Dass im Umfeld des VfL Bochum bisweilen mehr über Spieler gesprochen und diskutiert wird, die kaum oder gar nicht zum Einsatz kommen, gefällt den Verantwortlichen naturgemäß nicht. Gertjan Verbeek, der knurrige Holländer, lehnte Fragen über Reservisten manchmal sogar ab oder blaffte die neugierigen Reporter wenigstens kurz an. Auch wenn Thomas Letsch zuletzt zwei Jahre in den Niederlanden gearbeitet hat: Unhöflich reagiert der Cheftrainer des VfL Bochum nie. Aber auch bei ihm ist zu spüren, ob ihm eine Frage gefällt oder nicht. Letsch, der in der Regel sofort eine Antwort parat hat, zögerte nach dem Testspiel gegen PEC Zwolle ein paar Sekunden, als er auf den Fitnesszustand von Angreifer Lys Mousset angesprochen wurde. Dann antwortete er nur kurz: „Da ist noch sehr viel Luft nach oben.“ Wenige Worte und dennoch vielsagend.
Debüt ohne Erfolg
Wer den Angreifer bei seinem VfL-Debüt beobachtete, konnte Thomas Letsch nicht widersprechen. Mousset trat nur selten in Erscheinung, blieb (auf ungewohnter Position) fast unsichtbar. Dem 26-Jährigen gelang keine nennenswerte Aktion am Ball, er fiel läuferisch nicht auf. Es lag auch nicht allein an der winterlichen Garderobe, dass der Boulevard im Nachgang über ein Gewichtsproblem spekulierte. Neu wäre das ja nicht. Schon kurz nach seiner Verpflichtung im August wurde Mousset vom damaligen Cheftrainer Thomas Reis ein Fitness- und Ernährungsprogramm verordnet – ohne Erfolg. Thomas Letsch läutete nach seiner Ankunft im Herbst deshalb eine zweite Extrarunde für den Franzosen ein. Mousset durfte wochenlang nicht mit der Mannschaft trainieren. Die Verantwortlichen dürften ihm klargemacht haben, dass er in der langen Winterpause endlich liefern muss.
Thema im Team
Doch die Hoffnung schwindet, dass Mousset dem VfL eines Tages doch noch helfen kann. Letsch verzichtete im zweiten Testspiel bereits auf die Dienste des früheren Premier-League-Profis, ließ ihn trotz einer kompletten Personalrotation in der Halbzeitpause auf der Bank schmoren. Wobei die Frage erlaubt sein muss, ob Profi an dieser Stelle wirklich das richtige Wort ist. Denn Mousset ist immer noch nicht fit, von Bundesliga-Niveau weit entfernt. Trainingsbeobachter attestieren ihm eine eher laxe Berufseinstellung, in der Mannschaft ist das fehlende Engagement des Franzosen ebenfalls ein Thema. Das bleibt auch den Verantwortlichen nicht verborgen, die im Abstiegskampf niemanden gebrauchen können, der nicht mitzieht und ständig für Negativ-Schlagzeilen sorgt. Der VfL lebt insbesondere von seiner Mentalität.
Vertrag bis 2024
Das Problem ist nur: Mousset vor seinem Vertragsende im Jahr 2024 loszuwerden, wie es einige Fans in den Foren fordern, dürfte eine mittelschwere Herausforderung werden. Schließlich wird sich für einen unaustrainierten Vertragsfußballer, der zuletzt im Februar 2019 90 Minuten gespielt hat, kaum ein passender Verein finden, sportlich wie finanziell. Passiert nichts Unerwartetes – auf dem Transfermarkt oder im Kopf des Spielers – dann wird Mousset ein teures Missverständnis bleiben, aus dem der VfL seine Lehren ziehen muss. Einen vertragslosen Spieler zu verpflichten, über dessen Fitnesszustand offensichtlich zu wenig bekannt war, dessen mangelhafte Berufsauffassung aber mindestens in England ein offenes Geheimnis war, ist rückblickend als naiv zu werten – auch wenn der VfL schon so manchen Spieler zurück in die Spur gebracht hat. Die wollten aber auch.
(Foto: Imago / kolbert-press)