Der Abpfiff in Heidenheim war gerade erst ertönt, da sackten schon mehrere Bochumer Spieler enttäuscht zu Boden. Sie wussten sofort: Das 0:0 im Kellerkrimi ist zu wenig. Den sofortigen Abstieg hat der VfL zwar verhindert, aber vermutlich nur hinausgezögert. Vier Punkte beträgt der Rückstand auf Heidenheim und den Relegationsplatz nach wie vor, dazu kommt das um sechs Treffer schlechtere Torverhältnis. Die Chance, doch noch in der Bundesliga zu bleiben, ist am Freitagabend weiter gesunken. „Das war ein klares Endspiel für uns, so haben wir es auch intern formuliert. Der Klassenerhalt ist jetzt noch unwahrscheinlicher geworden“, kennt nicht nur Sportchef Dirk Dufner die fast aussichtslose Lage des VfL. Intern planen die Verantwortlichen bereits priorisiert für den Abstiegsfall. Nicht anders ist auch die Vertragsverlängerung mit Trainer Dieter Hecking zu verstehen, die er nach dem Spiel selbst bekanntgab.
Hecking bleibt Trainer
Ende März hatte Hecking nur für die Bundesliga unterschrieben, weil er sich angeblich noch nicht mit einem möglichen Abstieg beschäftigen wollte. Nun aber – nach einem verbesserten Angebot und intensiven Gesprächen über den nötigen Kader-Umbau – auch für eine Spielklasse tiefer. Nötig geworden ist diese Anpassung allerdings nur, weil es der VfL seit Wochen und Monaten nicht schafft, enge Spiele auch mal siegreich zu gestalten. Was die Mannschaft leistet, ist zum Überleben in der Bundesliga zu wenig, zum Sterben aber (noch) zu viel. Das nächste Bochumer Fußball-Wunder ist allerdings nicht in Sicht. Sieben Spiele in Serie ohne Sieg stehen derzeit zu Buche, nur viermal hat der VfL dabei das Tor getroffen, selbst in Führung gegangen ist die Hecking-Elf nie. Besserung war auch in Heidenheim nicht zu erkennen, was den Eindruck verstärkt, dass es diesem Kader in seiner Gesamtheit an Erstligatauglichkeit mangelt.
Kleine Rest-Chance
„Wir haben uns natürlich mehr erhofft. Der Punkt hilft uns nicht weiter“, sagte Vize-Kapitän Maximilian Wittek nach der Partie auf der Ostalb. „Rechnerisch ist der Klassenerhalt noch immer möglich. Aber unsere Situation hat sich nicht verbessert.“ Klar ist: Der 1. FC Heidenheim darf im Saisonendspurt weder gegen Union Berlin noch gegen Werder Bremen gewinnen, dazu muss der VfL gegen Mainz und St. Pauli mindestens vier Punkte holen und das Torverhältnis drehen. Ergattert Heidenheim einen Punkt, muss Bochum beide Spiele gewinnen. Punktet Heidenheim hingegen zweifach und der VfL gewinnt seine Partien, kommt es erneut aufs Torverhältnis an. Zudem mischt auch Holstein Kiel noch mit. In eigener Hand hat der VfL die Rettung schon seit dem vergangenen Wochenende und dem 1:1 gegen Union Berlin nicht mehr. Auch da hielt die Mannschaft leidenschaftlich dagegen, vor allem offensiv fehlten ihr aber die Mittel.
Lob für VfL-Fans
Im Heidenheim war es nicht anders. „Wir hatten kaum gute Torchancen. Das ist schon länger unser Problem. Und wenn wir dann mal einen Hochkaräter haben, nutzen wir ihn zu selten“, analysierte Wittek und meinte damit vor allem die Großchance von Myron Boadu in der Schlussphase, die der Angreifer freistehend vor Torwart Frank Feller aber nicht nutzte. Die Heidenheimer hatten zuvor ihren Schlussmann wechseln müssen, nachdem Kevin Müller infolge eines Zusammenpralls bewusstlos am Boden lag und minutenlang von Sanitätern und Ärzten behandelt wurde. Unisono lobten die Bochumer wie auch die Heidenheimer Verantwortlichen die Reaktion der Zuschauer. Nach längerem Schweigen stimmten die mitgereisten VfL-Fans den Namen des Heidenheimer Keepers an und verabschiedeten ihn mit Genesungswünschen aus dem Stadion. Im Krankenhaus wurde eine schwere Gehirnerschütterung diagnostiziert.
Hofmann verletzt
Die Spielleistung litt zwar nicht unter dem Eindruck der Behandlungspause, sie war allerdings auch davor allenfalls mäßig. Die Gastgeber überließen dem VfL größtenteils den Ball. Viel anfangen konnte die Hecking-Elf damit in der gewohnten, wenn auch offensiver interpretierten 3-5-2-Formation aber nicht. Die frühe Auswechslung von Philipp Hofmann trug zur weiteren Verunsicherung bei. Der Angreifer musste sich in der Nacht sogar einer Not-Operation unterziehen, weil sich eine gebrochene Rippe ins Rippenfell bohrte und einen lebensbedrohlichen Lungenkollaps verursachte. „Danach hat sich einiges geändert. Uns haben spielerische Ideen gefehlt, wir haben uns vielleicht zu sehr auf den langen Ball versteift“, stellte Wittek fest. Hecking wechselte offensiv, vermied aber das volle Risiko in dem Wissen, dass der Abstieg bei einer Niederlage schon festgestanden hätte. Wahrscheinlich ist er aber nur vertagt.
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(Foto: Imago / Beautiful Sports)