Geschäftsführung

Im März, aber nicht Mutzel: So läuft die Sportchef-Suche

Für eine Lageanalyse Ende Oktober, als sich der VfL Bochum gerade von Trainer Peter Zeidler und von Sportdirektor Marc Lettau getrennt hatte, präsentierte Geschäftsführer Ilja Kaenzig dem siebenköpfigen Präsidium seine Erkenntnisse und Ideen. Das Motto für die nachfolgenden Tage und anstehenden Entscheidungen war klar formuliert: „Tempo, Tempo, Tempo!“ So haben es die Verantwortlichen auch in einer Medienrunde kommuniziert. Nach heutiger Auskunft des Präsidiums galt dies aber nur für die Suche nach einem neuen Trainer. Immerhin: Dieter Hecking wurde zügig präsentiert. Ein neuer Sportchef ist allerdings auch mehr als vier Monate später noch nicht im Amt. Erst mit Abschluss der Winter-Transferperiode hat das Präsidium die Suche forciert. Doch warum nicht früher?

„Wie bereits mehrfach betont, war nach der Benennung des Trainers und der Absprache mit allen Beteiligten klar, dass Ilja Kaenzig und Dieter Hecking die wichtige und intensive Transferphase im Winter abwickeln, kein neuer Mann“, teilt das Bochumer Präsidium auf Anfrage von Tief im Westen – Das VfL-Magazin mit und skizziert die eigene Vorgehensweise: „Dennoch lief aufgrund der Bedeutung dieses Postens die Suche bereits parallel im Hintergrund an, der Markt wurde sondiert, Profile und Kandidatenlisten erstellt, Gespräche geführt, Meinungen ausgetauscht. Es wurde seitens des VfL dabei stets kommuniziert, dass nach Schließung des Transferfensters und spätestens im Verlaufe des März ein neuer Sportverantwortlicher gefunden werden soll. Daran hat sich nichts geändert.“

VfL läuft die Zeit davon

Dass nicht unmittelbar nach Schließung des Transferfensters Anfang Februar ein neuer Sportchef präsentiert wurde, liegt auch in der Tatsache begründet, dass neben dem Präsidium auch Geschäftsführer Ilja Kaenzig maßgeblich am Suchprozess beteiligt ist. Im Dezember und Januar war Kaenzig vor allem mit Transfers, aber auch mit vielen weiteren Aufgaben in seiner Rolle als alleiniger Geschäftsführer beschäftigt. Das Problem: Dadurch ist bereits wertvolle Zeit für die künftige Kaderplanung verstrichen, mindestens mal der Monat Februar und die ersten Tage im März. In der Regel finden bereits zu diesem Zeitpunkt wichtige Vorgespräche mit potenziellen Neuzugängen für die neue Saison statt, gerade mit ablösefreien Kandidaten, auf die der VfL nach wie vor angewiesen ist, ligaunabhängig.

Ohnehin gibt es zahlreiche Themen, für die es einen eindeutigen Ansprechpartner und Verantwortlichen braucht. Elf Spielerverträge laufen im Sommer aus, darunter mehrere Leistungsträger wie Bernardo und Gerrit Holtmann sowie vier Leihspieler. Darüber hinaus warten Anthony Losilla und Cristian Gamboa auf eine Entscheidung, wie mit ihnen künftig abseits des Platzes geplant wird, ebenso wie Ex-Interimstrainer Markus Feldhoff, der seit November praktisch beurlaubt ist, aber wieder eingebunden werden könnte. Zudem soll die Scouting-Abteilung umgebaut werden. Nicht zuletzt liegt auch die Trainerwahl für die neue Saison in den Händen des Sportchefs, wobei sich Kaenzig bereits klar für Hecking ausgesprochen hat und somit fast ausgeschlossen ist, dass jemand eingestellt wird, der anders denkt. 

Kaenzig und das Präsidium suchen deshalb einen Teamplayer, der außerdem schon nachgewiesen hat, auch mit einem vergleichsweise kleinen Budget arbeiten und trotzdem Transfereinnahmen erzielen zu können. Zudem soll der neue Mann möglichst keine Einarbeitungszeit benötigen. Das wäre insbesondere dann von Bedeutung, wenn sich die Suche weiter in die Länge zieht. Doch wer kommt überhaupt infrage? Prominente Kandidaten wie Sebastian Schindzielorz oder Jonas Boldt haben längst abgewunken. Auch Nils-Ole Book und Benjamin Weber, die bei erfolgreichen Zweitligisten unter Vertrag stehen, werden es wahrscheinlich eher nicht. Oliver Ruhnert, der ehemalige Erfolgsmanager von Union Berlin, möchte laut Medienberichten zwar zurück in den Westen, Kontakt zum VfL gab es bislang aber keinen.

Mutzel bestätigt Treffen

Die Suche dürfte sich also vor allem auf vereinslose Kandidaten oder auf Manager konzentrieren, die fernab der großen Öffentlichkeit gute Arbeit leisten. Gesprochen wurde unter anderem mit Michael Mutzel von Drittligist Arminia Bielefeld, der mit Hecking schon beim HSV zusammengearbeitet hat. Der Name Mutzel wird gerade in diversen Medien genannt, zuerst in der WAZ. Nach Recherchen von Tief im Westen – Das VfL-Magazin wird die Wahl aber nicht auf ihn fallen. „Ich wurde vom VfL Bochum kontaktiert und hatte vor einiger Zeit ein Gespräch. Dabei ging es um ein Kennenlernen und mehr nicht. Seither gab es keinen Kontakt mehr“, sagt Mutzel. Bevorzugt wird ohnehin ein eher erfahrener, moderativer Manager, der sich bei Bedarf noch einen (jungen) Kaderplaner dazuholen dürfte. Eine heiße Spur gibt es aktuell nicht.

Grundsätzlich gilt: Trotz der prekären Lage im Abstiegskampf ist der Job bei einem Bundesligisten für viele Manager attraktiv, aktuell allerdings mit kleineren oder größeren Einschränkungen verbunden, die bei einigen Kandidaten zu Skepsis und gar Absagen führen. Neben dem im Branchenvergleich eher niedrigen Gehalt, das der VfL seinen Sportchefs zuletzt gezahlt hat, schreckt auch die Tatsache ab, dass das Präsidium, das für die Anstellung verantwortlich ist, im Juni neu gewählt wird. Ob Verabredungen dann noch gelten, ist vom Wahlausgang abhängig. Zudem soll der neue Sportchef hierarchisch zwar in der Geschäftsführung angesiedelt sein, aber offenbar unterhalb von Ilja Kaenzig, der nach Auskunft des Präsidiums „auch in Zukunft der Hauptverantwortliche des VfL bleiben wird.“


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(Foto: Marc Niemeyer / Imago / Nordphoto)