Die VfL-Kolumne ist ein Format auf Tief im Westen – Das VfL-Magazin. Zweimal im Monat gibt es einen kurzen Kommentar zu einem ausgewählten Thema – zum sportlichen Geschehen an der Castroper Straße oder zum Drumherum. Die Regel: Maximal 1.848 Buchstaben. Das Ziel: Diskussionen anzustoßen. Das Thema heute: Die Innenministerkonferenz.
Ibrahima Sissoko traf am vergangenen Samstag zum passenden Zeitpunkt. Als der Bochumer beim Auswärtsspiel in Fürth das 2:0 erzielte, endete genau in diesem Augenblick der geplante Stimmungsboykott. 12 Minuten schwiegen die Fanszenen beider Klubs. Die bundesweite Aktion sollte auf die Innenministerkonferenz der Länder in dieser Woche aufmerksam machen. Dort wird im Sinne der Stadionsicherheit unter anderem über personalisierte Eintrittskarten, KI-gestützte Gesichtsscanner und eine zentrale Stadionverbotskommission diskutiert.
Der VfL Bochum ist entschieden dagegen. Vor dem Spiel in Fürth kam es deshalb zu einem bemerkenswerten Schulterschluss. Geschäftsführer Ilja Kaenzig, sein Amtskollege der Spielvereinigung sowie Vertreter beider Fanszenen, darunter der Vorsänger der Bochumer Ultras, sprachen sich auf dem Spielfeld gegen die geplanten Maßnahmen aus. „Schluss mit Populismus: Der Fußball ist sicher – Ja zur Fankultur“ stand auf einem gemeinsamen Banner, das die Beteiligten präsentierten. Fakt ist: Die Straftaten im Zusammenhang mit Fußballspielen der drei Profifligen waren im vergangenen Jahr rückläufig. Zur Einordnung: Es gab 2024 allein am Münchener Hauptbahnhof mehr eingeleitete Strafverfahren als bundesweit vor und in allen Fußballstadien.
Natürlich ist jede Straftat eine zu viel, die Prioritätensetzung der Innenminister mutet dennoch merkwürdig an – zumal sie alle Fußballfans unter einen Generalverdacht stellen würde. Wofür braucht es zum Beispiel einen Gesichtsscanner im Familienblock? Oder wieso sollte eine zentrale Stadionverbotskommission mit erweiterterten Rechten sinnvoller sein als die existierenden Stellen vor Ort? All das braucht es nicht, denn die allermeisten Fußballfans geraten ohnehin nicht in den Konflikt mit dem Gesetzgeber. Paradoxerweise betrifft es vor allem diejenigen, die gerade am lautesten gegen die Maßnahmen protestieren. In diesem Zusammenhang muss die Frage gestattet sein, wieso es nicht immer so laufen kann wie vor gut zwei Wochen. Da protestierten Fußballfans verschiedener Klubs – sogar verfeindete Szenen – in Leipzig friedlich nebeneinander. Wäre das immer so, hätte die Politik erst recht keinen Grund für überzogene Maßnahmen.
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(Foto: Marc Niemeyer)
