Bock auf Bochum

Charakter und Sprache: Worauf Letsch und Lettau achten

Mitunter sind die Aussagen von Spielern anlässlich ihrer Verpflichtung ja recht floskelreich, oft austauschbar oder zumindest erwartbar. Selbst Lys Mousset war vor knapp einem Jahr „neugierig darauf“, die „neuen Teamkollegen kennenzulernen“. Der Fortgang der Geschichte ist bekannt. Nicht nur sportlich kam der Franzose nie in Bochum an, auch menschlich nicht. Immerhin: Seine Verpflichtung hat beim VfL womöglich die Sinne geschärft. Die neue sportliche Leitung hat bei sämtlichen Transfers in diesem Jahr verstärkt auch die charakterliche Eignung im Blick.

„Wir wollen, dass die Spieler für die Aufgabe beim VfL Bochum brennen und sich mit dem Klub identifizieren. Dass sie eine intrinsische Motivation mitbringen und nicht jeden Tag angeschoben werden müssen“, sagt Sportdirektor Marc Lettau im Gespräch mit Tief im Westen – Das VfL-Magazin. Vor jeder Neuverpflichtung stünden persönliche Gespräche an, die „über Smalltalk hinausgehen“, erklärt Lettau, der insgesamt von einem „komplexen Prozess“ spricht. Wenn es um außersportliche Kriterien geht, informiert sich der Sportdirektor auch bei ehemaligen Trainern oder Mitspielern.

Letsch lobt seine Neuzugänge

Selbst die Profile der Spieler in den sozialen Netzwerken werden von der Scouting-Abteilung des Öfteren unter die Lupe genommen. Sie liefern zwar keine Details, aber einen ersten Eindruck. Denn für das Bild, das die Fußballer dort abgeben, sind sie selbst verantwortlich. „Teamfähigkeit ist uns sehr wichtig. Der VfL Bochum braucht eine funktionierende Gruppe, um sportlich erfolgreich zu sein“, betont Lettau. Es sei auch in diesem Sommer schon vorgekommen, dass ein Spieler die Verantwortlichen zwar sportlich überzeugt habe, die Verhandlungen nach einem Kennlerngespräch aber nicht fortgesetzt wurden – selbst wenn die Personalplanung dadurch zunächst ins Stocken geriet.

Dass Trainer Thomas Letsch die Arbeitseinstellung und Persönlichkeit der Neuzugänge auffallend häufig hervorhebt, ist somit kein Zufall. „Wir brauchen gute Typen, weil ich möchte, dass die Atmosphäre innerhalb der Mannschaft so hervorragend bleibt“, sagt der erfahrene Fußballlehrer und nennt zwei Beispiele: „Nehmen wir Felix Passlack. Der hat sogar schon in der Champions League gespielt, bei uns aber einen Vertrag unterschrieben, als er noch gar nicht wusste, in welcher Liga es weitergeht. Ähnlich war es bei Noah Loosli, der sich schon am ersten Trainingstag in einer Top-Verfassung präsentiert hat. Solche Spieler brauchen wir.“

Spieler sollen Deutsch lernen

In zwei Fällen war ein intensives Kennenlernen gar nicht nötig. Matus Bero und Bernardo kannte der 54-Jährige bereits – Bero aus Arnheim, Bernardo aus Salzburg. „Matus bringt Laufstärke, Siegeswillen und eine große Leidenschaft mit. Er ist auch im Training sehr fleißig“, weiß Letsch. Der slowakische Nationalspieler erhielt von Letsch in Arnheim sogar die Kapitänsbinde. „Er war immer ein wichtiger Ansprechpartner für mich“, betont sein alter und neuer Coach. „Kein Lautsprecher, aber einer, der sich immer in den Dienst Mannschaft gestellt hat.“ Und Bernardo? „Auch er passt sehr gut in unsere Mannschaft und ist leicht zu integrieren“, sagt Letsch über den Neuzugang aus Brasilien.

Ein großer Vorteil: Bernardo spricht nach zwei Jahren in Leipzig und einer ähnlich langen Zeit in Salzburg mittlerweile sehr gut Deutsch. Noah Loosli, Felix Passlack, Niclas Thiede, Lukas Daschner und Moritz-Broni Kwarteng erfüllen dieses Kriterium qua ihrer Herkunft logischerweise sowieso. Der einzige Neuzugang, der sich sprachlich anpassen muss, ist folglich Matus Bero. Ihm bietet der Verein zwei Unterrichtseinheiten pro Woche an. Das Ziel ist klar: „Wir wollen die Deutschsprachigkeit im Kader erhöhen“, erklärt Marc Lettau.


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(Foto: Imago / Revierfoto)