Debatte

VfL-Kolumne: Eine Posse, die sich nicht wiederholen darf

Die VfL-Kolumne ist ein Format auf Tief im Westen – Das VfL-Magazin. Immer zu Wochenbeginn gibt es einen kurzen Kommentar zu einem ausgewählten Thema – zum sportlichen Geschehen an der Castroper Straße oder zum Drumherum. Die Regel: Maximal 1.848 Buchstaben. Das Ziel: Diskussionen anzustoßen. Das Thema heute: Die lange Spielunterbrechung beim Heimspiel gegen Stuttgart.

Thomas Letsch denkt zu logisch und zu pragmatisch. Nach dem Spiel gegen Stuttgart hatte er eine simple Idee, wie die wohl längste Halbzeitpause der Bundesliga-Geschichte hätte verkürzt werden können. Eine Fahne der Stuttgarter Ultras versperrte ein Fluchttor, das Spiel wurde zunächst nicht fortgesetzt. „Mein Gott, hängt die Fahne doch ab, das bricht niemandem einen Zacken aus der Krone“, sagte Letsch in Richtung der Stuttgarter Fans.

Das war leider keine Option. Für viele Fangruppen ist die Fahne ihr Heiligtum. Etliche Gruppen haben sich sogar schon aufgelöst, wenn ihre Fahne gestohlen oder zerstört wurde. Deshalb war es auch keine Option, sie am Spieltag mit Gewalt zu entfernen. Dann wäre die Situation vermutlich eskaliert. Im Grunde haben alle Beteiligten sehr besonnen reagiert und schließlich doch eine Lösung gefunden. Nur: Eine Unterbrechung von mehr als 40 Minuten ist deutlich zu lang. Eine Posse, die sich nicht wiederholen darf.

Fehler haben fast alle gemacht: Die Stuttgarter, die im Vorfeld über die Regeln in Bochum informiert waren, sie aber einfach ignoriert haben. Die Behörden, die die Fahne während der ersten Halbzeit geduldet und erst in der Pause ihr Veto eingelegt haben – genau das hat die VfB-Fans so verwundert und sicher zur Sturheit beigetragen. Es wäre an dieser Stelle anmaßend zu urteilen, ob man nicht ohne weitere Maßnahmen auch die zweite Halbzeit hätte durchziehen können. Wenn nein, dann war die Fahne allerdings schon während der ersten Halbzeit ein erhebliches Sicherheitsrisiko. Auch der Bochumer Ordnungsdienst war unaufmerksam, weil er das Anbringen der Fahne vor dem Spiel nicht bemerkt und verhindert hat.

Ganz generell muss noch die Frage erlaubt sein, wie es sein kann, dass eine kleine Gruppe rund 26.000 Zuschauer und zwei Mannschaften daran hindert, das Spiel fortzusetzen? Stehen da wirklich Wohl und Erfolg des eigenen Vereins im Mittelpunkt – oder die Interessen einer einzelnen Gruppe? Eigentlich eine rhetorische Frage. Hinzukommt: Dass die Sicherheitscrew Sorge vor einer Eskalation hatte, spricht Bände. Daran sind die Vereine aber nicht ganz unschuldig, die bestimmten Gruppen zu viel Macht eingeräumt haben.


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