Kommentar

VfL im Existenzkampf: Schlichtweg überfordert

Es ist ziemlich genau zwei Jahre her, da setzte VfL-Urgestein Patrick Fabian zu einer echten Grundsatzrede an. Damals, übrigens auch nach einer Niederlage gegen Bielefeld, versuchte er zu retten, was noch zu retten war. Das Chaos hinter den Kulissen hatte ihn derart zur Weißglut getrieben, dass Fabian offen aussprach, was er dachte. Das hätte in dieser Form kein anderer Profi gewagt. Knapp eine Woche später übernahm ein neues Führungsduo. 

Damit ist jetzt nicht zu rechnen, es würde die Probleme auch nicht lösen, zumindest nicht kurzfristig. Aber auch nach der 0:2-Auftaktpleite gegen die Arminia in diesem Jahr analysierte Fabian nicht nur das Spiel, sondern das große Ganze. Kein Wunder also, dass er im Interview das Gefühl hatte, sich „irgendwie im Kreis zu drehen.“ Denn Fakt ist: Erneut befindet sich der VfL Bochum in akuter Abstiegsgefahr. 

Keine Einheit

Doch die Lage scheint in dieser Saison deutlich komplizierter zu sein als in der Vergangenheit. Der Hauptgrund: Der VfL verfügt über keine stabile, gefestigte Mannschaft. Zu viele Profis sind überfordert, wirken nicht bereit für den Abstiegskampf, sie bilden keine Einheit. Es wäre unfair, sich einzelne Spieler herauszupicken. Aber es gibt zu wenige Charaktere, die für diese Situation geeignet sind.

Zu groß ist etwa die Gruppe der stillen Mitläufer. Sie sind nicht in der Lage, den Karren aus dem Dreck zu ziehen, sondern versinken darin. Zu groß ist auch die Gruppe derer, die zweifellos über Qualität verfügt, aber nicht immer bereit ist, über Grenzen hinauszugehen – vielleicht auch, weil ihnen der Verein schlichtweg egal ist. Und zu groß ist ebenso die Gruppe derer, die mehr leisten will, aber es einfach nicht besser kann. 

Große Zweifel

In der Vergangenheit ist es schon oft eng geworden und trotzdem immer gut ausgegangen. Zweifel daran, ob es in diesem Jahr wieder so laufen wird, sind mehr als berechtigt. Gründe dafür sind auch auf verantwortlicher Ebene zu suchen. Dort ist Überforderung ebenfalls das richtige Stichwort. Geschäftsführer Sebastian Schindzielorz hat es nicht geschafft, die Mannschaft rechtzeitig zum Start zu verstärken – weder im Sommer noch im Winter.

Trainer Thomas Reis wiederum ist bislang nicht als Taktikguru in Erscheinung getreten, der diese Schwächen durch kluge Entscheidungen ausgleichen kann. In der Winterpause hat er sich für ein Konzept entschieden, das in dieser Form nicht funktionieren kann. Er gibt die Freiheit der eigentlich starken Offensive auf, um die Sicherheit der Defensive zu gewinnen. In Bielefeld hat er am Ende beides verloren. 

(Foto: Imago / Sven Simon)