Wiederkehrendes Problem

Verstärkung auf Zeit: Kauf von Leihspielern ist oft utopisch

Es hat nicht lange gebraucht, ehe sich Tom Krauß in Bochum eingelebt hat. Schon während des Spiels gegen Borussia Dortmund nahm der 23-Jährige Kontakt zu den VfL-Fans auf und ermunterte sie mit Gesten, sich von ihren Plätzen zu erheben. Nach dem Abpfiff tanzte der Wegbereiter der 1:0-Führung mit seinem Teamkollegen auf dem Rasen und ging bei den Feierlichkeiten voran. Vergleiche mit ehemaligen Spielern sind zwar oftmals schwierig, doch schon jetzt erinnert Krauß an Elvis Rexhbecaj, der vor gut drei Jahren mit seiner emotionalen Art und seiner engagierten Spielweise zum Bochumer Publikumsliebling avancierte. Krauß, den Trainer Dieter Hecking für seine „positive Aggressivität“ schätzt, agiert ganz ähnlich. Dazu gibt es weitere Gemeinsamkeiten: Krauß und Rexhbecaj spielen beide im zentralen Mittelfeld, und: Sie sind als Leihspieler an die Castroper Straße gekommen. 

15 Leihspieler seit Aufstieg 2021

Das wiederum ist in Bochum längst nicht mehr ungewöhnlich. Insgesamt 15 Spieler wechselten seit dem Wiederaufstieg vor gut dreieinhalb Jahren auf Leihbasis zum VfL. Eduard Löwen, Konstantinos Stafylidis und Elvis Rexhbecaj machten den Anfang. Saidy Janko, Ivan Ordets, Dominique Heintz, Marko Johansson, Pierre Kunde und Keven Schlotterbeck kamen in der folgenden Saison hinzu. Es folgten Goncalo Paciencia und erneut Schlotterbeck vor dem dritten Bundesliga-Jahr, ehe Jakov Medic, Myron Boadu und Aliou Balde im vergangenen Sommer ausgeliehen wurden. In diesem Winter fanden zudem Tom Krauß und Georgios Masouras auf Leihbasis den Weg zum VfL. Die Logik dahinter ist eine ganz einfachere: Es handelt sich um Spieler, die aufgrund ihrer Vertragssituation ansonsten nicht zu bezahlen wären, den Kader aber potenziell verstärken.

Nur zwei Spieler blieben länger

Gelungen ist das freilich nicht immer, das zeigt das Beispiel Balde, dessen Vertrag die Verantwortlichen nach wenigen Monaten schon wieder aufgelöst haben. Mitunter waren ordentliche Ansätze zu erkennen, wie bei Löwen, Kunde oder Paciencia, zu Leistungsträgern entwickelten sich diese Spieler aber nicht. Rexhbecaj, Stafylidis, Ordets und Schlotterbeck schlugen dagegen voll ein, passten nicht nur sportlich, sondern auch menschlich zum VfL. Bei Stafylidis gelang eine Weiterverpflichtung ebenso wie bei Ordets, dessen Vertragssituation aufgrund des Angriffskriegs von Russland auf die Ukraine allerdings eine sehr spezielle war. Auch Rexhbecaj und Schlotterbeck wären gerne geblieben, weckten aber das Interesse anderer Klubs. Die fällige Ablöse wollte oder konnte der VfL nicht zahlen. In beiden Fällen sicherte sich der FC Augsburg ihre Dienste. 

Kaufsumme für Boadu zu hoch

Aus Bochumer Sicht ist zu befürchten, dass es in diesem Jahr nicht wesentlich anders laufen wird. Logisch, im Falle eines Abstiegs wären Boadu, Masouras, Krauß und Medic ohnehin nicht zu halten. Aber selbst bei einem erneuten Ligaerhalt dürfte es kompliziert werden. Für Boadu besitzt der VfL zwar eine Kaufoption, die für einen hohen einstelligen Millionenbetrag gezogen werden könnte. Eine derartige Summe ist für den Revierklub aber nicht ansatzweise zu stemmen. Allenfalls kann der VfL darauf hoffen, dass Boadu schnell fit wird und bis zum Saisonende derart überzeugt, dass ein anderer Klub bereit ist, noch mehr zu zahlen als der VfL an die AS Monaco überweisen müsste. Medic hingegen hat bislang nur selten überzeugt, weshalb die Kaufsumme von rund 2,5 Millionen Euro, die mit Ajax Amsterdam vereinbart wurde, ebenfalls zu hoch sein dürfte.

Gehaltshöhe ist oft das Problem

Bei Krauß und Masouras müsste komplett neu verhandelt werden. In beiden Fällen hat sich der VfL keine (realistische) Kaufoption sichern können. Krauß besitzt noch einen bis 2027 gültigen Vertrag bei Mainz 05, Masouras ist bis 2027 an Olympiakos Piräus gebunden. Bei ihnen hängt es stark von der Planung ihrer Stammvereine und von möglichen Konkurrenz-Angeboten ab, ob ein Verbleib vielleicht doch noch im Rahmen der Bochumer Möglichkeiten liegen könnte. Dabei geht es nicht nur um die Ablösesumme, sondern auch um das Gehalt, das der abgebene Verein bei einer Leihe zum Teil noch mitfinanziert. Doch bis zu diesen Verhandlungen ist es noch ein weiter Weg. Gewiss ist nur: Überzeugen Krauß und Masouras auch in den kommenden Wochen, dann steigt die Wahrscheinlichkeit, dass der VfL erstklassig bleibt. Damit hätten sie ihren Kernauftrag als Leihspieler bereits erfüllt.


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(Foto: Marc Niemeyer)