Debatte

VfL-Kolumne: Große Diskrepanz in der Wahrnehmung

Die VfL-Kolumne ist ein Format auf Tief im Westen – Das VfL-Magazin. Einmal pro Woche gibt es einen kurzen Kommentar zu einem ausgewählten Thema – zum sportlichen Geschehen an der Castroper Straße oder zum Drumherum. Die Regel: Maximal 1.848 Buchstaben. Das Ziel: Diskussionen anzustoßen. Das Thema heute: Die jüngsten Aussagen der Verantwortlichen.

Im Fußball gehen die Meinungen bekanntlich oft auseinander. Doch die Fakten sind eindeutig: Der VfL Bochum ist Tabellenletzter und wettbewerbsübergreifend sieglos in dieser Saison. In rund 100 Tagen ist es Trainer Peter Zeidler nach meinem Dafürhalten noch nicht gelungen, die neue Bochumer Mannschaft zu einer funktionierenden Einheit zu formen. Offensiv mangelt es an Kreativität, die Flügel sind allzu oft verwaist, die Raute im Mittelfeld ist eher ein Problem als die große Lösung. Defensiv ist die Konteranfälligkeit ein großes Problem, individuelle Fehler und Tempodefizite kommen noch hinzu. Da verwundert es schon, wenn Zeidler und Sportdirektor Marc Lettau nach fast jedem Spiel – ganz besonders nach der Partie gegen Wolfsburg – über angebliche Fortschritte philosophieren. Zumindest der Trainer erkannte „etliche“ davon, konkret benennen konnte oder wollte er sie aber nicht.

Vielleicht haben meine Gesprächspartner und ich am Samstag ein anderes Spiel gesehen. Vielleicht hatte ich mit meinen Journalistenkollegen, mit zwei Ex-Profis und vielen leidgeprüften Fans auch einfach die falschen Gesprächspartner. Aber zu einer derart positiven Bewertung der Bochumer Leistung ist – ohne Vereinsbrille – praktisch keiner von uns gekommen. Die Diskrepanz in der Wahrnehmung zwischen den Verantwortlichen und Außenstehenden ist jedenfalls ziemlich groß.

Wie auch immer: Nehmen wir mal an, Zeidler und Lettau liegen richtig. Das bedeutet ja im Umkehrschluss, dass diese Fortschritte immer noch nicht ausreichen, um ein Bundesliga-Spiel zu gewinnen. Oder zumindest einen Punkt zu holen. Das wäre ziemlich erschreckend und deutet darauf hin, dass es in Summe immer noch viel zu viele Mängel gibt. Für den weiteren Saisonverlauf verheißt das nichts Gutes. Die Erfahrung lehrt: Nur wenn die Verantwortlichen in ihrer Analyse schonungslos ehrlich und auch selbstkritisch sind, kann die Wende gelingen. Beides ist beim VfL derzeit zumindest von außen nicht zu erkennen. Die einzige Hoffnung besteht darin, dass hinter verschlossenen Türen ganz anders gesprochen wird. Was angesichts der öffentlichen Schönfärberei allerdings genauso irritierend wäre.


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(Foto: Marc Niemeyer)