Schon fast 10.000 Kilometer legten die Allesfahrer des VfL Bochum in dieser Saison zurück, ohne dass sie einen Auswärtssieg ihrer Mannschaft in der Bundesliga oder im DFB-Pokal sahen. Das ist umgerechnet einmal die Strecke von Bochum nach Kalifornien. An diesem Wochenende fehlten nur knapp zehn Minuten, um die erhofften drei Zähler endlich zu bejubeln. Erst in der Schlussphase erzielte Wolfsburgs Mattias Svanberg unter Mithilfe von Ivan Ordets den 1:1-Ausgleich. Zuvor hatte Erhan Masovic die Bochumer verdientermaßen in Führung gebracht – mit dem ersten Tor nach einer Ecke unter Trainer Dieter Hecking. Der Innenverteidiger herzte anschließend vor allem Cristian Gamboa, der nach Auskunft seiner Mitspieler genau diesen Torschützen am Frühstückstisch im Teamhotel vorhergesagt hatte.
Fast wie daheim
Hätte Gamboa auch das Ergebnis richtig prognostiziert, dann wäre nur noch die Frage zu beantworten gewesen, ob die Bochumer dieses Ergebnis so unterschrieben hätten – angesichts der Auswärtsbilanz vermutlich schon. Dabei hat der VfL aus Bochum im Vorfeld der Partie alle Hebel in Bewegung gesetzt, um auch in der Fremde endlich feiern zu können. Die Mannschaft hat ihre reisefreudigen Anhänger am Morgen mit Getränken und Snacks versorgt, stellvertretend übergeben von Myron Boadu und Felix Passlack, die angeschlagen nicht mit nach Wolfsburg reisen konnten. Mehr als 2.500 Bochumer haben ihr Team mit nach Niedersachsen begleitet, darunter viele Mitarbeiter der Geschäftsstelle. „Es hat sich teilweise wie ein Heimspiel angefühlt“, schwärmte Torwart Timo Horn, die neue Nummer eins der Hecking-Elf.
Horn rettet früh
In seinem zweiten Pflichtspiel für den VfL verhinderte er wie gegen Dortmund den frühen Rückstand, parierte stark gegen Mohamed Amoura. Beim Gegentreffer wurde Horn von Torschütze Svanberg bedrängt, sah dadurch etwas unglücklich aus. Dazwischen hatte der Schlussmann nur wenig zu tun. Die Bochumer ließen die ungewohnt fahrigen Gastgeber kaum zur Entfaltung kommen. Das Team von Trainer Hecking, im Vergleich zum Derbysieg personell unverändert, hatte nach einer unsicheren Anfangsphase die besseren Torchancen, unter anderem durch den erneut agilen Georgios Masouras. Nur gegen Ende wurde Wolfsburg gefährlicher. Erst traf Amoura ins Bochumer Tor, doch Schiedsrichter Timo Gerach nahm den Treffer nach einem VAR-Eingriff wegen eines Foulspiels zu Recht zurück.
Später Ausgleich
Schließlich ließ Svanberg die Wölfe doch noch jubeln. „Wir haben am Ende zu tief verteidigt“, merkte Bochums Bernardo kurz nach Abpfiff kritisch an und konnte das Ergebnis zu diesem Zeitpunkt noch nicht richtig einordnen: „Es ist ein komisches Gefühl. Das Unentschieden geht in Ordnung, und ich freue mich über den Punkt, aber wir hatten gute Chancen, sogar zu gewinnen. Denn wir haben eine der besten Auswärtsleistungen gezeigt, weil wir mutig aufgetreten sind.“ Timo Horn pflichtete ihm bei, sah ein „gerechtes 1:1“ und ein „gutes Auswärtsspiel“, in dem der VfL seine Konkurrenzfähigkeit erneut bewiesen hat. In der Rückrunde hat der Revierklub bereits gegen drei Anwärter auf die Europapokal-Plätze gepunktet. „Für viele waren wir schon abgestiegen. Aber wir sind wieder voll da“, bekräftigte Horn.
VfL auf Platz 16
Der Keeper ist davon überzeugt, dass „wir mit dieser Mentalität die Klasse halten.“ Dass die Mannschaft zusammenhält, hat sie unter anderem nach Masovic‘ Führungstreffer bewiesen. Spieler, Trainer und Betreuer jubelten gemeinsam. Einige von ihnen packten sogar den Pinguin-Jubel aus, der in der NFL seinen Anfang nahm und sich allmählich auch im Fußball etabliert hat. Dabei watschelt vor allem der Torschütze wie ein Pinguin über den Rasen. Langsamen Schrittes nähert sich der VfL unterdessen auch dem rettenden Ufer. Das erste Etappenziel ist fast erreicht, die Bochumer trennt nur noch das schlechtere Torverhältnis vom Relegationsplatz. Und am kommenden Wochenende empfangen sie ausgerechnet die TSG Hoffenheim, die sieben Punkte entfernt auf einem direkten Nicht-Abstiegsplatz steht.
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(Foto: Imago / Christian Schroedter)