0:3-Niederlage in Leipzig

Ein Gegentor kommt selten allein: Riemanns Schelte

Vielleicht wäre es ratsam, wenn Manuel Riemann nach den Spielen erst einmal tief durchatmet, bevor er wütend an die Mikrofone tritt – auch wenn wir Journalisten uns über so viel Offenheit in der Regel freuen. Nach der 0:3-Niederlage in Leipzig kritisierte Bochums Schlussmann seine Mitspieler für ihr Abwehrverhalten. Mit seinem Teamkollegen Elvis Rexhbecaj schimpfte Riemann schon nach dem zweiten Gegentreffer – der genaue Grund war zunächst unklar. Später erklärte Riemann, dass er Rexhbecaj eine Anweisung gegeben habe, die dieser ignoriert habe. „Wenn es da eine Meinungsverschiedenheit gab, dann werden wir das intern klären“, sagte Trainer Thomas Reis dazu. Doch daran hat sich Riemann nicht gehalten, er sprach über die Szene vor laufenden TV-Kameras. Dem Teamgeist und der Außendarstellung sind solche Konflikte, ausgetragen in aller Öffentlichkeit, eher nicht zuträglich.

Drei Gegentore binnen weniger Minuten

Riemann hatte aber noch mehr zu sagen. Ihm missfiel, dass seine Mitspieler beim 0:1 in der 70. Minute durch Andre Silva kaum Gegenwehr zeigten, und sich die Mannschaft danach aufgab. „Bei einer Ecke weiß ich, dass ich das eigene Tor verteidigen muss – aber offenbar wissen das nicht alle. Das war dumm“, kritisierte Riemann, ohne seine eigene Strafraumbeherrschung zu reflektieren. Silva, gerade frisch eingewechselt, stand völlig frei und konnte ungehindert einköpfen. Was danach geschah, brachte den Keeper fast noch mehr auf die Palme. „Bei mindestens acht Spielern ging der Kopf nach unten“, bemängelte er die Einstellung. Leipzig hatte nun leichtes Spiel, Christopher Nkunku traf doppelt binnen weniger Minuten. Riemann legte damit den Finger in die Wunde, denn genau das passierte dem VfL in ähnlicher Form schon in Köln, gegen Hertha und in München. Fällt das erste Gegentor, folgt das zweite sogleich.

Masovic stärker als Bella Kotchap

Insgesamt zeigte der VfL beim Vizemeister aber keine so schlechte Leistung, abgesehen von den ersten und den letzten 20 Minuten. Schon zu Beginn hatte Leipzig zu viele Räume, doch RB scheiterte am Video-Assistenten, der einen Elfmeter zurücknahm, am Aluminium oder am starken Manuel Riemann. Bochums Pressing war zu inkonsequent, einige Spieler – insbesondere Armel Bella Kotchap – verteidigten zu hoch. Hinzu kamen unnötige Ballverluste, Robert Tesche war mehrfach beteiligt. Reis beorderte den Routinier für Eduard Löwen ins Team, versprach sich von dieser Maßnahme mehr Präsenz in Luftduellen. Allerdings hatte Tesche erhebliche Probleme mit dem Spieltempo. Ein halbes Dutzend Leipziger Großchancen waren die Folge. Nach der Anfangsphase stabilisierte sich das gesamte Team, „bis zum 0:1 hatte Leipzig keine weitere Torchance“, stellte Riemann später fest.

Ganvoula aus dem Kader gestrichen

Weiter vorne rieb sich der kleine Takuma Asano gegen wuchtige Leipziger vergebens auf. Der Japaner spielte für Sebastian Polter. Im dritten Spiel in Folge blieb der VfL ohne Tor, weil kaum ein Angriff ordentlich ausgespielt wurde. Theoretisch wäre für die Mittelstürmer-Position auch Silvere Ganvoula eine Option, weil er Schnelligkeit und Körperkraft vereint. Nur hat er im Training offenbar wieder enttäuscht. Thomas Reis ließ ihn daheim, besetzte nur 18 von 20 Kaderplätzen, wobei Konstantinos Stafylidis kurzfristig ausfiel. Was genau Bochums Chefcoach zu bemängeln hatte, wollte er auf Nachfrage nicht verraten. „Ich habe mich für den bestmöglichen Kader entschieden“, sagte er nur, und war seinem Torhüter damit ein gutes Vorbild. Statt Ganvoula öffentlich zu kritisieren, schwieg er. Für die interne Problemlösung bleibt nun etwas Zeit. Es folgt die Länderspielpause, danach das eminent wichtige Spiel in Fürth. 

(Foto: Picture Point LE)