Zweimal haben die Bochumer ins Berliner Tor getroffen, doch gejubelt haben sie am Sonntagnachmittag gleich dreimal: Zunächst nach dem Kopfballtreffer von Philipp Hofmann kurz vor der Pause, dann nach dem 2:0 durch Gerrit Holtmann nach einem sehenswerten Spielzug – und schließlich beim gehaltenen Elfmeter von Manuel Riemann gegen Milos Pantovic. Der Ex-Bochumer, der bei seiner Einwechslung überraschend mit Pfiffen bedacht wurde, wollte es allen im Stadion zeigen. Doch Pantovic scheiterte vom Elfmeterpunkt, Riemann parierte abermals einen Strafstoß und hielt damit den zweiten Saisonsieg für seine Mannschaft fest.
„Das war ein wichtiger Moment für uns“, sagte später auch Trainer Thomas Letsch. Das Spiel hätte allenfalls einen anderen Verlauf nehmen können, als Ivan Ordets in der ersten Halbzeit so rüde gegen Janik Haberer zu Werke ging, dass die Berliner einen Platzverweis forderten. Wobei die Gelbe Karte, die Schiedsrichter Deniz Aytekin zückte, im Grunde ausreichend war. Union kam in der Folge nur selten zu Torannäherungen. Pantovic traf in der Nachspielzeit zwar doch noch ins Bochumer Tor, der Anschlusstreffer kam allerdings zu spät. „Wir leben“, fasste Letsch die Gefühlslage beim Revierklub treffend zusammen. Und der Sieg war verdient.
Kompakt und konsequent
Denn die Berliner spielten nicht wie ein Spitzenreiter, und die Bochumer vor allem nicht wie ein (vormals) Tabellenschlusslicht. Mit Leidenschaft hielt der VfL von der ersten Minute an dagegen. Letsch veränderte die Aufstellung im Vergleich zum 1:0-Sieg in Elversberg nur auf einer Position, brachte Jordi Osei-Tutu für Gerrit Holtmann und fand damit genau die richtige Mischung. Seine Mannschaft präsentierte sich überaus laufstark und einsatzfreudig, sie lief den Gegner aggressiv wie konsequent an, ohne dabei kopflos zu agieren und die Kompaktheit zu verlieren. Immer wieder gelang es ihr, Spielsituationen clever vorherzusehen.
„Bochum war frecher und agiler“, fand auch Urs Fischer, der Trainer von Union Berlin, anerkennende Worte. „Sie haben uns mit den eigenen Waffen geschlagen.“ Der VfL nahm auch das Publikum mit und weckte Erinnerungen an die vergangene Saison, als mit einer intensiven, leidenschaftlichen und temporeichen Spielweise zahlreiche Heimsiege gelangen. „Genau das muss unser Weg sein“, sagte Letsch, der sich einen Monat nach seinem Amtsantritt auch selbst auf die Schulter klopfen darf. Seine Handschrift ist allmählich zu erkennen: Defensive Stabilität als Grundlage, Torgefahr nach Standardsituationen oder Umschaltaktionen.
VfL nicht mehr Schlusslicht
Wie das aussehen kann, war vor dem 2:0 zu bewundern. „Der Konter war ein Beispiel fürs Lehrbuch“, lobte Letsch sein Team und war sichtlich begeistert über den One-Touch-Fußball, der nach sieben Stationen zum Torerfolg führte. „So, wie wir heute Fußball gespielt haben, müssen wir nun auch auswärts antreten“, forderte Letsch zugleich. Alle sieben Saisonpunkte, sechs davon unter der Leitung des neuen Trainers, holte der VfL im eigenen Stadion. Diese Statistik kennen auch die Spieler und wissen, dass sie die kommenden beiden Spiele in der Fremde bestreiten müssen: Erst beim VfL Wolfsburg, dann in Dortmund.
Sollte es an den äußeren Umständen und der Stimmung in den Stadien liegen, dass die Bochumer außerhalb der eigenen Stadt noch nicht gepunktet haben, dann bietet der Spielplan nun eine günstige Gelegenheit. „In Wolfsburg ist doch nichts los. Da werden unsere Fans garantiert lauter sein“, sagte Gerrit Holtmann, der so erfrischend ehrlich ist wie kaum ein anderer. Einen zusätzlichen Motivationsschub gab es außerdem am Abend: Weil Schalke 04 bei Hertha mit 1:2 verlor, hat der VfL den letzten Tabellenplatz vorerst und hoffentlich endgültig verlassen – und die Rote Laterne zum Erzrivalen nach Gelsenkirchen weitergereicht.
(Foto: Imago / Team 2)