1:3-Pleite auf Schalke

VfL-Führung in der Zwickmühle: Derbyniederlage mit Folgen?

Kleine Gesten können Großes bewirken. Als Schiedsrichter Felix Zwayer in der 52. Minute nach Rücksprache mit dem Video-Assistenten zum Mittelkreis zeigte, stürmten die Bochumer Spieler in Richtung Fanblock. Mit dem Ausgleichstreffer durch Philipp Hofmann keimte wieder Hoffnung auf. War der VfL nun endlich in diesem Derby angekommen? Die Freude währte nur kurz. Am Ende verlor der VfL mit 1:3. Und die Spieler standen völlig ratlos und niedergeschlagen vor der Kurve.

„Ganz ehrlich: Es wiederholt sich jede Woche. Es ist zu wenig, was wir zeigen. Wir haben Chancen, schießen aber kaum Tore. Und wir machen Fehler, die zu Gegentoren führen. Es tut einfach weh“, machte Anthony Losilla aus seinem Herzen keine Mördergrube. Der Kapitän, der sich nach jedem Spiel stellt, wirkte so niedergeschlagen wie selten zuvor. Auch er weiß: Der Druck steigt weiter, und das Selbstvertrauen sinkt. Nach sechs Partien steht der VfL bei null Punkten, ist abgeschlagen Letzter.

Defensive instabil, Offensive harmlos

Auch im ersten Revierderby nach mehr als zwölf Jahren war durchaus mehr möglich. Wie schon gegen Bremen wäre eine Punkteteilung vielleicht sogar gerecht gewesen. Doch wie so oft in dieser Saison machte der VfL zu viele Fehler, vorne wie hinten. Schalke, keinesfalls überragend, nutzte diese eiskalt aus. Beim 0:1 patzte Torhüter Manuel Riemann, zum wiederholten Mal sah er nicht gut aus. Vor dem 1:2 entschied Schiedsrichter Zwayer zu Unrecht auf Freistoß für Schalke, dann lenkte Erhan Masovic den Ball ins eigene Tor. Die Krönung: Ausgerechnet Sebastian Polter traf in der Nachspielzeit zum 1:3. Für den VfL war es schon der achte Gegentreffer nach einer Standardsituation.

Allein mit (fehlendem) Glück oder Pech ist die Niederlagenserie nicht zu erklären. Nur vier Tore nach sechs Partien sind ein Beleg für die Harmlosigkeit in der Offensive, 18 Gegentreffer für die fehlende Stabilität der Defensive. Eine Trainerdiskussion lässt sich angesichts dieser Zahlen kaum verhindern. Die Verantwortlichen haben schon zuletzt ein klares Bekenntnis zu Thomas Reis vermieden, nach dem Spiel gegen Schalke äußerten sie sich gar nicht mehr. Dass sie nun handeln und noch vor dem Heimspiel gegen Köln und der dann anstehenden Länderspielpause einen Trainerwechsel anstreben, ist nicht unwahrscheinlich.

Die alles entscheidende Frage lautet allerdings: Liegt es überhaupt an Reis, würde ein neuer Trainer also mehr aus dieser Mannschaft herausholen? Klar beantworten lässt sich diese Frage nicht. Sicher: Dass immer wieder Spieler, vor allem Neuzugänge, wegen muskulärer Probleme ausfallen, wirft ein schlechtes Licht auf die Trainingssteuerung. Zudem fehlt Reis eine klare Linie bei seinen Startaufstellungen, er probiert immer noch viel aus. Von außen betrachtet war seine Personalauswahl in der Vergangenheit leichter nachzuvollziehen als heute. Aber: Die Mannschaft lässt sich nicht hängen, tritt nicht wie ein lebloses Tabellenschlusslicht auf. Vielleicht ist sie einfach nicht gut genug.

Erste große Entscheidung für Fabian

Die VfL-Führung steckt also in der Zwickmühle. Vor allem für Patrick Fabian ist die Lage vertrackt. Traut er sich, in seiner zweiten Woche in neuer Funktion den Erfolgstrainer der vergangenen drei Jahre zu feuern, womöglich gegen den mehrheitlichen Wunsch der Fans? „Reis-raus-Rufe“ gab es bislang noch keine, selbst den Flirt mit Schalke haben ihm viele Anhänger verziehen. Natürlich würde Fabian die Entscheidung nicht alleine fällen, qua seines Amtes ist die Trainerposition aber seine Baustelle.

Sehr wahrscheinlich hängt die Entscheidung am Ende auch nicht nur von der sportlichen Situation ab. Dass das Kapitel Thomas Reis beim VfL Bochum in absehbarer Zeit ohnehin enden wird, ist den Verantwortlichen mittlerweile bewusst. Reis betont zwar immer wieder, dass er gerne bleiben würde, hat aber mehrere Vertragsangebote des VfL ausgeschlagen. Das könnte für eine zeitnahe Beurlaubung sprechen, um schon jetzt, inmitten einer Negativserie, einen neuen Impuls zu setzen.

(Foto: picture alliance)