich erst nach dem Abpfiff wieder zu Wort. Manuel Riemann diskutierte am Zaun vor der Ostkurve; Philipp Hofmann, Keven Schlotterbeck und einige andere beobachteten die Szenerie aus sicherer Entfernung. Was wohl auch daran lag, dass einige Anhänger überreagierten. „Unmut, Enttäuschung und Emotionen sind verständlich, aber keine Stinkefinger. Ich habe mich dann entfernt“, berichtete Philipp Förster. Andere, Pierre Kunde etwa, waren schon direkt nach Abpfiff in die Kabine geeilt. Geschlossenheit sieht anders aus.  

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