Hoffen auf Rückkehr

Kompromiss ohne Klausel? Hecking plant mit Bernardo

Unmittelbar nach Spielende Interviews zu führen, ist für alle Beteiligten oftmals anstrengend. Für die erschöpften Spieler, weil sie meist nicht wissen, was sie sagen oder antworten sollen, aber auch für die Journalisten, die dann längst bekannte Phrasen hören. Zu den seltenen wie positiven Ausnahmen zählt VfL-Verteidiger Bernardo. Der Brasilianer stellt sich nicht nur bereitwillig den Fragen, er hört auch aufmerksam zu und hakt höflich nach, wenn er sich nicht sicher ist, ob er alles richtig verstanden hat. Zweifellos: Der 29-Jährige gehört zu den freundlichsten, angenehmsten und womöglich auch ehrlichsten Gesprächspartnern aus der aktuellen Bochumer Bundesliga-Mannschaft.

Insofern überrascht das Gerede in der Branche, dass der Defensivallrounder auf einen ablösefreien Wechsel im Sommer dränge. Brisant daran ist, dass sich Bernardos auslaufender Vertrag bei drei weiteren Einsätzen über mindestens 45 Minuten um ein weiteres Jahr verlängern würde, sofern der VfL erstklassig bleibt. In diesem Fall wäre ein Abgang nicht so einfach möglich, und für den Spieler und seine Berater auch nicht so lukrativ. Der Spieler weist Spekulationen, dass er absichtlich pausiere, weit von sich. Ein Vertreter von Bernardo soll allerdings schon mit der Vertragsfreiheit seines Spielers ab Juli geworben haben. In verschiedenen Medienberichten wurde Bernardo zuletzt mit mehreren Bundesligisten, aber auch mit Klubs aus dem Ausland in Verbindung gebracht.

Befeuert werden diese Gerüchte dadurch, dass Bernardo zuletzt drei Spiele verpasst hat. Erst hat die Achillessehne Probleme bereitet, dann das Knie. Zuletzt kam Bernardo beim 3:2-Erfolg gegen Bayern München zum Einsatz. Seit dieser Woche befindet sich der Linksfuß aber wieder im Mannschaftstraining und soll im Heimspiel gegen den FC Augsburg an diesem Samstag wieder zur Verfügung stehen. „Ich hoffe, dass Bernardo dabei sein kann“, sagte Trainer Dieter Hecking am vergangenen Wochenende nach der herben Pleite gegen den VfB Stuttgart. Die fehlende defensive Ordnung an einem einzigen Ausfall festzumachen, sei „zu billig“, bekräftigte Hecking ungefragt, bezeichnete den linken Innenverteidiger aber als „wichtigen Faktor. Wir verlieren Stabilität, wenn er nicht spielt.“ Zu Bernardos großen Stärken zählen seine Zweikampfstärke, sein Stellungsspiel und seine Schnelligkeit.

All dies haben die Bochumer schon zu Saisonbeginn schmerzlich vermisst, als Bernardo aus ähnlichen Gründen die ersten zehn Ligaspiele verpasste. Der messbare Unterschied ist frappierend: Wenn Bernardo über 90 Minuten zum Einsatz kam, hat der VfL im Schnitt rund 1,4 Punkte pro Spiel geholt. Ohne ihn hat der Tabellenvorletzte in 15 Anläufen wiederum kein einziges Spiel gewonnen. Logisch also, dass vor allem Trainer Hecking im Saisonendspurt nicht auf seinen Schützling verzichten möchte: „Er ist ein guter Junge, der uns unbedingt helfen will und sich ärgert, dass er das zuletzt nicht konnte. Alle, die glauben, dass er kein Spiel mehr machen wird, kann ich beruhigen. Ich gehe fest davon aus, wenn sein Knie mitmacht, dass er uns im Endspurt zur Verfügung stehen wird.“

Offen ist allerdings, zu welchen Bedingungen. Gespräche, Bernardo mit einem neuen, längerfristigen Vertrag auszustatten, um in jedem Fall eine Ablöse zu kassieren, haben bislang nicht zum Erfolg geführt. Der Spieler und seine Berater hoffen auf sportlich und finanziell attraktivere Angebote. Bernardos Wunsch ist es, sich noch einmal auf der internationalen Bühne zu präsentieren. Das hat er bereits im vergangenen Sommer erzählt. Ein auslaufender Vertrag in Bochum wäre somit die optimale Gelegenheit für einen Vereinswechsel. Eine automatische Verlängerung per Klausel bei drei weiteren Einsätzen würde einen Abgang hingegen erschweren. Um einer möglichen Verweigerungshaltung im Endspurt vorzubeugen, wäre auch ein Kompromiss denkbar: Der VfL streicht die erwähnte Klausel, der Spieler kann bedenkenlos spielen und im Sommer ablösefrei gehen.


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(Foto: Marc Niemeyer)