Corona-Krise

VfL Bochum vor Insolvenz? Das sind die Hintergründe

Die Meldung schlug ein wie eine Bombe. 13 von 36 Erst- und Zweitligisten stünden vor einer Insolvenz, meldete der „Kicker“ am Freitagabend – vorausgesetzt, die Saison könne wegen der anhaltenden Corona-Pandemie nicht in wenigen Wochen fortgesetzt werden. Die „WAZ“ legte am Samstag nach und schrieb, auch der VfL Bochum würde zu den Klubs gehören, die in diesem Worst-Case-Szenario nicht mehr zahlungsfähig wären, beschwichtigte allerdings mit einigen Hintergrundinformationen.

Trotzdem: Die Anhänger sind in Sorge um ihren Klub – und haben viele Fragen. „Tief im Westen – Das VfL-Magazin“ liefert die wichtigsten Antworten.

Warum wird plötzlich über eine drohende Insolvenz beim VfL Bochum berichtet?

Das Geschäftsmodell basiert darauf, durch Fußballspiele Geld zu verdienen. Wegen der Corona-Pandemie ist das zurzeit nicht möglich. Deshalb hat der Ligaverband, die DFL, alle Vereine um eine Bestandsaufnahme gebeten. Auch der VfL musste angeben, wie lange er ohne den laufenden Spielbetrieb überlebensfähig wäre. Viele Einnahmen sind fast vollständig weggebrochen, die Kosten in vielen Bereichen aber unverändert. Rücklagen, um diesen Verlust auszugleichen, sind nicht vorhanden. Ohne Gegenmaßnahmen wäre der VfL schon in absehbarer Zeit, womöglich ab Mai, von einer Zahlungsunfähigkeit bedroht.

Welche Einnahmen fehlen konkret?

Schon jetzt steht fest, dass Ticketeinnahmen von vier Heimspielen fehlen werden. Selbst dann, wenn die Saison noch fortgesetzt werden könnte, würden die Spiele vor leeren Rängen stattfinden. Wird die Saison gar abgebrochen, würden vor allem die sogenannten Fernsehgelder wegfallen. Unter normalen Umständen würde dem VfL Bochum noch ein Betrag zwischen 3,5 und 4 Millionen Euro zustehen. Auch Sponsorengelder in noch nicht definierbarer Höhe müssten eventuell zurückgezahlt werden. In Summe geht es um einen höheren siebenstelligen Betrag, der fehlen würde, wenn die verbliebenen neun Spieltage nicht mehr stattfänden.

Was tut der VfL dafür, um die Kosten zu senken?

Kurzfristig ist das gar nicht so einfach, weil Verträge und Vereinbarungen in der Regel bis zum 30. Juni oder darüber hinaus gelten. In der Planung des Geschäftsjahres entsprechen die Ausgaben fast den Einnahmen – sie liegen bei rund 34,5 Millionen Euro. Bekannt ist, dass viele Mitarbeiter aus der Verwaltung in Kurzarbeit geschickt wurden. Außerdem verzichten die Lizenzspieler für drei Monate auf 10 bis 15 Prozent ihrer Gehälter. Diese beiden Maßnahmen führen aber nur zu Einsparungen im hohen sechsstelligen Bereich. Möglicherweise sind also weitere Gespräche mit den Profis notwendig, weil es der einzige Hebel ist, die Kosten auch kurzfristig weiter zu senken.

Wie ließe sich die Liquiditätslücke ansonsten schließen?

Die Verantwortlichen des VfL Bochum führen viele Gespräche: mit der Stadtspitze, mit Geldinstituten, aber auch mit der Berufsgenossenschaft. Dabei geht es darum, Zahlungsverpflichtungen, zum Beispiel für das Stadioncenter, in die Zukunft zu schieben. In einigen Fällen handelt es sich um höhere Summen, etwa bei der Berufsgenossenschaft, die Kosten im siebenstelligen Bereich verursacht. Parallel arbeitet die DFL an Lösungen für alle Vereine. Denkbar ist zum Beispiel, dass Fernsehgelder aus der neuen Saison vorgezogen werden. Offen ist, ob es Gönner im Umfeld gibt, die im Notfall bereit wären, eine akute Liquiditätslücke zu schließen.

Wie wahrscheinlich ist es also, dass es zu einer Insolvenz kommt?

„Wir können unseren Fans keine absolute Garantie liefern, dass dieses Szenario nicht eintritt. Wir können sie aber guten Gewissens beruhigen und sagen, dass eine Insolvenz Stand jetzt sehr unwahrscheinlich ist“, versichert VfL-Geschäftsführer Ilja Kaenzig auf Nachfrage. Der Verein wäre nur dann bedroht, wenn „alle Gegenmaßnahmen, von uns, aber auch von der Liga, scheitern würden.“ Die auf dem Papier einfachste, aber angesichts der Lage unsicherste Lösung ist die, dass ab Mai wieder gespielt werden kann. Bei sogenannten Geisterspielen, also ohne Fans in den Stadien, würden zumindest die Fernsehgelder wieder fließen. „Wir bereiten uns auf alle Szenarien vor, auch darauf, dass in den nächsten Monaten gar nicht gespielt werden kann“, sagt Kaenzig.

(Foto: Imago / Nordphoto)