Seit fast zwei Jahren gibt Manuel Riemann am Spieltag keine Interviews mehr. Ihn nach seiner Meinung zu fragen, ist somit unmöglich geworden. Nach dem 2:2 im Auswärtsspiel beim FC Augsburg führte der Keeper des VfL auf dem Weg in die Kabine aber ein so lautes Selbstgespräch, dass nun klar ist, wie Riemann über das Ergebnis denkt. „Unfassbar, dass wir gegen diese Mannschaft nicht gewinnen“, ärgerte sich der 34-Jährige. Seine Teamkollegen und Thomas Letsch stimmten ihm anschließend zu. „Glückwünsche zur Leistung lasse ich zu, Glückwünsche zum Punkt lehne ich ab“, sagte Letsch und fügte hinzu: „Die Enttäuschung überwiegt.“
Asano gleicht zweimal aus
Der VfL dominierte über weite Strecken die Partie und war insgesamt die klar bessere, weil aktivere Mannschaft. Die Bochumer knüpften damit an den gelungenen Auftritt gegen Dortmund an, als ebenfalls ein Sieg möglich war, am Ende aber nur eine Punkteteilung blieb. Nur? „Auch nach dem Spiel gegen Dortmund habe ich mich ein wenig geärgert“, gab Letsch freimütig zu, „da konnte ich mit dem Ergebnis aber noch leben.“ In Augsburg dagegen hätte es endlich klappen sollen mit dem ersten Erfolgserlebnis der noch jungen Saison. „Wir haben unser bestes Auswärtsspiel unter Thomas Letsch gemacht“, befand Angreifer Philipp Hofmann, dessen Torflaute weiter anhält. Dafür traf Sturmkollege Takuma Asano gleich doppelt. Der japanische Nationalspieler erzielte in beiden Halbzeiten jeweils den schnellen Ausgleich.
Asano und Kevin Stöger, der das 2:2 sehenswert auflegte, kurbelten das Bochumer Angriffsspiel immer wieder an, unterstützt von Matus Bero, der mit seiner Präsenz und seinen Läufen in die Tiefe erneut einen guten Eindruck hinterließ. Der VfL suchte ähnlich wie gegen Dortmund fußballerische Lösungen, der lange Ball auf Zielstürmer Philipp Hofmann blieb hin und wieder trotzdem das Mittel der Wahl. Auch in der Defensive überzeugten die Bochumer bis auf wenige Ausnahmen. Insbesondere Neuzugang Bernardo erweist sich dort als Verstärkung, Maximilian Wittek ebenso. Das Duo auf der linken Abwehrseite konnte die beiden Tore der passiven, aber effizienten Augsburger allerdings auch nicht verhindern. Sie nutzten die Lücken in der aufgerückten VfL-Abwehr zweimal eiskalt aus.
Zweimal ohne Zugriff
„Eigentlich haben wir kaum etwas zugelassen“, ärgerte sich Letsch über die beiden Gegentreffer. Der VfL verteidigte erneut sehr mannorientiert und relativ hoch, was in Summe gut funktionierte – außer in zwei spielentscheidenden Momenten. „Wenn wir zwei Tore in Augsburg schießen, muss das reichen, um am Ende zu gewinnen“, sagte Letsch. Aus seiner Sicht hat der VfL mindestens ein Tor zu viel kassiert. Kevin Stöger hingegen sah das Problem eher auf der anderen Seite. „Wir hatten so viele Möglichkeiten, um noch das dritte Tor zu machen. Eine davon müssen wir nutzen“, analysierte der Spielgestalter. 22 Torschüsse feuerte der VfL ab, doppelt so viele wie Kellerkonkurrent Augsburg.
In allen relevanten Statistiken lag der VfL vorn, nur nicht beim Endergebnis. Was aber Mut macht: Der Trend zeigt nach dem missratenen Saisonstart mit dem Pokal-Aus in Bielefeld und der Bundesliga-Klatsche in Stuttgart nun klar nach oben – auch wenn der erste Sieg noch fehlt und zwei Punkte aus drei Spielen nicht dem Punkteschnitt entsprechen, der am Ende notwendig sein wird. Damit ist der Revierklub aber in guter Gesellschaft. Nach drei Spielen warten insgesamt sieben Teams auf den ersten Dreier. Für den VfL Bochum werden die Aufgaben indes nicht leichter. Als nächstes kommt Eintracht Frankfurt an die Castroper Straße, dann folgt das Auswärtsspiel bei Bayern München.
Premiere von Kwarteng
Zunächst aber schwärmen einige Spieler zu ihren Nationalmannschaften aus, unter anderem Doppeltorschütze Asano. Der Japaner darf sich rund zehn Monate nach seinem Tor bei der WM erneut gegen das DFB-Team beweisen. Die Daheimgebliebenen bestreiten am Donnerstag derweil ein Testspiel gegen den belgischen Erstligisten VV St. Truiden. Zu erwarten ist dann das Debüt von Moritz Kwarteng, der die Saisonvorbereitung wegen einer Schambeinproblematik verpasst hat, jetzt aber wieder fit ist. Offen ist, ob es auch schon zur VfL-Premiere von Goncalo Paciencia kommt. Bochums Last-Minute-Einkauf hatte zuletzt mit Wadenproblemen zu kämpfen. Der Einstieg ins Teamtraining sei allerdings nur „eine Frage von Tagen, nicht von Wochen“, sagt Sportdirektor Marc Lettau.
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(Foto: Imago / Jan Huebner)