0:1-Niederlage und viel Ärger

Bochum voll im Soll – und doch nicht glücklich

Einen Treffer wollten die Bochumer unbedingt noch erzielen. Und weil ihre Mannschaft auf dem Platz einfach zu harmlos war, versuchten es einige Fans von der Tribüne aus. Aus mehreren Blöcken flogen Trinkbecher gezielt in Richtung der Berliner, wohl deshalb, weil sie am Ende auf Zeit spielten. Trainer wie Spieler wurden beinahe getroffen, die Gäste waren außer sich. „So asoziale Fans wie hier habe ich selten erlebt“, sagte Max Kruse nur wenige Minuten nach Schlusspfiff. Schiedsrichter Tobias Reichel, auf den sich die Fans wegen seiner Kartenverteilung ebenfalls eingeschossen hatten, notierte die Szenen. Den VfL erwartet eine Geldstrafe. Berlins Trainer Urs Fischer hatte sich in der Pressekonferenz schon wieder beruhigt, reagierte gelassen: „Was im Stadion passiert, bleibt auch im Stadion.“

Kruse trifft und provoziert

Sein Spieler Max Kruse ist dagegen für sein loses Mundwerk bekannt – und für eine gute Schusstechnik. Der Angreifer erzielte in der 16. Minute mit einer eleganten Direktabnahme den einzigen Treffer des Tages und sorgte somit für die 0:1-Niederlage aus Bochumer Sicht. „Das ist Qualität. Den trifft sicher nicht jeder so“, sagte VfL-Coach Thomas Reis voller Anerkennung. Die Berliner wirkten reifer und kontrollierten das Spiel in der ersten Halbzeit, ließen die Bochumer zu keiner einzigen Torchance kommen. Ohne fünf potenzielle Startelfkandidaten tat sich der VfL nach vorne abermals schwer, ähnlich wie schon gegen Dortmund und Bielefeld. Nur ein Elfmetertor gelang in dieser Woche mit drei Spielen, was auch Thomas Reis registriert hat: „Ich will nicht jammern, aber natürlich fehlen uns vorne wichtige Spieler.“

Kurzfristig musste er auf den erkrankten Gerrit Holtmann verzichten, den ein Infekt, aber nicht Corona erwischt hat. Zusammen mit Eduard Löwen, Takuma Asano, Danny Blum und Simon Zoller fehlte fast die ganze Offensivabteilung. Patrick Osterhage profitierte von diesen Ausfällen und feierte sein Startelfdebüt, machte seine Sache insgesamt ordentlich. Doch das Spiel lenken konnte der Youngster natürlich noch nicht. Milos Pantovic musste auf die Außenbahn ausweichen und war derjenige, der die zweite Heimniederlage in dieser Saison noch am ehesten hätte verhindern können. Denn die einzigen beiden Chancen, die erwähnenswert sind, gehörten dem Experten für Weitschusstore. Doch sein erster Versuch landete auf der leeren Osttribüne, sein zweiter an der Unterkante der Latte.

Aus kurzer Distanz trifft er offenbar nicht. „Von außen sieht es einfacher aus als es war“, erklärte Pantovic später. „Uns fehlte leider das Spielglück.“ Das bewertete Thomas Reis nicht anders. Nach erfolgreichen Wochen – mit dem nötigen Spielglück – gab es zum Jahresabschluss zwei Niederlagen. „Das ist schon bitter, so in die kurze Pause zu gehen“, sagte Bochums Trainer, der seine Mannschaft direkt nach Weihnachten wiedersehen wird. „Aber: Wir haben nach der Hinrunde 20 Punkte, 40 sind am Ende die magische Grenze. Wir sind also voll im Soll.“ Und doch nicht ganz glücklich. Den Spieltag wird der VfL zwar auf Rang 12 oder 13 beenden, doch der Abstand nach unten ist geschrumpft. Bielefeld als Vorletzter ist bis auf vier Punkte herangerückt, auch der Relegationsplatz ist wieder gefährlich nah.

Vorsprung auf Bielefeld schmilzt

Der VfL muss sich in der Rückrunde also auf einen harten Abstiegskampf einstellen, womöglich bis zum allerletzten Spiel. Dann müssen die Bochumer zu Union Berlin reisen, und speziell das Duell zwischen Max Kruse und den Fans dürfte weitergehen. Denn Kruse legte am Samstagabend nach, nahm ein Handy-Video auf und postete es auf Instagram. Darin sagte er: „Bochum ist immer ein sympathischer Verein gewesen und ich weiß, 80 bis 90 Prozent der Fans sind auch weiterhin sympathisch. Aber heute war wieder so ein Tag, an dem sich alle Ruhrpott-Assis in Bochum versammelt haben und einfach mal dachten: ‚Heute gehen wir ins Stadion.’“ Harter Tobak und eine Erkenntnis: Mehr Niveau als die Becherwerfer hat der Angreifer offenbar auch nicht.

(Foto: Imago / Revierfoto)