Fragen & Antworten

Pläne vorgestellt: Wie und wann das Ruhrstadion saniert wird

Der Abend begann mit einem kleinen Fauxpas. Der etwas übereifrige Moderator eröffnete die Mitgliederversammlung zur Sanierung des Bochumer Ruhrstadions mit einem Begriff, den Hans-Peter Villis, der Vorsitzende des VfL Bochum, wenige Augenblicke einkassierte. Von einem „Neubau“ war in den einleitenden Worten die Rede. Sanierung oder Modernisierung trifft es viel eher.

Denn das Ruhrstadion bleibt an Ort und Stelle und soll fit gemacht werden für die Zukunft. „Wir haben verschiedene Alternativen diskutiert“, erklärte Villis vor etwas mehr als 600 Klubmitgliedern, „sind aber zu dem Ergebnis gekommen, aus unserem jetzigen Stadion das Optimale herausholen zu wollen“ – auch wenn die Möglichkeiten begrenzt sind. An Mittwochabend stellte die Stadt als Eigentümerin der Spielstätte, der VfL als Mieter und das beauftragte Planungsbüro Albert Speer + Partner die bisherigen Entwürfe erstmals der Öffentlichkeit vor. Tief im Westen – Das VfL-Magazin war im RuhrCongress dabei und fasst das Gesagte und Gezeigte zusammen, angereichert mit zusätzlichen Informationen.

Wie genau soll das Ruhrstadion saniert und modernisiert werden?

Zunächst einmal müssen zahlreiche Mängel behoben werden. Fast alle Strom- und Wasser-Leitungen werden ausgetauscht, die Haustechnik ist veraltet, insbesondere die Flutlichtanlage. Ausfälle im laufenden Betrieb hat es hier sogar schon gegeben. Zudem bestehen an den Kiosken und im Toilettenbereich Hygienemängel. Noch gravierender: Es gibt kein Brandschutzkonzept. In der fast 150-seitigen Machbarbarkeitsstudie des beauftragten Architekturbüros ist deshalb sogar von einem „erheblichen Sicherheitsrisiko“ die Rede. Auch die Sichelbinder, die das Stadion tragen, müssen dringend saniert werden.

Sichtbare Änderungen und Verbesserungen des Komforts soll es schließlich auch geben. Die sanitären Anlagen und Verpflegungsstände werden renoviert und erweitert, ganz besonders im Bereich der Südtribüne. Dort soll der Aufenthaltsbereich unter der Tribüne vergrößert werden, der Zaun wandert zur Castroper Straße. Der Einlass für fast alle Stadionbereiche erfolgt künftig über eine Plaza hinter der Osttribüne, die auf dem jetzigen VIP-Parkplatz entsteht. Stattdessen soll hinter dem Stadioncenter ein Parkhaus entstehen, von dem VIP-Kunden direkt in ihren Aufenthaltsbereich gelangen. Auf der Plaza soll es verschiedene Verweilmöglichkeiten geben, auch witterungsgeschützt und außerhalb von Spieltagen nutzbar. Die Spieler profitieren ebenfalls. Im Bereich unter der Nordtribüne entstehen neue Umkleidekabinen. Auch der Medienbereich wird erneuert.

Werden nach der Sanierung mehr Zuschauerplätze zur Verfügung stehen als bislang?

Die aktuelle Zuschauerkapazität von 26.000 wird allerhöchstens auf 27.500 Plätze steigen. Ziel ist es, Plätze wieder nutzbar zu machen, die aktuell nicht zur Verfügung stehen. Aus Sicherheitsgründen werden aktuell weniger Tickets für die Osttribüne verkauft als früher. Außerdem gibt es ungenutzte Plätze zwischen den Heim- und Auswärtsblöcken. Darüber hinaus sollen VfL-Fans künftig Teile des Gästekontingents nutzen können, wenn dieses vom Gegner nicht abgerufen wird. Ebenfalls geplant: Das frühere Morrizz, der VIP-Raum unterhalb der Nordtribüne, wird kernsaniert und in Richtung Westen ausgebaut.

Warum wird das Stadion nicht vergrößert oder auf dem jetzigen Gelände neugebaut?

Das wäre zwar baulich teilweise machbar, nach einer Bewertung des beauftragten Architekturbüros und der Stadt aber in der Praxis nicht umsetzbar. „Die Wahrscheinlichkeit, das rechtssicher hinzubekommen, geht gegen Null“, sagte Stadtdezernent Markus Bradtke. Das Ruhrstadion genießt Bestandschutz. Dieser wäre gefährdet, „sobald relevante Änderungen am Bauwerk vorgenommen werden“, erklärte Matthias Schöner vom Architekturbüro Albert Speer + Partner. Im direkten Umfeld des Stadions befinden sich dutzende Häuser und mehrere hundert Wohnungen. Bei einem Aus- oder Neubau entstünde eine neue Lärm- und Verkehrssituation. Infolgedessen sei mit Anwohnerklagen zu rechnen. Sie könnten die Pläne entweder ganz zu Fall bringen oder die Baumaßnahmen jahrelang hinauszögern. „Ich kann nicht empfehlen, dieses Wagnis einzugehen“, so Bradtke. Die Fläche an der Castroper Straße zu verlassen, um andernorts ein neues Stadion zu bauen, lehnt die Lokalpolitik mehrheitlich ab – ebenso wie viele Fans. Eine optimale Fläche als Alternative stünde derzeit ohnehin nicht zur Verfügung.

Wann sollen die Baumaßnahmen starten?

Wahrscheinlich erst im Jahr 2026. Noch in diesem Jahr wird aber eine eigene Besitzgesellschaft für die vom VfL Bochum genutzten Spielstätten gegründet. Weil es sich um eine Tochtergesellschaft der Stadt handelt, müssen die Aufträge für das Stadion öffentlich ausgeschrieben werden. Auch der Rat der Stadt muss den Plänen und der Finanzierung noch zustimmen. Erst danach können die sichtbaren Baumaßnahmen beginnen. Kleinere und akute Mängel könnten bereits vorher behoben werden. Ob während der Bauphase durchgängig im Ruhrstadion gespielt werden kann, ist noch offen. „Das ist die Vorgabe an alle Planer, aber versprechen kann ich es nicht“, sagte Ralf Meyer als designierter Geschäftsführer der Stadiongesellschaft. Das übergeordnete Ziel ist klar: „Wir wollen dem VfL langfristig ein bundesligataugliches Stadion zur Verfügung stellen.“

Was soll die Sanierung kosten – und wer wird sie bezahlen?

Eine konkrete Summe wollte oder konnte Ralf Meyer den Mitgliedern des VfL Bochum noch nicht nennen. In der Machbarkeitsstudie, auf der die jetzigen Überlegungen basieren, wurden allerdings schon Zahlen genannt. Demnach ist – Stand jetzt – von einer hohen zweistelligen Millionensumme auszugehen. Die Kosten trägt die Stadt. Allerdings muss der VfL mit einer Mieterhöhung rechnen. „Wir werden uns anschauen, was andere Klubs für vergleichbare Spielstätten zahlen“, sagte Ralf Meyer. „Geplant ist eine marktübliche Miete. Wir werden den VfL im Wettbewerb nicht benachteiligen.“ VfL-Geschäftsführer Ilja Kaenzig ergänzte, dass der Klub anschließend nicht gezwungen sei, deshalb die Eintrittspreise zu erhöhen. Die höhere Miete soll über Mehreinnahmen in den VIP-Bereichen, externe Veranstaltungen oder mehr Konsum an den Stadionkiosken getragen werden. „Das Ruhrstadion“, betonte Kaenzig abschließend, „bleibt ein Sehnsuchtsort für Fußballromantiker.“ Auch nach der Sanierung.


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(Foto: Marc Niemeyer)