Vor dem Heimspiel gegen Karlsruher SC stellte der VfL seine neue Umweltkampagne vor. Und er könnte Unterstützung durch die heimischen Journalisten erhalten. Nach dem 3:3 gegen Karlsruhe überlegten einige Berichterstatter scherzhaft, ob sie ihre Texte aus den vergangenen Wochen nicht einfach recyceln könnten. Denn der Spielverlauf an diesem Sonntag kam nicht nur ihnen bekannt vor und wurde in ähnlicher Form schon mehrfach niedergeschrieben.
Verhalten auf dem Platz
Auch Fans und Verantwortlichen können längst die Uhr danach stellen, dass in den Schlussminuten ziemlich sicher noch ein Gegentreffer fällt. Schon zum vierten Mal hat der VfL in dieser Saison einen Sieg spät aus der Hand gegeben. Und das kam – wie so oft – mit Ansage. 75 Minuten lang spielte Bochum in Überzahl, doch im Duell gegen leidenschaftliche Karlsruher war davon wenig zu sehen. Nach der 3:2-Pausenführung schalteten die Hausherren wieder einmal in den Verwaltungsmodus, ohne Struktur im Angriffsspiel, ohne Ruhe und Souveränität und wenig Gier auf das vierte, vielleicht entscheidende Tor.
Doch das fünfte Unentschieden im fünften Heimspiel liegt ganz sicher nicht in der Offensivleistung begründet. Ligaweit stellt der VfL sogar den drittbesten Sturm, nur Hamburg und Bielefeld treffen häufiger. Eher sind es eklatante Mängel in der Defensive, die in dieser Saison immer wieder Punkte kosten. Gegen Karlsruhe waren es Nachlässigkeiten bei Standardsituationen, Umschaltaktionen und zum Schluss bei einem langen Ball aus der gegnerischen Hälfte. „Wir können doch nicht jedes Spiel drei Tore erzielen, um dann nur einen Punkt mitzunehmen“, stellte Torschütze Danny Blum im Kabinentrakt fest.
Teamkollege Saulo Decarli, der ebenfalls traf, wurde noch deutlicher. „Was wir machen, ist doch der Wahnsinn“, sagte der Innenverteidiger und nahm kein Blatt vor den Mund. „Das hat alles mit unserer Bereitschaft zu tun. Wenn wir nicht bereit sind, von Anfang bis Ende alles zu geben, dann werden wir eben bestraft.“ Auch Trainer Thomas Reis bemängelte in der Pressekonferenz die „Bereitschaft“, etwa in Umschaltsituation. Die Botschaft ist klar: Seine Spieler setzen Vorgaben nicht um und haben möglicherweise ein Mentalitätsproblem.
Verhalten vor der Kurve
Diese Erkenntnis ist umso besorgniserregender, weil die nominell beste Mannschaft ja schon längst auf dem Platz steht. Kein Leistungsträger fehlt verletzt, die sportlichen Probleme sind hausgemacht. Nicht einmal die gütige Mithilfe des Schiedsrichters kann der VfL dankend annehmen. Sowohl beim frühen Platzverweis gegen Karlsruhes Lukas Fröde, der vom Unparteiischen wohl missverstanden wurde, als auch beim Elfmeter zum 2:2, dem eigentlich eine Abseitsposition vorausging, hatten die Bochumer Spielglück.
Wer solche Geschenke nicht für sich nutzt, landet zwangsläufig im Abstiegskampf. Und so ist es nicht verwunderlich, dass das Bochumer Publikum, das sich trotz der bedrohlichen Lage lange sehr nachsichtig zeigte, nach diesem Wochenende ziemlich frustriert ist. Mit dem Schlusspfiff gab es viele Pfiffe. Dass einige Spieler schnell in den Katakomben verschwanden, ohne sich für die Unterstützung bis zum späten Ausgleich zu bedanken, passte zum Auftritt zuvor.
Anthony Losilla war nach der Partie einer der wenigen, der die Situation erfasste und sich entschuldigte. „Wer jede Woche gefühlt das gleiche Spiel sieht, verliert irgendwann die Geduld“, zeigte der Kapitän Verständnis für die Reaktionen der Fans. „Aber auch dann müssen wir alle vor die Kurve. Das gehört sich einfach so.“ Nicht nur sportlich muss der VfL seine Verhaltensweisen offensichtlich noch einmal überdenken.
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