Vor dem Derby

Keine Jobgarantie: Warum Reis nicht mehr unantastbar ist

Den dritten Jahrestag seiner Anstellung als Cheftrainer des VfL Bochum dürfte Thomas Reis an diesem Dienstag eher nicht gefeiert haben. Mit fünf Niederlagen nach fünf Spielen steht der Bundesligist auf dem letzten Tabellenplatz. Hinzu kommen Diskussionen über Wechselabsichten von Reis im Sommer. Seinerzeit hat der Bochumer Erfolgscoach ausgerechnet mit dem Reviernachbarn Schalke 04 verhandelt. Reis dementierte dies in der vergangenen Woche vehement, hat für seine Version bis heute aber keine Unterstützung erhalten.

Hinter vorgehaltener Hand bestätigen selbst ranghohe Vertreter beider Klubs konkrete Gespräche und sind zugleich verwundert darüber, wie ungeschickt sich Reis vor laufender Kamera verhalten hat. Der Fußballlehrer hat sich verrannt, und kann jetzt nur noch auf einen schnellen sportlichen Erfolg hoffen, der ihm den Weg aus der Krise ebnet. Dass seine Bochumer an diesem Samstag ausgerechnet bei Schalke 04 zum prestigeträchtigen Revierderby antreten müssen, verleiht der ganzen Geschichte eine besondere Note.

Fabian und Villis vermeiden Bekenntnis

Denn eines ist klar: Reis und der VfL müssen endlich punkten. So wertschätzend wie die Fans zuletzt mit der erfolglosen Mannschaft umgegangen, so schnell kann die Stimmung kippen, sollte die Leistung im Derby nicht den Erwartungen entsprechen. Vieles hängt dabei nicht nur vom Ergebnis, sondern generell vom Auftreten ab. Das sieht die Vereinsführung genauso, ein Punkte-Ultimatum gibt es deshalb nicht. Ein klares Bekenntnis zum Trainer vermeiden die Verantwortlichen allerdings auch, eine Jobgarantie für die Zeit nach dem Derby sprechen sie nicht aus.

Hans-Peter Villis sagte der BILD zu Beginn dieser Woche, dass das Szenario einer Entlassung „momentan“ nicht angedacht sei. Patrick Fabian verwies in der WAZ auf die Erfolge von Reis in den zurückliegenden drei Jahren, machte zugleich aber deutlich, „auch das Hier und jetzt nicht zu vergessen.“ Speziell Fabian wird in dieser so elementaren Angelegenheit auch in die Mannschaft hineinhorchen. Villis wiederum hat die Fans und Mitglieder im Blick, die er für seine Wiederwahl im Herbst auf seiner Seite haben möchte.

Baldige Trennung zeichnet sich ab

Die ganze Entwicklung der Causa Reis ist ohnehin ein Beleg für die Schnelllebigkeit des Geschäfts. Noch vor wenigen Wochen war der Coach quasi unantastbar. Dann hat er selbst damit begonnen, an seinem Stuhl zu sägen: Zunächst mit den gescheiterten Vertragsverhandlungen, nun mit seiner maximal unglücklichen Kommunikation. Hätte Reis vor Wochen langfristig beim VfL Bochum verlängert, würde die Führungsriege wohl gar keinen Gedanken an eine mögliche Trennung verschwenden, auch nicht bei null Punkten.

Dass Reis und der VfL noch einmal so zusammenfinden, dass sogar eine Vertragsverlängerung wieder realistisch erscheint, ist unwahrscheinlich. Viel mehr gibt es Anzeichen dafür, dass die vermeintliche Musterehe spätestens im Winter zu Bruch gehen wird, losgelöst von der sportlichen Situation. Reis hat bereits mehrere Angebote des Vereins abgelehnt, die Vorstellungen gehen auseinander. Sollte es in der langen Winterpause nicht zu einer zügigen Einigung kommen, dürfte der VfL kaum mit Reis in die Rückrunde gehen.

Zum Thema:

(Foto: picture alliance)