5:0 gegen Düsseldorf

Bochumer Euphorie: „Stolz durch die Stadt laufen“

Im leeren Stadion ist alles zu hören, auch die Rufe der Medienabteilung des VfL Bochum. Erst drei Minuten waren gegen Fortuna Düsseldorf gespielt, da forderten sie lautstark den Videobeweis, sogar noch mehr als viele ihrer Spieler. Schiedsrichter Frank Willenborg hatte übersehen, dass der einschussbereite Simon Zoller kurz, aber entscheidend von Gegenspieler Peterson festgehalten wurde. Und die Vereinsmitarbeiter wurden erhört. Willenborg prüfte die Szene und bestrafte die Fortuna gleich doppelt. Peterson sah Rot, und Blum bekam den Elfmeter, den er souverän verwandelte. Der Grundstein für den höchsten Heimsieg seit mehr als zwei Jahren war gelegt.

VfL ist jetzt Tabellenzweiter

Mit 5:0 fertigte der VfL die Rheinländer an diesem nasskalten Montagabend ab. Doch das Spiel erwärmte die Bochumer Fußballherzen. Die Gastgeber spielten sich nach dem 2:0 durch Robert Tesche nach knapp einer Stunde in einen Rausch. „Wir hätten schon früher noch mehr aus der Überzahl machen können“, fand Trainer Thomas Reis sogar einen Kritikpunkt, lobte aber zugleich die Spielfreude nach der Vorentscheidung: „Die Jungs wollten einfach nicht aufhören.“ Seine Mannschaft brillierte beim Doppelpack durch Robert Zulj und auch beim fünften Streich durch Milos Pantovic. Vor allem der Spielzug vor dem vierten Treffer schafft es so in jedes Lehrbuch. Die Gäste wehrten sich kaum noch.

Nach dem 3:1 beim HSV in der Vorwoche setzte der VfL nun also schon das zweite dicke Ausrufezeichen binnen kürzester Zeit. Bochum steht nach diesem Spieltag dank des guten Torverhältnisses sogar auf dem zweiten Tabellenplatz. Deswegen gleich abzuheben, sei aber der falsche Weg, mahnt Trainer Reis. „In der heutigen Zeit geht das alles ziemlich schnell. Vor wenigen Wochen waren wir noch ein Abstiegskandidat, plötzlich wird wieder vom Aufstieg gesprochen“, wünscht sich der Trainer weniger Übertreibungen und mehr Realismus. Träume seien jedoch erlaubt, „die möchte ich keinem Fan verbieten. Sie können wieder stolz durch die Stadt laufen.“

Freitag geht es schon weiter

Auch für den Trainer waren die beiden Erfolge gegen Hamburg und Düsseldorf Balsam für die geschundene Seele. Der Fußballlehrer war zu Saisonbeginn in die Kritik geraten, weil der Verdacht aufkam, er würde das Potenzial, das in der Mannschaft unverkennbar schlummert, nicht richtig ausschöpfen. Dass er nun auf eine aggressivere und offensivere Gangart setzt, auf Spieler mit mehr Tempo und besserer Technik, macht sich sofort bezahlt. Nun scheint Reis tatsächlich seine Erfolgsformation gefunden zu haben, die Mannschaft ist kaum wiederzuerkennen. Mit diesem Team und in dieser Form ist der VfL tatsächlich ein Kandidat für das obere Tabellendrittel, vielleicht auch für mehr.

Doch ein echtes Spitzenteam benötigt vor allem Konstanz und Stabilität, die es in den kommenden Wochen zu beweisen gilt. Bis Weihnachten stehen noch fünf Spiele auf dem Programm. Schon am Freitag gastiert der VfL bei Holstein Kiel, anschließend kommt der SC Paderborn ins Ruhrstadion. Beide Teams sind schwer zu bespielen, stehen weit oben in der Tabelle. „Wir müssen mit Demut und Leidenschaft weiterarbeiten“, warnt Reis seine Spieler vor Nachlässigkeiten. Immerhin: Auf Unterstützung von den Rängen müssen sie selbst in Geisterspielen nicht ganz verzichten. Denn auch beim Torjubel ist die Bochumer Medienabteilung laut genug.

(Foto: Imago / Revierfoto)