0:1 gegen Stuttgart

VfL ohne Ideen: Wenn Kampf allein nicht reicht

Eigentlich wollte er nur noch verschwinden. Bochums Innenverteidiger Saulo Decarli war nach der 0:1-Heimniederlage gegen den VfB Stuttgart am Montagabend untröstlich. Mit Mühe hielten ihn die Mitspieler davon ab, in die Kabine zu flüchten. Stattdessen trat auch Decarli noch kurz vor die Bochumer Fankurve. Es gab aufmunternde Worte – obwohl der Schweizer in der 80. Spielminute den entscheidenden Fehler machte. Ein Pass in die Füße seines Gegenspielers, und die Gäste hatten leichtes Spiel. Hamadi Al Ghaddioui profitierte davon und schoss den Aufstiegsfavoriten zum Auswärtssieg.

Offensiv ohne erkennbaren Plan

Unterstützung für Decarli gab es nicht nur von den Rängen, sondern auch von den eigenen Mitspielern. „Er hat in Wiesbaden und gegen Stuttgart ansonsten richtig gut gespielt. Fehler gehören leider dazu“, sagte Torhüter Manuel Riemann, der während des Spiels der erste war, der seinen Vordermann aufrichtete. Decarli für die Niederlage verantwortlich zu machen, würde ohnehin deutlich zu weit führen. Schließlich ist es der gesamten Mannschaft nicht gelungen, neben einer kämpferisch guten Vorstellung auch spielerische Akzente zu setzen. Für einen Punktgewinn war der VfL also auf eine fehlerfreie Defensive angewiesen.

Dass vorbildlicher Einsatz allein nicht reichen wird, um im Abstiegskampf zu bestehen, wurde gegen Stuttgart besonders deutlich – auch wenn die Schwaben nicht in allen Belangen ein Maßstab sein können. Stellte der VfL in der Hinrunde noch die drittbeste Offensive der Liga, gab es nach dem Jahreswechsel in vier Partien nur zwei eigene Treffer. Auch gegen Stuttgart basierte das Angriffsspiel oft auf langen Bällen und einigen glücklichen Zufällen. Hinzu kam das, was Cheftrainer Thomas Reis nach der Partie „als größten Kritikpunkt“ anführte: eklatante technische Mängel. Viele Pässe fanden keinen Abnehmer, Abschlüsse waren ungenau oder überhastet.

Außenverteidiger überzeugen

Vor allem Silvere Ganvoula, oft Einzelkämpfer im Bochumer Angriff, versuchte es aus allen Lagen, teilweise ohne Sinn und Verstand. Danny Blum, der für Robert Zulj in die Startformation gerückt war, blieb glücklos, Tom Weilandt unauffällig. Das Problem: Einen Spielgestalter, der das Umschaltspiel beherrscht, damit Ganvoula oder Blum ihre Schnelligkeit hätten ausspielen können, gab es nicht. Insgesamt wählte Thomas Reis eine eher vorsichtige Taktik, was die Defensive stärken sollte, die Offensive aber schwächte. Auch Reis analysierte später, dass sein Team in der ersten Halbzeit zu passiv blieb, die hochstehende Stuttgarter Dreierkette nur halbherzig anlief.

Erst nach dem Seitenwechsel trauten sich die Gastgeber etwas mehr. Strukturierte Angriffsversuche gab es für die 18.090 Zuschauer trotzdem nicht zu sehen. Der VfB, der den ersten Durchgang klar dominierte und beste Chancen leichtfertig vergab, war plötzlich aber auch abgemeldet. Bestnoten verdienten sich vor allem die Bochumer Außenverteidiger. Sowohl Cristian Gamboa und Danilo Soares überzeugten mit einer engagierten Vorstellung und starken Zweikämpfen. Erst der individuelle Fehler ihres Abwehrkollegen sorgte für den späten Rückschlag und die dritte Niederlage im neuen Jahr.

Kellerkrimi in Dresden

Die Ausgangslage vor dem Gastspiel beim Tabellenletzten in Dresden am Samstag hat sich somit nicht verändert und bleibt äußerst prekär. Konkret bedeutet das: Nur zwei Punkte trennen den Revierklub vom ersten Abstiegsplatz. Doch beim VfL schöpfen Spieler wie Verantwortliche sogar Mut aus der Partie gegen Stuttgart. Dabei müssen sie allerdings aufpassen, den Auftritt nicht besser zu machen als er war. Trainer Thomas Reis klammert sich vor allem an die zuletzt erkennbare „Bereitschaft“. Die aber gehört zum selbstverständlichen Teil eines jeden Fußballspiels – und wird allein nicht reichen, um im Kellerduell dreifach zu punkten.

(Foto: Sportfotos Gerd Krause)