Wer Erhan Masovic, Raman Chibsah und Soma Novothny vor ihrer Unterschrift beim VfL Bochum kannte, muss zweifellos ein absoluter Kenner des internationalen Fußballs sein. So bunt war die Mischung der Neuverpflichtungen lange nicht mehr. Insgesamt sechs Spieler hat der VfL in diesem außergewöhnlichen Sommer unter Vertrag genommen. Am Montag endete die Transferperiode. Gefunden hat der VfL sein neues Personal in sechs unterschiedlichen Ligen und in fünf verschiedenen Ländern: Holtmann (Bundesliga) und Bonga (3. Liga) haben in der Vorsaison bereits in Deutschland gespielt, Chibsah dagegen in der Türkei, Bockhorn in England, Novothny in Ungarn und Masovic in Dänemark und Belgien. So international war der VfL Bochum lange nicht mehr unterwegs.
Ob die Transfers anders ausgesehen hätten, wenn die Corona-Pandemie kein millionentiefes Loch in die Vereinskasse gerissen hat, ist durchaus denkbar. Um Kaderlücken trotzdem zu schließen, war der Preis oft mitentscheidend. Zwar gab es durch den Verkauf von Vitaly Janelt und Dominik Baumgartner Einnahmen; ein erhoffter „Big-Deal“ durch einen Transfer von Silvere Ganvoula oder Armel Bella Kotchap ist allerdings ausgeblieben. Umso bemerkenswerter also, dass der VfL zunächst den Kern der Vorjahresmannschaft gehalten hat. Speziell die Vertragsverlängerung mit Danilo Soares und die feste Verpflichtung von Vasilios Lampropoulos geraten schnell in Vergessenheit. Selbstverständlich waren sie nicht, die Kraftanstrengung groß.
Masovic kommt als neuer Defensivakteur
Ebenfalls erstaunlich ist, dass die Bochumer einem Trend der Branche nicht gefolgt sind. Viele Klubs haben in diesem Sommer vermehrt Profis auf Leihbasis verpflichtet – der VfL dagegen keinen einzigen. Alle Spieler wurden fest an den Verein gebunden, teils mit langfristigen Verträgen ausgestattet. Die Idee dahinter ist klar: Der VfL erhofft sich eine positive Entwicklung und somit eine Wertsteigerung – auch wenn von außen kaum jemand seriös einschätzen kann, wie gut die Neuen wirklich sind. Erfahrung auf einem höheren Niveau haben bislang nur Holtmann und Chibsah gesammelt. Sie werden wohl auch am ehesten zur Bochumer Startelf gehören. Wie schnell auch die anderen zu ernsthaften Alternativen werden können, ist noch ungewiss.
Tatsächlich hat der VfL jede Position im Kader mindestens doppelt besetzt – ein Qualitätsunterschied ist an vielen Stellen aber unverkennbar. Auch der einzige Last-Minute-Transfer am Montag verstärkt den Kader wohl zunächst nur in der Breite. Mit Erhan Masovic hat der VfL die Lücke geschlossen, die durch den Ausfall von Saulo Decarli und den Abgang von Vitaly Janelt entstanden ist. „Er ist ein entwicklungsfähiger Spieler, der trotz seines jungen Alters schon internationale Erfahrung gesammelt hat. Erhan kann variabel eingesetzt werden, sowohl als Innenverteidiger als auch im defensiven Mittelfeld“, begründet Schindzielorz die Verpflichtung des jungen Serben. Tatsächlich sind die Alternativen im Defensivbereich zuletzt rar geworden.
In der Offensive gibt es viele Fragezeichen
Deshalb wurden die verbliebenen Mittel in einen Abwehrspieler und nicht in einen Angreifer investiert. Dabei hätte es auch dafür Argumente gegeben. Die Neuzugänge Bonga und Novothny sind eher Wundertüten. Außerdem standen Tom Weilandt und Sebastian Maier auf der Streichliste. Sie hätte der VfL bei einem passenden Angebot gern abgegeben und im Gegenzug vielleicht noch eine echte Verstärkung dazugeholt – speziell für die rechte Außenbahn. Dort hat der VfL mit Jordi Osei-Tutu einen Leistungsträger der Vorsaison verloren. Manuel Wintzheimer und er waren die einzigen beiden Spieler, die der VfL gerne weiter beschäftigt hätte, am Ende aber nicht halten konnte. Sie waren nur ausgeliehen. Zumindest das kann den Bochumern nach dieser Saison nicht passieren.
(Foto: Imago / Team 2)