Schindzielorz hört auf

Kommentar: Der Ball liegt jetzt beim Präsidium

Pressemitteilungen beim VfL Bochum werden nicht immer zur üblichen Geschäftszeit verschickt. Es lohnt also auch am Abend noch ein Blick ins Mailpostfach. Doch ein Statement zu den Entwicklungen des Tages suchte man auch am späten Mittwochabend vergebens. Obwohl schon am Morgen durchgesickert war, dass Geschäftsführer Sebastian Schindzielorz beim VfL Bochum spätestens Ende des Jahres Schluss machen wird, verzichtete der Verein – konkret: das Präsidium – auf eine offizielle Einordnung dieser Meldung. Das ist ungewöhnlich.

Schließlich weiß die Runde um Villis und Co. nicht erst seit gestern, sondern schon etwas länger von dieser Entscheidung. Heißt: Sie hätten den Medien sogar zuvorkommen und somit die Deutungshoheit behalten können. Sie hätten überdies auch verkünden können, wie es nun weitergeht. Ausgerechnet jetzt, in dieser so wichtigen Planungs- und Transferphase, fragen sich nicht nur die Fans: Was ist da eigentlich in Bochum los? Warum gibt es nach der erfolgreichsten Saison der jüngsten Vereinsentwicklung mehr Gerüchte oder Vollzugsmeldungen über Abgänge als über Neuzugänge? Dabei ist die Personalie Schindzielorz nur ein Teil des Problems. Dass Trainer Thomas Reis zuletzt öffentlich erklärt hat, auch für andere Klubs gesprächsbereit zu sein, hat Spieler und Berater gleichermaßen irritiert. 

Freiwilliger Abgang

Dass ausgerechnet Schindzielorz als Erster (und hoffentlich Einziger) von Bord geht, war nicht unbedingt zu erwarten. Fast sein halbes Leben hat der 43-Jährige beim VfL Bochum verbracht. Wie kommen einige Fans eigentlich darauf, dass er jetzt nur noch mit halber Kraft arbeiten würde? Schindzielorz vorzeitig zu entlassen, würde die ganze Saisonplanung gefährden, das Chaos wäre perfekt. Problematisch ist natürlich, dass nun alle Verhandlungspartner wissen, dass sie jemandem gegenüber sitzen, der seine eigene Zukunft nicht mehr an der Castroper Straße sieht. Sollte Patrick Fabian wirklich Nachfolger von Schindzielorz werden, dann wäre es klug, schnellstmöglich (!) Fakten zu schaffen. So könnte Schindzielorz seine Ideen noch umsetzen, Fabian würde die Gespräche aber schon begleiten.

Der Ball liegt jetzt in der Spielhäfte des Präsidiums. Das muss sich übrigens auch die Frage gefallen lassen, wie es erneut passieren konnte, dass eine Führungskraft mit enger Verbindung zum Klub, aus freien Stücken und ohne neuen Job in der Hinterhand, den Abschied verkündet. Denn dass Schindzielorz nun nach Wolfsburg wechselt, ist allenfalls ein Gerücht. Insider aus der Autostadt sagen, es hätte (noch) gar keine Kontaktaufnahme gegeben. Anders gesagt: Womöglich war dieser Abschied zu vermeiden. 

Nachtrag: Fast zeitgleich mit der Veröffentlichung dieses Kommentars am Donnerstagmorgen teilte der VfL Bochum mit, dass der Vertrag mit Ilja Kaenzig verlängert wird, das Präsidium eine gemeinsame Zukunft mit Thomas Reis anstrebt und Sebastian Schindzielorz den Klub zum Jahresende verlassen wird. Eine Nachfolgeregelung ist noch nicht gefunden.

(Foto: Imago / Eibner)