Die Suche nach aktuellem Bildmaterial für diesen Artikel gestaltete sich schwieriger als gedacht. Selbst die großen Fotoagenturen haben den neuen Sportchef des VfL Bochum längere Zeit nicht abgelichtet. Auch der VfL griff für seine Pressemitteilung auf ein fast zehn Jahre altes Foto zurück. Kein Wunder, denn die Zeit, als Dirk Dufner jedes Wochenende die Bundesliga-Bühne betrat, liegt schon etwas länger zurück. Zuletzt war er bis 2023 als Kaderplaner bei Hertha BSC beschäftigt, war dort aber nur im Hintergrund tätig. Wie groß sein Einfluss auf die vermaledeite Transferpolitik des Hauptstadtklubs war, lässt sich von außen kaum einschätzen.
Euphorie löst die Personalie Dufner im VfL-Fanlager jedenfalls nicht aus. Dabei bringt er nicht weniger Bundesliga-Erfahrung mit als Jörg Schmadtke, mit dem die VfL-Führung ebenfalls Gespräche führte, ihm allerdings abgesagt hat. Dufners Karriere im Fußball begann 1997 als Assistent der Geschäftsführung des VfB Stuttgart. Anschließend war der Jurist als Sportdirektor für 1860 München (2000 bis 2004), den SC Freiburg (2007 bis 2013) und Hannover 96 (2013 bis 2015) tätig. Zumindest in Freiburg war seine Arbeit länger von Erfolg gekrönt. Auf eine Tätigkeit als Spielerberater folgte Dufners Engagement in Berlin. Erfahrung als Geschäftsführer bringt er noch keine mit.
Einstimmiger Präsidiumsbeschluss
Obwohl die Bochumer Suche nach einem Sportchef monatelang andauerte, begannen die intensiven Gespräche mit Dufner erst vor kurzem. Zahlreiche Kandidaten, die kontaktiert wurden, um ein grundsätzliches Interesse auszuloten, sagten zuvor ab, darunter Sebastian Schindzielorz, den das Präsidium liebend gern nach Bochum zurückgeholt hätte. Vor allem die bevorstehende Neuwahl des Präsidiums hat mehrere namhafte Manager abgeschreckt, weil offen ist, wer ab Mitte Juni an der Spitze des Klubs stehen wird. Der Vertragsabschluss mit Dufner gelang indes relativ schnell – auch deshalb, weil das Präsidium spätestens Ende März einen neuen Sportchef präsentieren wollte.
So hatte es das siebenköpfige Gremium um den Vorsitzenden Uwe Tigges stets kommuniziert. Schließlich gab es schon seit Ende Oktober und der Freistellung von Marc Lettau keinen eindeutigen Sportverantwortlichen mehr. Geschäftsführer Ilja Kaenzig übernahm interimsweise, war zuletzt aber spürbar überlastet. Mit Dufner bildet er nun die Doppelspitze beim VfL, wobei Kaenzig nach Auskunft des Präsidiums der „Hauptverantwortliche“ bleibt. Kaenzig war an der Sportchef-Suche sogar maßgeblich beteiligt, die finale Entscheidung traf jedoch das Präsidium. „Einstimmig“, betonte Tigges in der offiziellen Pressemitteilung des Klubs am frühen Sonntagabend.
Auf dem Schirm hatte Dufner, auch medial, in den vergangenen Wochen übrigens keiner. Einige der genannten Kandidaten, etwa Michael Mutzel, waren nie in der engeren Auswahl, andere, wie zum Beispiel ein Peter Knäbel, wurden öffentlich bislang nie oder allenfalls am Rande erwähnt. Die von Tigges hervorgehobene Einstimmigkeit ist für Dufner immerhin eine gute Einstiegsvoraussetzung. Damit kann er sich der Unterstützung aller Präsidiumsmitglieder zunächst sicher sein. Dufner steigt am 7. April offiziell ein, bereits vier Tage vorher wird er in einer Pressekonferenz vorgestellt. Sein Vertrag in Bochum ist zunächst bis Mitte 2027 datiert.
Keine längere Einarbeitungszeit
Eine längere Einarbeitungszeit wird der 57-Jährige jedenfalls nicht bekommen. Dufner muss den Kader für die kommende Saison planen und angesichts der sportlichen Lage natürlich zweigleisig denken. Ein Kaderplaner oder Sportdirektor soll ihn in Zukunft unterstützen, damit sich Dufner auch um strategische Themen wie die Jugend oder die Frauen kümmern kann. Im Gegensatz zu Schmadtke, der den ehemaligen Nationalspieler Jan Schlaudraff als Sportdirektor mitbringen wollte, kommt Dufner ohne Vertrauten nach Bochum. Dass er um sich herum aber ein Kompetenz-Team aus aktuellen oder neuen Mitarbeitern aufbauen wird, gilt als sicher.
Hinsichtlich der Spieler-Suche verfolgt er – ähnlich wie Hecking und Kaenzig – einen eher traditionellen Ansatz, eigene Beobachtungen sind ihm also wichtiger als Daten. In Freiburg, Hannover und Berlin war Dufner meist sehr international unterwegs. Dass er bei der Trainerwahl kein Mitspracherecht hatte und die Vertragsverlängerung mit Dieter Hecking für den Fall des Klassenerhalts zuerst erfolgt ist, war für Dufner offensichtlich kein Problem. Diesen Pragmatismus wird er in Bochum ohnehin gut gebrauchen können. Denn im Gegensatz zu seiner Zeit in Berlin muss Dufner beim VfL mit bescheidenen Mitteln auskommen und das Geld durch kluge Transfers selbst beschaffen.
Ihr wollt das VfL-Magazin einmalig oder dauerhaft unterstützen? Nutzt dafür gerne die unkomplizierte Zahlungsoption via PayPal. Danke, dass ihr Berichterstattung dieser Art auch in Zukunft möglich macht.