Flexibilität ist nicht nur auf, sondern auch neben dem Fußballplatz gefragt. Für den ersten kompletten Tag im Bochumer Trainingslager waren eigentlich zwei intensive Einheiten angesetzt. Doch der Wettergott schickte viel Regen und eine Gewitterfront nach Südtirol. Zumindest die morgendliche Einheit auf dem Platz musste abgesagt werden. Stattdessen zog es die Spieler ins Feuerwehrhaus der Gemeinde Gais. Dort hat der VfL provisorisch eine Art Fitnessraum hergerichtet.
Riemann ist wieder fit
Für Manuel Riemann war die kurzfristige Verlegung besonders ärgerlich. Der Torhüter hatte ja bereits den ersten Teil der Saisonvorbereitung überwiegend im Kraftraum verbracht. In Gais soll er nun wieder vollständig ins Teamtraining integriert werden; die muskulären Probleme sind überwunden, Riemann wird am Mittwoch im Testspiel gegen den italienischen Zweitligisten Spezia Calcio mindestens eine Halbzeit lang das Tor hüten. Damit ist der 34-Jährige automatisch wieder die Nummer eins, oder? Das ist grundsätzlich anzunehmen, auch wenn Thomas Letsch aus nachvollziehbaren Gründen noch keine Entscheidung getroffen hat.
„Es gilt auf der Torwartposition das, was auf jeder anderen Position auch gilt: Ich bin froh über jede Konkurrenzsituation. Wir haben ein gutes Torhütergespann, das sich batteln wird“, sagte der Coach kurz vor dem Abflug ins Trainingslager. Dass Riemann trotz der knapp zweiwöchigen Pause als Favorit in den zweiten Abschnitt der Saisonvorbereitung gehen wird, ist aber ebenso klar. Seit Ende 2015 ist der extrovertierte Schlussmann die Nummer eins beim VfL. Mittlerweile hat er mehr als 250 Pflichtspiele für den VfL absolviert. Riemann war und ist nicht unumstritten, wurde aber von keinem Trainer grundsätzlich in Frage gestellt, auch nicht von Letsch.
Esser wäre jederzeit bereit
Zumal die Bochumer in diesem Sommer niemanden verpflichtet haben, der darauf drängt, sofort die Nummer eins zu werden. Im Gegenteil: Michael Esser geht möglicherweise in sein letztes Vertragsjahr. Der stets loyale Ersatzmann wäre zwar jederzeit einsatzbereit, mit seinen 35 Jahren aber allenfalls eine Übergangslösung, bis sich Niclas Thiede auf Bundesliga-Niveau hochtrainiert hat. Der 24-Jährige muss ohnehin noch einen kleinen Trainingsrückstand aufholen. Thiede zog sich im März einen Syndesmosebandriss zu. Zum Trainingsstart in Bochum war er wieder gesund, musste dann aber aus anderen Gründen aussetzen und verpasste bislang alle Testspiele. Ähnlich wie Riemann steigt er in Gais wieder voll ein. Vermutlich wird Thiede zunächst als Nummer drei in die Saison gehen.
Das aber muss und soll auch nicht so bleiben. Die Verantwortlichen sehen ihn perspektivisch als Herausforderer und sogar als potenziellen Nachfolger von Riemann. Thiedes Vertrag ist nicht ohne Grund bis Mitte Juni 2027 datiert, vier Jahre hat der VfL den Keeper also gebunden. „Er ist hier in Bochum sowie in Freiburg als Torwart top ausgebildet worden und konnte im Seniorenbereich bereits knapp 100 Spiele absolvieren“, sagt Kaderplaner Marc Lettau und betont: „Niclas ist von der Perspektive, die wir ihm bieten, überzeugt und hat das auch durch sein langfristiges Commitment dokumentiert.“ Der Neuzugang vom SC Verl ist auf dem Papier zwar ein externer Neuzugang, im Grunde aber ein Bochumer Eigengewächs. Von 2015 bis 2018 spielte Thiede bereits in der Jugend des VfL.
Thiede dankt Greiber
Mangels Einsatzmöglichkeit im Seniorenbereich wechselte er dann aber zum SC Freiburg und feierte dort sogar sein Bundesliga-Debüt. Dabei blieb es allerdings auch, weitere Erstliga-Einsätze folgten bislang nicht. Thiede zog weiter zum SC Verl. Beim Drittligisten war er zuletzt Stammkeeper und Leistungsträger mit starken Reflexen, aber auch einigen unnötigen Patzern. Daran will er nun arbeiten, gemeinsam mit seinem Förderer Peter Greiber. Ihm habe er „viel zu verdanken“, sagte Thiede bei der Bekanntgabe seines Wechsels. Der Bochumer Torwarttrainer hat bereits zahlreichen Talenten den Weg in die Bundesliga ermöglichst. Neben Andreas Luthe und Michael Esser gingen auch Daniel Heuer Fernandes und Tjark Ernst durch die Torwartschule des 54-Jährigen. Logisch also, dass Thomas Letsch tiefenentspannt betont: „Auf der Torhüterposition ist mir gar nicht bange.“
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(Foto: Marc Niemeyer)