Krise in Bochum

Großer Knall: Warum Zeidler und Lettau gehen müssen

Wie sehr Peter Zeidler von sich und seiner Arbeit überzeugt ist, hat er nach der Niederlage in Hoffenheim ganz unverblümt gezeigt. Auf die Frage, ob er noch daran glauben würde, mit dem VfL Bochum das Ruder herumreißen zu dürfen, reagierte er mit einer längeren Antwort, die in einem bemerkenswerten Eigenlob mündete: „Dass ich fleißig und sehr kompetent bin, das weiß man. Und weil dem so ist, bin ich Trainer des VfL Bochum – hoffentlich noch sehr lange.“ Dieser Wunsch geht für ihn allerdings nicht in Erfüllung. Zeidler muss den Bundesligisten nach etwas mehr als 100 Arbeitstagen schon wieder verlassen. Nach einem stundenlangen Sitzungsmarathon mit kontroversen Diskussionen war Zeidlers Aus am Sonntagabend besiegelt. Und nicht nur das: Auch Sportdirektor Marc Lettau muss den Klub verlassen. Ein Knall, der in dieser Form nicht zu erwarten war.

Acht Spiele ohne Sieg

Denn einige Mitglieder der Vereinsspitze hatten noch vor gut zwei Wochen trotz der angespannten Lage einen erneuten Trainerwechsel blockiert, mutmaßlich aus drei Gründen. Erstens: Die finanzielle Belastung. Neben Thomas Letsch steht mit Peter Zeidler nun schon ein zweiter beurlaubter Cheftrainer auf der Gehaltsliste. Zweitens: Der Wunsch nach personeller Kontinuität. Und drittens: Das Eingeständnis, im Sommer erneut falsch gelegen zu haben. Doch überzeugende Argumente für eine Fortsetzung der Zusammenarbeit gab es längst nicht mehr. Zeidlers Bilanz mit nur einem Punkt aus sieben Bundesliga-Partien, dem Aus im Pokal und keiner erkennbaren Entwicklung ist desaströs. Das Vertrauen von Mannschaft und Mitarbeitern hatte Zeidler längst verloren, oder besser: nie wirklich gewonnen.

Keine Fortschritte unter Zeidler

Schon in der Länderspielpause hatte Tief im Westen – Das VfL-Magazin über interne Kritik an seinen Trainingseinheiten, seinem taktischen Konzept und seinem Führungsstil berichtet. Zeidler handelte wenig pragmatisch, wollte seine Ideen durchsetzen und stieß damit auf massive Widerstände. Zeidler ist es nicht gelungen, aus vielen neuen Spielern und einem kleinen Kern der letztjährigen Mannschaft ein funktionierendes Team zu formen und seine Prinzipien zu vermitteln. Die Defizite in insgesamt nur acht gemeinsamen Pflichtspielen waren zu groß, defensiv wie offensiv. Dass Zeidler vor allem in den letzten Wochen immer wieder die Formation und das Personal wechselte, war ein kleines Zeichen von Anpassungsbereitschaft, in der Umsetzung aber nur mit neuen Problemen und keinen messbaren Fortschritten verbunden. Es fehlte ein stabiles Grundgerüst.

Lettau trägt Mitverantwortung

Aus der Sicht von Geschäftsführer Ilja Kaenzig und dem Präsidium trägt dafür auch Marc Lettau die Mitverantwortung, der den Klub ebenfalls verlassen muss, obwohl er Zeidler keineswegs stützte, sondern ihn seit Wochen kritisch sah. Spannend: Lettaus Aus war sogar schneller besiegelt als die Beurlaubung von Zeidler. Der Sportdirektor war im Sommer nach der Trennung von Mit-Geschäftsführer Patrick Fabian zwar indirekt aufgestiegen, weil noch mehr Verantwortung auf ihn übertragen wurde, bei der Klubspitze stand er trotzdem unter Beobachtung. Lettau verantwortete sowohl in diesem als auch im vergangenen Jahr die Kaderplanung. Schon in der zurückliegenden Saison überzeugten nur wenige seiner Neueinkäufe, in dieser ist das bislang nicht anders. Teile des Präsidiums sahen ihn zudem kritisch, weil er aus ihrer Sicht wichtige Eigenschaften für eine Führungskraft vermissen ließ, vor allem im kommunikativen Bereich. Seine Nachfolge ist noch nicht geklärt, ebenso die von Zeidler. Zumindest hierfür zeichnet sich aber eine schnelle Lösung ab.

Interne Zwischenlösung

Aufgrund der Kürze der Zeit und auch aus wirtschaftlichen Gründen ist eine interne Lösung naheliegend, entweder interimsweise oder bei entsprechender Entwicklung auch dauerhaft. Der im April beurlaubte Thomas Letsch zählt allerdings nicht zum Kandidatenkreis, auch wenn einige Fans seine Rückkehr fordern. Über die notwendige Fußballlehrerlizenz verfügen ansonsten sechs weitere Angestellte des VfL, darunter die beiden Co-Trainer Markus Feldhoff und Murat Ural sowie U19-Trainer David Siebers. Auf den Auserwählten wartet in jedem Fall eine Herkulesaufgabe, allein mit Blick auf den Spielplan. Am kommenden Sonntag gastiert der FC Bayern im Bochumer Ruhrstadion, die Gegner danach heißen Eintracht Frankfurt, Bayer Leverkusen und VfB Stuttgart. Das Gute: Die Erwartungshaltung ist eher gering, und ein Neustart setzt bei Fans und Spielern oftmals neue Kräfte frei.


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(Foto: Marc Niemeyer)