Streitthema der Liga

40 Millionen Euro für den VfL? Kaenzig will den DFL-Investor

Ilja Kaenzig, Geschäftsführer des VfL Bochum, hat sich klar positioniert. Er befürwortet den Einstieg eines Finanzinvestors bei der DFL. „Wir brauchen das Geld, um Wachstum einzuleiten“, ließ sich Kaenzig kürzlich in der Printausgabe von 11 Freunde zitieren. „Wir sehen darin eine Chance“, betonte er außerdem vor einigen Wochen im Gespräch mit Tief im Westen – Das VfL-Magazin.  

Doch worum geht es überhaupt? Die Liga denkt über eine Finanzspritze nach – und ist womöglich dazu bereit, bis zu 20 Prozent seiner Medienrechte für 20 oder 25 Jahre an eine Investmentgesellschaft zu veräußern. Mehr als zwei Milliarden Euro könnten somit erlöst werden. Mitbestimmungsrechte soll es für die Geldgeber – zumindest auf dem Papier – keine geben. Bis zum 24. April hatten sechs potenzielle Partner die Möglichkeit, ein erstes Angebot abzugeben. Vier davon kommen aus den USA, einer von ihnen hat bereits vergleichbare Deals mit der La Liga in Spanien und der Ligue 1 in Frankreich abgewickelt.

Bundesliga will Schritt halten

Nun könnte die DFL mit der Bundesliga nachziehen, bis zum Sommer soll eine Entscheidung fallen. Doch die 36 Erst- und Zweitligisten, die einem solchen Deal mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit zustimmen müssten, sprechen längst nicht mit einer Stimme. In beiden Ligen gibt es Befürworter wie Kritiker, wobei vor allem die großen und mächtigen Klubs der Pro-Fraktion angehören. Ihr Hauptargument: Es seien Investitionen nötig, um mit den Ligen aus Spanien, Frankreich und Italien weiter konkurrieren zu können, gerade auch im internationalen Wettbewerb. Es gehe um die „Qualitätssicherung der Bundesliga“, erklärte Ilja Kaenzig jüngst in der SportBild die Perspektive des VfL Bochum. „Es sollte uns gelingen, die größten Talente und besten Spieler einen Tick länger in der Liga zu halten.“

Darüber hinaus gehe es um einen kräftigen Schub bei gemeinsamen DFL-Projekten wie der Auslandsvermarktung oder digitalen Angeboten, ebenso bei der vereinseigenen Infrastruktur. Speziell beim VfL Bochum sei der Investitionsbedarf nach elf Jahren in der 2. Liga „riesig“. Das Nachwuchsleistungszentrum hat im Branchenvergleich an Strahlkraft verloren, selbst zahlreiche Zweitligisten haben mittlerweile bessere Möglichkeiten. Auch das Stadion kommt in der Bundesliga spürbar an seine Grenzen, die lukrativen VIP-Bereiche sind längst ausvermarktet. Zumal die Summe, die der VfL Bochum von einem DFL-Investor erhalten könnte, beträchtlich wäre. Je nach Investitionsvolumen und Verteilungsschlüssel könnte sie zwischen 30 und 50 Millionen Euro liegen, 40 Millionen Euro gelten jedoch als realistisch. Im Abstiegsfall würde die Summe womöglich sinken.

Mehr Geld für gleiche Qualität?

Die Contra-Fraktion warnt jedoch davor, auf zukünftige Erlöse vorzugreifen. Denn sollte sich ein Investor Anteile an den Medienrechten sichern, wandert jährlich ein prozentualer Anteil in dessen Kasse. Das setzt allerdings voraus, dass die Einnahmen stagnieren – die DFL geht hingegen fest von Wachstum aus. Ob das realistisch ist? Der Anstieg der Einnahmen ist zumindest keine Selbstverständlichkeit mehr. Schon der für die Spieljahre 2021 bis 2025 abgeschlossene TV-Vertrag hat im Vergleich zum Zeitraum davor keine Steigerung mehr gebracht, allerdings unter dem Eindruck der Corona-Pandemie. Zudem sind die aktuellen Anbieter, in erster Linie Sky und DAZN, finanziell angeschlagen.

Kritiker befürchten außerdem, dass sich die finanziellen und sportlichen Verhältnisse in Fußball-Deutschland mit der einmaligen Finanzspritze erst recht manifestieren würden. Während Vereine wie der VfL Bochum zukunftsorientiert in ihre Infrastruktur investieren möchten, könnten die Top-Klubs, die bereits über exzellente Trainings- und Ausbildungsmöglichkeiten verfügen, alles in ihre Mannschaft stecken. Insbesondere die Klubs, die aktuell nicht Teil der 1. oder 2. Bundesliga sind, wären hoffnungslos abgehängt. Auch das Argument von Kaenzig, die besten Spieler länger in der Liga halten zu können, kontern sie: Gleiche Qualität würde lediglich teurer werden. Umgekehrt würde die Bundesliga aber wohl auch an Qualität verlieren.

VfL-Investor wäre weniger wichtig

Um einen Kompromiss zu finden, schwebt der DFL deshalb eine dreigeteilte Ausschüttung vor. Sie soll übermäßigen Konsum in der Gegenwart verhindern und den Fokus auf strategische Investitionen legen. Die Idee: Etwa 750 Millionen Euro – also rund ein Drittel der möglichen Einnahmen – sollen für Digitalisierungs- und Internationalisierungsprojekte der gesamten Liga genutzt werden. Einen weiteren Topf soll es für Infrastrukturmaßnahmen der Vereine geben, einen dritten Topf zur freien Verwendung. Womit aber noch nicht geklärt wäre, wie genau das Geld unter den Klubs verteilt werden soll.

In der Bochumer Fanszene ist das Thema trotz seiner Tragweite bislang kaum Gegenstand von Diskussionen, lediglich die Ultras haben sich im Heimspiel gegen den VfB Stuttgart mit einem Plakat wenig überraschend gegen einen Investoreneinstieg positioniert. Dabei hätte ein Milliarden-Deal der DFL für den VfL Bochum einen durchaus angenehmen Nebeneffekt: Die eigene Investorensuche würde vorerst in den Hintergrund rücken. Frisches Geld für Zukunftsprojekte käme somit vom Partner der Liga. Das bestätigt indirekt auch Ilja Kaenzig. „Den Auftrag der Mitgliederversammlung werden wir weiterverfolgen und die Investorensuche deshalb nicht einstellen“, betont er im Gespräch im Tief im Westen – Das VfL-Magazin. „Aber es würde uns den Druck nehmen und wir hätten mehr Zeit, den Richtigen zu finden.“


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(Foto: Imago / Team 2)