Früher war bestimmt nicht alles besser, aber größer, das ganz sicher. Zumindest, wenn es um das Bochumer Ruhrstadion geht. Mit folgendem Satz warb die Stadt im Jahr 1979 für den Neubau an der Castroper Straße: „Von keinem der 49.522 Plätze sind Sie mehr als 30 Meter vom Geschehen entfernt – und das Wetter können Sie dank der kompletten Überdachung auch vergessen.“ So viele Zuschauer waren in den 43 Jahren danach jedoch nie im Stadion. Immerhin: Der Rekord liegt bei 46.000, aufgestellt beim Länderspiel zwischen Deutschland und Finnland im Jahr 1981.
Davon ist der VfL Bochum heute, im April 2022, weit entfernt. Nach dem Wegfall vieler Corona-Beschränkungen dürfen im Prinzip wieder alle Zuschauerplätze genutzt werden. Doch gegen Leverkusen am kommenden Wochenende gehen nur 25.000 Tickets in den Verkauf. Wie kann das sein? Ist das Ruhrstadion über die Jahre etwa kleiner geworden?
Freiwillige Verkleinerung
Immer wieder musste der VfL die Kapazität in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten reduzieren. 1988 fiel die erlaubte Zuschauerzahl aufgrund neuer Sicherheitsbestimmungen auf 42.000. 1997 waren es nur noch 31.222 Plätze, vor allem durch den Umbau der Westtribüne von einer Steh- zu einer Sitzplatztribüne. Und 2010, im Zuge der Renovierungsmaßnahmen zur Frauen-WM, ist die Kapazität dann erstmals unter die Marke von 30.000 gefallen. Weitere Bereiche wurden bestuhlt, auch der VIP- und Medien-Bereich auf der Haupttribüne erweitert. Zuletzt lag die maximal mögliche Zuschauerzahl bei 27.599.
Doch warum dürfen nun unter Vollauslastung nur 25.000 Fans ins Stadion? Das wollten zu Wochenbeginn gleich mehrere Leserinnen und Leser wissen und baten um Aufklärung. Auf Anfrage von Tief im Westen – Das VfL-Magazin erklärt der VfL, man habe die Kapazität freiwillig reduziert: „Dies ist ein Testpilot für die restlichen Heimspiele in dieser Saison. Aufgrund baulicher Veränderungen (z.B. durch neue Kamerapositionen) zur laufenden Saison kam es zu Sichteinschränkungen auf Sitzplätzen. Die Situation in der Ostkurve wurde ebenfalls noch einmal angepasst. Und die neue Kapazität hat nun auch Auswirkungen aufs Gästekontingent, das bei den vorgeschriebenen zehn Prozent, also maximal 2.500 Karten liegt.“ Hinzukommen Sicherheitszonen zwischen Heim- und Gastbereich.
Drittkleinstes Stadion
Der VfL verweist darauf, dass schon vor Ausbruch der Corona-Pandemie nur noch 26.600 Zuschauer ins Stadion gelassen wurden: Etwa wurde das Platzangebot auf der Ostkurve reduziert, „was zu einem besseren und angenehmeren Spieltagserlebnis beigetragen hat, hinsichtlich der Verteilung auf die Blöcke und auch bezüglich der Situation bei den Auf- und Abgängen.“ Im Bundesliga-Vergleich hat der VfL unter diesen Voraussetzungen nun das drittkleinste Stadion. Nur Union Berlin und Greuther Fürth können noch weniger Besucher begrüßen. Aktuell hat der VfL mehr die Hälfte seiner Plätze fest vergeben. Rund 15.500 Dauerkarten gibt es in dieser Saison.
(Foto: Firo Sportphoto)