Mediziner werden jetzt widersprechen, doch manchmal braucht es nur wenige Minuten, bis Haare auf natürlichem Wege ergrauen. Das Bochumer Bundesliga-Comeback nach elf langen Jahren begann nicht so, wie es sich der Aufsteiger erhofft hatte – ganz im Gegenteil. Gleich mehrere Wolfsburger Großchancen brachten die VfL-Defensive und das Torgestänge ins Wanken. Zweimal krachte der Ball ans Aluminium. Bochum verteidigte chaotisch. Ein Start, der fast schon Angst machte und Spuren hinterließ.
Das war erst recht der Fall, als der Videoassistent ein Handspiel von Robert Tesche auf der Torlinie erkannte, den Schiedsrichter in Wolfsburg informierte und dieser nach nur vier Minuten den ersten Platzverweis und Strafstoß der noch jungen Saison aussprach – eine Doppelbestrafung, die selbst Heim-Trainer Mark van Bommel als „zu hart“ empfand. Auch Manuel Riemann hatte etwas dagegen und zeigte es auf seine Art und Weise: Er hielt den Schuss von Wout Weghorst aus elf Metern sogar fest.
Dass die Bochumer dieses Spiel trotzdem nicht mehr hoch gewinnen würden, schien da schon klar. Der Aufsteiger wirkte von der ersten Sekunde an nervös, war völlig überfordert mit der schnellen Spielweise der Gastgeber und spielte fortan in Unterzahl. Nach 22 Minuten machte es Weghorst besser als beim Elfmeter und traf zur Wolfsburger Führung. Zwar waren etliche Bochumer nach einem langen Einwurf und einer Kopfballverlängerung in Ballnähe, aber niemand ging entscheidend dazwischen. „Weil wir nicht miteinander sprechen“, kritisierte Riemann nach dem Spiel.
Zu wenig Torgefahr
Nach vorne lief beim VfL Bochum ebenfalls nicht viel zusammen. Takuma Asano und Christopher Antwi-Adjei konnten ihr Tempo nur selten ausspielen, waren in einigen Szenen auch nicht robust genug. Simon Zoller wartete vergeblich auf Zuspiele. „Wir konnten leider kaum Nadelstiche setzen“, bemängelte Trainer Thomas Reis schon zur Halbzeit. Mit dem Spielstand konnten die Gäste bis dahin aber zufrieden sein. Denn mit etwas mehr Cleverness vor dem Tor hätte Wolfsburg schon jegliche Spannung aus dem Spiel nehmen können.
Dazu kam es aber nicht, es lief sogar besser als zu Beginn befürchtet, auch weil Manuel Riemann sein Team mit mehreren Paraden immer wieder im Spiel hielt. „Wir haben zu Beginn der zweiten Halbzeit wieder zu mehreren Torchancen eingeladen“, kritisierte Reis die Defensivarbeit, lobte angesichts der Umstände aber auch die Moral und Laufarbeit seiner Mannschaft, die trotz Unterzahl nie aufgab und immer noch an den Ausgleich glaubte. Der eingewechselte Milos Pantovic vergab in der Schlussphase die einzig echte Chance, Keeper Koen Casteels parierte.
„Wir haben alles versucht“, analysierte Reis später, der sich eine Kritik an den schwachen Standards aber nicht verkneifen konnte. „Die müssen wir gerade in so einem Spiel schärfer treten, um darüber Torgefahr zu entwickeln.“ Helfen könnte dabei unter anderem Neuzugang Eduard Löwen, der in Wolfsburg ebenso gefehlt hat wie Gerrit Holtmann und Danny Blum. Auch Sebastian Polter, der neue Stürmer, war noch nicht dabei. Fest vergeben sind die Startelfplätze speziell in der Offensive noch nicht.
Auch in der Defensive könnte es Veränderungen geben. Cristian Gamboa war in der Viererkette erneut ein Unsicherheitsfaktor, noch dazu ohne Wirkung im Vorwärtsgang. Einen ordentlichen Eindruck hinterließen dagegen Danilo Soares sowie Anthony Losilla und Elvis Rexhbecaj, die sich mit zunehmender Spieldauer steigerten; ähnlich wie Maxim Leitsch. Neben ihm dürfte in Zukunft wieder Armel Bella Kotchap spielen, sofern er im Training überzeugt. Vasilios Lampropoulos enttäuschte nicht, Pluspunkte sammelte er aber auch keine.
Fans zurück in den Stadien
Manches wird sich also noch neu sortieren, auch auf den Rängen. In Wolfsburg waren offiziell keine Gästefans zugelassen. Nur mit ein paar Tricks waren am Ende doch einige Bochumer in die Volkswagen-Arena gelangt und teilweise lauter als die 8.500 Anhänger aus Wolfsburg. Die Mannschaft nahm es wahr und bedankte sich nach dem Spiel für die Unterstützung. Bei der Ankunft am späten Abend in Bochum gab es von einigen Fans, die extra zum Stadion gekommen waren, ebenfalls Applaus.
(Foto: Firo Sportphoto)