Kommentar

„Ultras raus“: Mehrheit beim VfL will nur Fußball gucken

Eigentlich gibt es beim VfL Bochum viel wichtigere Themen. Das Bangen um den Ligaverbleib geht weiter, vermutlich bis zum allerletzten Spieltag, vielleicht sogar darüber hinaus. Und doch ist es irgendwie verständlich, dass ein Nebenkriegsschauplatz nach diesem Wochenende alles überlagert – auch in Bochum. Der anhaltende Kulturkampf zwischen den Verbänden und den Ultras hat einen neuen Höhepunkt erreicht. Der Konflikt schaukelt sich hoch, beide Seiten testen neue Grenzen aus. Auch die Bochumer Ultras haben am Sonntag ein Schmähplakat gezeigt. Die Person Dietmar Hopp, die im Mittelpunkt aller Anfeindungen steht, ist dabei nur zur Symbolfigur geworden. Dass er den ganzen Hass ertragen muss, ist in keinster Weise zu rechtfertigen.

DFB plötzlich konsequent?

Klar ist: Beleidigungen hat es im Fußball immer schon gegeben. Jetzt, ausgerechnet im Fall Hopp, mit aller Härte einzuschreiten, mutet seltsam an. Doch wenn es der Anfang einer ernstgemeinten Veränderung ist, für mehr Respekt und Toleranz, dann ist nichts dagegen einzuwenden. Schützen sich die Mächtigen jedoch nur gegenseitig, und nicht die Schwächeren der Gesellschaft, macht sich der DFB völlig unglaubwürdig. Die Bochumer Ultras haben mit ihrem Banner am Sonntag also durchaus den Finger in eine Wunde gelegt. Mit nur einem falschen Wort, einer üblen Beleidigung, ist aus der klugen Botschaft allerdings ein Aufreger geworden. Sie haben eine große Chance vertan, positiv hervorzustechen.

Streit in der Kurve

Vor allem war der Zeitpunkt ziemlich unpassend. Als die Plakate hochgehalten wurden, fiel gerade das 4:2. Viele Fans hatten da etwas anderes im Sinn – nämlich den Torjubel. „Ultras raus“-Rufe waren anschließend zu hören, nicht zum ersten Mal im Bochumer Ruhrstadion. Insofern ist es nicht nur ein Streit mit dem übermächtigen Verband, der sich zuspitzt, sondern auch einer, der das Potenzial hat, die Kurve erneut zu spalten. Die offensichtliche Mehrheit will nämlich nur Fußball gucken und kann dem Kleinkrieg zwischen Ultras und DFB kaum etwas abgewinnen. Zu glauben, dass die Ultras das beeindrucken würde, wäre allerdings naiv. Handzahm werden sie durch Gegenwind nicht. Denn dann wären die Ultras auch keine Ultras mehr.

(Foto: Sportfotos Gerd Krause)