Relegation

Luthe als Retter? VfL-Abstieg hätte weitreichende Folgen

Am Pfingstmontag und am darauffolgenden Ferientag veranstaltete der VfL Bochum ein schon länger geplantes Trainingscamp für junge Torleute. Langfristig ist für die Riemann-Nachfolge offensichtlich gesorgt. Und kurzfristig? Nach der Einheit am Dienstagmittag stürmten die teilnehmenden Kinder auf Andreas Luthe zu, baten ihr Idol um Fotos und Autogramme und wünschten ihm viel Erfolg für das anstehende Relegationsspiel. Sie wissen: Der 37-Jährige, der im Winter zu seinem Heimatverein zurückgekehrt ist, wird Stammkeeper Manuel Riemann im Duell gegen Fortuna Düsseldorf am Donnerstagabend vertreten; im Rückspiel natürlich auch. Trainer Heiko Butscher hat sich bereits festgelegt, auf der Ersatzbank wird Niclas Thiede Platz nehmen.

Luthe, der auf sein Karriereende zusteuert, hätte auf diese beiden Einsätze nach eigener Aussage gut und gerne verzichten können. Doch Riemann nahm sich für das Saisonfinale selbst aus dem Spiel. Er war nicht dazu bereit, sich so anständig in die Mannschaft einzubringen, wie es sich die Verantwortlichen und die allermeisten Mitspieler von ihm gewünscht haben. Riemann hatte sich in einer internen Teamsitzung am Sonntag klar von seinen Kollegen distanziert, nachdem von ihm in den Tagen und Wochen zuvor immer wieder Auseinandersetzungen und Beschimpfungen ausgingen, sogar auf dem Spielfeld. Der Schlussmann ließ sich auch von engen Vertrauten nicht bremsen und wurde von den Verantwortlichen folgerichtig in die Sommerpause geschickt.

Fans von Aussagen irritiert

Dass sich sowohl Andreas Luthe als auch Kapitän Anthony Losilla zwei Tage vor dem ersten Relegationsspiel trotzdem sehr wertschätzend über Riemann äußerten, sorgte bei einigen VfL-Fans nachvollziehbarerweise für Verwunderung. „Ich glaube, wir sind uns alle einig, dass wir ihn lieber im Tor haben würden“, hatte Luthe gesagt, meinte damit aber ausschließlich die sportliche Bedeutung von Riemann für das Team, wie Luthe einige Stunden später auf Nachfrage von Tief im Westen – Das VfL-Magazin versicherte. Nicht nur er, auch Losilla waren in der vorangegangenen Medienrunde um Diplomatie in alle Richtungen bemüht. Beide versuchten, den Fokus zurück auf das anstehende Spiel zu lenken. „Es ist nicht meine Aufgabe, darüber zu reden“, sagte Losilla über die Causa Riemann. „Wir brauchen Ruhe, um vernünftig zu arbeiten.“ Zu bedeutsam ist der Ausgang der Relegation für den Klub.

Als Zweitligist haderten die Bochumer oft mit ihrer Wiedereinführung, scheiterten 2011 in zwei Zusatzspielen am Wiederaufstieg und verbrachten die folgenden zehn Jahren im Fußball-Unterhaus. Als Bundesligist wiederum ist es eine weitere Möglichkeit zur Rettung – auch wenn es sich nach der 1:4-Niederlage in Bremen vielleicht nicht so anfühlt. Aber: „Wenn wir mit dem Rücken zur Wand standen, haben wir es oft geschafft, eine Reaktion zu zeigen“, weiß Kapitän Losilla. Nicht nur statistisch ist belegt, dass der Ligaverbleib über die Relegation deutlich einfacher zu erreichen ist als der Wiederaufstieg. Ein möglicher Abstieg wäre angesichts gesunder Finanzen und gewachsener Vereinsstrukturen zwar grundsätzlich zu verkraften, Klubs wie Schalke 04, Hertha BSC oder der Hamburger SV zeigen aber, dass eine sofortige Rückkehr in die Bundesliga keinesfalls planbar wäre.

Wenig Zeit nach der Relegation

Die Verantwortlichen beim VfL haben in den zurückliegenden Wochen zwar immer auch das Zweitliga-Szenario mitbedacht, bei den konkreten Planungen stand aber der Verbleib in der Bundesliga im Vordergrund. Im vergangenen Jahr präsentierten die Bochumer bereits vor dem Saisonende Neuzugänge für beide Ligen. Aktuell hat der VfL insbesondere Spieler für den Fall des Klassenerhalts an der Angel. Klar ist: Der Kader wird sich ohnehin verändern, im Abstiegsfall allerdings noch mehr als in der Bundesliga. Das Dilemma: Zwischen dem Ende der Relegation und dem Trainingsstart würden dann nur gut drei Wochen vergehen. In dieser Zeit alle Wunden zu lecken, einen neuen Trainer zu finden und den Kader neu aufzustellen, dürfte ein kompliziertes Unterfangen werden. Kein Wunder, dass Andreas Luthe daran nicht denken möchte und an ein gutes Ende glaubt: „Wenn wir unsere Qualitäten auf den Platz bringen, sind wir die stärkere Mannschaft und werden die Liga halten.“


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(Foto: Imago / Laci Perenyi)