Knapp zwei Wochen dürfen die Profis des VfL Bochum durchschnaufen. „Abschalten und die Feiertage genießen“, das ist der Wunsch von Trainer Thomas Reis. Erst am 6. Januar bittet er zur ersten Einheit im neuen Jahr, ein Trainingslager in Spanien und mindestens zwei Testspiele sollen folgen. Insgesamt bleiben nur knapp drei Wochen Vorbereitungszeit auf das erste Pflichtspiel, das ausgerechnet in der Fremde bei Tabellenführer Arminia Bielefeld steigt.
Suche nach Stabilität
Bis dahin will und muss Bochums Cheftrainer ganz besonders das Defensivverhalten verbessern. Die Dringlichkeit lässt sich allein von der Tabelle ablesen: Mit 34 Gegentreffern stellt der VfL die drittschlechteste Hintermannschaft der Liga, nur Karlsruhe und Wiesbaden sind noch anfälliger. Eine weitere Statistik verdeutlicht das Problem: In 20 Pflichtspielen stand lediglich einmal die Null auf der richtigen Seite. Oft war es nur der Treffsicherheit der eigenen Offensive zu verdanken, dass der VfL trotz konfuser und sorgloser Abwehrarbeit überhaupt gepunktet hat.
Die Aufgabenliste für Trainer Thomas Reis ist jedenfalls lang. „Es liegt natürlich auch an mir, die Fehler abzustellen“, stellt sich der Fußballlehrer seiner Verantwortung. „Vor allem das individuelle Zweikampfverhalten sollten wir verbessern.“ Taktisch wird Reis ebenfalls Lösungen entwickeln müssen. Zuletzt hat er nur selten passende Antworten auf Ideen oder Anpassungen des Gegners gefunden. Mannschaften wie Osnabrück, Hannover in der zweiten Halbzeit, und Regensburg nutzten Lücken und Schwächen im Bochumer System immer wieder aus.
„Die Anzahl der Einschläge ist definitiv zu hoch. Es ist viel zu leicht, gegen uns zu treffen“, legt Reis zunächst einmal die Fakten dar, um dann konkreter zu werden: „Wir brauchen deutlich mehr Aggressivität. Jeder muss sich hinterfragen, ob er dazu bereit ist und wirklich alles hineinwirft.“ Zumindest auf dem Platz haben die Spieler darauf noch keine klare Antwort gegeben. Denn immer dann, wenn sie sich auf dem Wege der Besserung sahen, gab es Rückschläge. „Wir fallen zu oft in alte Muster zurück“, gibt auch Reis offen zu.
Suche nach Selbstkritik
Das betrifft allerdings nicht nur die Abwehrreihe, sondern die gesamte Mannschaft. „Wir sitzen alle in einem Boot, jeder ist für die Defensive mitverantwortlich. Es muss sich jeder an die eigene Nase fassen“, sagt Flügelstürmer Danny Blum. Wenn er diesen Worten auch Taten folgen lässt, dann wäre Selbstkritik ein erster Ansatz. Denn nicht nur bei der 2:3-Pleite gegen Regensburg begann die Defensivproblematik schon in den vorderen Reihen. Oftmals fehlte den Außenverteidigern, die am Samstag völlig neben sich standen, die notwendige Unterstützung.
Vor allem Blum fiel immer wieder negativ auf, weil er nach Ballverlusten nicht direkt den Rückwärtsgang eingelegt hat. Ein Mangel an Bereitschaft? Oder an Spielintelligenz, Situationen schneller zu erfassen? Das aber war auch zum Jahresabschluss nur eines von zahlreichen Defiziten. Oft genügten einfach vorgetragene Angriffe – bevorzugt in die Schnittstelle der Abwehr – um die Bochumer Hintermannschaft zu überwinden. Speziell im Zentrum mangelte es an Stabilität und Ordnung.
Ein Teil des Problems: Neuzugang Saulo Decarli, eigentlich als Abwehrchef verpflichtet, ist seiner Rolle noch nicht gerecht geworden. Ihm fehlt – ähnlich wie seinen Nebenleuten – nicht nur die körperliche Wucht. Stellungsfehler und Abstimmungsprobleme wiederholen sich. In diese Kritik müssen allerdings auch die defensiven Mittelfeldspieler einbezogen werden. Während Robert Tesche vor allem das Tempo fehlt, ist Anthony Losilla so umtriebig, dass er seine Kernaufgaben vernachlässigt. So entstehen oft riesige Räume und die Verteidiger sind auf sich allein gestellt.
Suche nach Verstärkung
Die Qualitätsfrage, die sich nach einer missratenen Halbserie zwangsläufig stellt, wird von den Verantwortlichen trotzdem umschifft – allerdings nur öffentlich. Denn intern wurde der Handlungsbedarf tatsächlich erkannt. Begrenzte Mittel für einen Transfer stehen zur Verfügung, mindestens für einen Innenverteidiger. Doch die Suche im Winter gestaltet sich schwierig, zumal andere Klubs ebenfalls aktiv sind. „Wenn wir was machen“, sagt Thomas Reis, „dann muss uns ein neuer Spieler sofort weiterhelfen.“ Am besten schon dann, wenn der Weihnachtsurlaub vorbei ist.
(Foto: Imago / Sven Simon)