Kommentar

Der Hype ums neue VfL-Trikot: Es geht auch anders

Mit großem Aufwand hat der VfL Bochum auch in diesem Jahr seine Trikotpräsentation geplant. Spieler der Profimannschaft, der Frauen und aus dem Nachwuchs wurden für Aufnahmen im Stadion versammelt, Fotos geschossen, Videos gedreht und geschnitten, eine Marketing-Kampagne aufgesetzt. Alles war geplant, alles war vorbereitet. Doch dann platzte ausgerechnet Ausrüster Mizuno dazwischen und veröffentlichte am Dienstagvormittag noch vor dem Verein ein Foto der neuen Trikots. Für Außenstehende durchaus amüsant, für die engagierten Mitarbeiter beim VfL sicher nicht.

Kreatives Marketing

Wie auch immer: Der Hype um die Trikots nimmt im modernen Fußball allmählich fragwürdige Ausmaße an, da ist der VfL ausnahmsweise nicht anders als seine Mitbewerber. Es beginnt schon mit der Sprache. Der VfL nennt sein Heimtrikot abermals „Flutlichtblau“, dabei hat der Duden bereits ein passenderes Wort für die Farbe gefunden: dunkelblau. In dieses Trikot sind außerdem Diagonalstreifen integriert. Standen sie vor drei Jahren noch für die „Verlängerung der Lichtstrahlen“ eben jener Flutlichtmasten, laufen die Linien nun „Richtung Stadion zusammen“ und „markieren den Weg zum Ziel“. Nun ja, wir wissen alle: Beide Geschichten sind konstruiert, kein normaler Fan denkt bei Diagonalstreifen auf einem Trikot an eine asphaltierte Straße.

Aber Marketing bedeutet eben auch, kreativ zu werden. Schließlich geht es darum, die Trikots zu verkaufen, Gewinne zu erzielen. Darauf ist der Klub angewiesen. Der VfL macht ein Angebot und die Kunden können entscheiden. Die Bilanz der vergangenen Saison ist beeindruckend: 25.000 Stück wurden verkauft, rund 60 Prozent davon in dunkelblau – pardon: Flutlichtblau – die meisten mit dem Flock von Anthony Losilla, gefolgt von Simon Zoller und Takuma Asano. Dabei verlangt der VfL mittlerweile einen stolzen Preis, trotz mäßiger Produktqualität. Wer sich das Trikot mit einem Spielernamen gönnen möchte, zahlt ohne Vergünstigung knapp 97 Euro. Bei elf Bundesligisten sind sogar mehr als 100 Euro fällig. Wer auf eine Beflockung verzichtet sowie Mitglied oder Besitzer einer Dauerkarte ist, kann den Preis in Bochum auf rund 72 Euro drücken. Kindershirts sind im günstigen Fall für unter 50 Euro zu haben.

Brentford als Vorbild?

Die Gewinnmargen sind trotzdem hoch, die Klubs im Allgemeinen nutzen die Gutmütigkeit ihrer Anhänger auch ein wenig aus. Branchenkenner berichten, dass der Wareneinsatz höchstens bei der Hälfte des späteren Verkaufspreises liegt, die Sponsoringeinnahmen des Ausrüsters noch nicht einberechnet. Immerhin: Alle Trikots beim VfL werden mittlerweile aus recycelten PET-Flaschen hergestellt. Das ist lobens- und erwähnenswert im Sinne der Nachhaltigkeit. Doch braucht es wirklich jedes Jahr ein neues Heim-, Auswärts- und Ausweichtrikot, und vielleicht noch ein Sondertrikot? Es geht auch anders. Der FC Brentford geht diesen Weg bereits. Der Premier-League-Klub trug seine Spielkleidung zuletzt zwei Jahre hintereinander. Das hehre Ziel: Auf Verschwendung und übermäßigen Konsum aufmerksam zu machen. Fans sollen nicht das Gefühl haben, jedes Jahr ein neues Trikot kaufen zu ‚müssen‘. Ja, Brentford ist nicht Bochum, die haben Geld im Überfluss. Dennoch: Auch für die Bundesliga, die Nachhaltigkeit predigt, wäre das ein spannendes Modell.


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(Foto: VfL Bochum 1848)