Klassenerhalt

VfL tanzt in den Mai – und ins zweite Jahr Bundesliga

Gegen 21.30 Uhr traf auch der Cheftrainer ein, und die Runde war komplett. In einem bekannten Lokal im Bochumer Bermuda-Dreieck hatte die Mannschaft am Samstagabend eine spontane Party arrangiert, um den 4:3-Derbysieg beim BVB und vor allem den Klassenerhalt gebührend zu feiern. Ganz allein war sie natürlich nicht. Auch die Fans steuerten das Szeneviertel an. Im Laufe des Abends, als sich herumgesprochen hatte, wo sich die Derbysieger nun aufhalten, wurde es immer voller. Schließlich feierten Spieler und hunderte Anhänger gemeinsam, Stunden nach dem Abpfiff, bis weit in die Nacht – Momente, die es immer seltener gibt, weil sich Profis und Fans oft in anderen Welten bewegen.

Riemann besonders glücklich

Doch Volksnähe hatten Manuel Riemann, Simon Zoller und Co. schon im Stadion demonstriert. Mit dem Abpfiff begann der Bochumer Tanz in den Mai – und ins zweite Jahr Bundesliga. „Das sind Emotionen pur, wenn du vier Tore in Dortmund schießt, das Spiel drehst und nicht mehr auf die anderen Ergebnisse schauen musst. Wir haben ganz Bochum stolz gemacht“, sagte Trainer Thomas Reis. Für ihn steht der Klassenerhalt auf einer Stufe mit dem Aufstieg. Allerdings hat der VfL in der Bundesliga noch viel mehr Eindruck hinterlassen. Mit dem Klassenerhalt haben nur wenige gerechnet, schon gar nicht so souverän und drei Spieltage vor Schluss. Eine echte Krise gab es nie, Rückschläge wurden gut weggesteckt, die Mannschaft zeigte sich widerstandsfähig und stets leidenschaftlich.

Frech und forsch ist der VfL nach Anlaufschwierigkeiten aufgetreten, mit viel Tempo, etlichen Traumtoren, taktischer Disziplin und ganz viel Teamgeist. „Wir sind eine Einheit, geben alles auf dem Platz. Mit unserem kleinen Etat und mit ganz vielen Spielern, die schon in der 2. Liga dabei waren, haben wir die Klasse gehalten. Da muss man vor der Mannschaft den Hut ziehen“, lobt Manuel Riemann seine Teamkollegen, aber auch sich selbst. Bochums Torhüter freute sich über den Derbysieg vielleicht am meisten: „Ich war verletzt, als wir aufgestiegen sind. Beim Sieg gegen Bayern München hatte ich Corona. Das war heute das dritte Highlight, und endlich konnte ich dabei sein. Es war immer mein Traum, vor so einer Kulisse zu spielen und dann auch noch zu gewinnen.“

Rund 10.000 Bochumer waren in die Nachbarstadt gereist, und sie sahen ein Spiel, das ihnen noch lange in Erinnerung bleiben wird. Auch die Fans haben über Monate dazu beigetragen, dass es in der Bundesliga weitergeht. Jedes Heim- und Auswärtsspiel wurde zelebriert, die gute Stimmung hinterließ Eindruck im ganzen Land. Ein Derbysieg in Dortmund, verbunden mit dem sicheren Klassenerhalt, „ist nun die Krönung der Saison“, sagt Thomas Reis. Der Trainer kennt den Klub so gut wie kaum ein anderer, vergleicht die Euphorie nur mit einem Moment: „Es fühlt sich so ähnlich an wie in den Neunzigern, als wir zum ersten Mal in den Europacup eingezogen sind.“ Auch seinerzeit feierten Spieler und Fans gemeinsam im Bermuda-Dreieck, ehe sie die nächsten Aufgaben ins Auge fassten.

Noch zwei Spiele bis zur Pause

Vorbei ist diese Saison ja noch nicht. Zunächst kommt Arminia Bielefeld nach Bochum, anschließend ist der VfL zu Gast bei Union Berlin. Danach geht es für die Verantwortlichen um die Frage, wie sich der Klassenerhalt wiederholen lässt. „Für mich ist jetzt schon klar, dass es noch schwerer werden wird“, glaubt Thomas Reis. Das zweite Jahr gilt als besonders kompliziert, wenn die Euphorie nachlässt und Leistungsträger gehen. Beides ist aber keine Gesetzmäßigkeit. Deshalb sei noch einmal an die glorreiche Zeit im UEFA-Cup erinnert. Damals blieb das Team nach gemeinsamen Erfolgen weitestgehend zusammen. Doch wahrscheinlich ist dieser Gedanke selbst für Bochum etwas zu romantisch…

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(Foto: Imago / osnapix)